Vorübergehend tot
der Arbeitstag beendet war, in den eigenen Pick-up umzusteigen und die ganze Nacht hindurch weiter herumzukutschieren. Rene gehörte einem der Straßenbautrupps an, die Jason beaufsichtigte. Die beiden waren auch zusammen zur Schule gegangen und verbrachten einen großen Teil ihrer Freizeit zusammen, wozu sich auch oft noch Hoyt Fortenberry gesellte.
„Sookie, ich mußte den Warmwasserboiler im Haus erneuern“, sagte Jason nun plötzlich. Er lebt im alten Haus meiner Eltern, in dem wir alle gewohnt hatten, bis Mutter und Vater bei einer plötzlichen Überschwemmung ums Leben kamen. Danach hatten wir beide bei unserer Großmutter gelebt, aber Jason war nach zwei Jahren College, und nachdem er den Job bei der Regierung hatte antreten können, zurück in das Haus gezogen, das zumindest auf dem Papier zur Hälfte mir gehörte.
„Soll ich mich an den Kosten beteiligen?“ fragte ich.
„Nein, ich habe genug Geld.“
Wir sind beide in Lohn und Brot, verfügen aber zusätzlich noch über ein kleines Einkommen aus einem Fond, der eingerichtet worden war, nachdem man auf dem Grundstück meiner Eltern eine Ölquelle gefunden hatte. Die Ölquelle hatte nach ein paar Jahren zu sprudeln aufgehört, aber meine Eltern und später dann Oma hatten dafür gesorgt, daß das Geld gut angelegt wurde. Dieses Extrapolster erleichterte Jason und mir das Leben erheblich; so waren wir nicht gezwungen, uns abzustrampeln, um gut über die Runden zu kommen. Ich weiß auch nicht, wie meine Oma uns ohne dieses Geld hätte großziehen können, denn sie war fest entschlossen gewesen, kein Land zu verkaufen, und ihr eigenes Einkommen übersteigt nur knapp die Armutsgrenze. Das ist auch einer der Gründe, warum ich mir keine eigene Wohnung miete. Wenn ich für unseren gemeinsamen Haushalt einkaufe, findet Oma das einleuchtend. Würde ich jedoch einkaufen, die Lebensmittel auf ihrem Küchentisch abladen und in meine eigene Wohnung fahren, würde sie das als Mildtätigkeit auffassen. Mildtätigkeit kann meine Oma auf den Tod nicht ausstehen.
„Was für einen Heißwasserboiler hast du denn besorgt?“ fragte ich, nur um zu zeigen, daß ich mich durchaus für Jasons Leben interessierte.
Das hatte er uns auch unbedingt erklären wollen, denn Jason steht völlig auf Elektrogeräte und schilderte nun nur zu gern, wie er die einzelnen Boilermodelle miteinander verglichen hatte, um sich dann letztlich für einen zu entscheiden. Ich bemühte mich, seinen Worten so viel Aufmerksamkeit zu widmen, wie ich irgend konnte.
Aber dann unterbrach er selbst seinen Redefluß. „Sookie, erinnerst du dich noch an Maudette Pickens?“
„Natürlich!“ erwiderte ich überrascht. „Wir haben im selben Jahr den Schulabschluß gemacht.“
„Maudette ist letzte Nacht in ihrer Wohnung umgebracht worden.“
Mit einem Mal waren Oma und ich hellwach. „Wann?“ fragte Oma, baß erstaunt, daß sie bis jetzt noch nichts davon gehört hatte.
„Sie haben sie heute früh in ihrem Schlafzimmer gefunden. Ihr Boß hatte versucht, sie anzurufen, weil er fragen wollte, warum sie gestern und heute morgen nicht zur Arbeit gekommen war. Als sie nicht ans Telefon ging, ist er hingefahren, hat den Hausverwalter geweckt, und die beiden haben dann die Wohnung aufgeschlossen. Wißt Ihr, daß sie direkt gegenüber von DeeAnne wohnte?“ In Bon Temps gab es nur einen einzigen Wohnkomplex, den man als richtiges Mietshaus bezeichnen konnte, ein aus drei Gebäuden bestehendes, zweistöckiges, U-förmiges Gebilde. Also wußten Oma und ich genau, wovon Jason sprach.
„Da ist sie umgebracht worden?“ fragte ich, und mir war speiübel. Ich erinnerte mich an Maudette. Während unserer gesamten Schulzeit war ihr Aussehen von einem äußerst prägnanten Kinn und einem ausladenden Hinterteil geprägt gewesen; sie hatte hübsches schwarzes Haar gehabt und breite Schultern. Sie war eine von den Schweigsamen, Strebsamen gewesen, hatte still vor sich hingebüffelt, weder besonders klug noch besonders ehrgeizig. Soweit ich mich erinnern konnte, hatte sie im Grabbit Kwik gearbeitet, einer Mischung aus Tankstelle und Laden.
„Ja, sie arbeitete seit mindestens einem Jahr dort“, bestätigte Jason.
„Wie ist es denn passiert?“ Meine Großmuter trug den verkniffenen Gesichtsausdruck, mit dem nette Leute einen bitten, schlechte Nachrichten rasch und unumwunden auszuspucken, um die unerfreuliche Sache hinter sich zu bringen.
„Sie trug einige Vampirbisse an ihrer - nun, an der Innenseite ihrer
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