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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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anderen auch.
    Alle denken, daß das Wohl eines Menschen von einem anderen abhängt.«
    »Menschen brauchen einander.«
    »Tatsächlich?«
    »Natürlich.«
    Kralle stupste ihr mit dem Finger auf die Brust. »Es gibt nur einen einzigen Grund, warum Menschen nicht allein sein wollen. Weil sie ganz tief drinnen Angst haben. Sie fürchten sich zu Tode und können ohne Zuwendung nicht leben.«
    »Ich fürchte mich nicht«, widersprach Füchsin.
    Kralle lächelte, Stolz leuchtete in ihren Augen auf. »Siehst du. Du und Reiher, die Träumerin, seid die einzigen, denen ich es zutraue, alles alleine zu schaffen.« Kralle seufzte leise und sah auf die im Mondlicht schimmernden Felszacken. »Ich kannte Reiher nicht sehr gut. Ich war erst zehn, als sie das Lager verließ. Aber schon damals habe ich sie bewundert, weil sie sich traute, alleine wegzugehen.«
    »Und wenn Reiher gar nicht der Grund für das Fernbleiben von Der im Licht läuft ist?« fragte Füchsin unsicher und hoffnungsvoll.
    »Erwartest du, ihn in seinem Lager mit drei Frauen vorzufinden?«
    »Vielleicht.« Trotz ihres Kummers mußte Tanzende Füchsin ein wenig lächeln.
    »Würdest du dich dann von einer Klippe stürzen?«
    Tanzende Füchsin neigte beschämt den Kopf. Dabei fiel ihr Blick auf ein längst verlassenes Vogelnest, das kaum einen Fuß über dem Boden am Felsen klebte. Die zum Bau verwendeten kleinen Zweige waren von weißem Reif überzogen. Ein zerbrochenes gesprenkeltes Ei lag darin und glitzerte im Mondschein. »Nein.«
    »Aha, du wirst also leichter damit fertig, wenn er einer anderen Frau gehört, als wenn er Träumer ist?«
    »Gegen eine andere Frau kann ich kämpfen, nicht aber gegen die Mächte seiner Visionen.«
    »Ja, da hast du recht. Aber es ist wohl nicht das erste Mal in deinem Leben, daß du einen geliebten Menschen verlierst, oder? Es gibt Schlimmeres.«
    »Was denn?« Sie war verbittert.
    Kralle sah sie ernst an. »Den Untergang unseres Volkes. Wenn er sich den Träumen opfert, dann nur für sein Volk. Verstehst du das? Nicht, weil er dich haßt.«
    Tanzende Füchsin starrte auf die dunkle Silhouette der alten Frau. Ihr Herz hämmerte bis zum Hals.
    »Ich werde mich bemühen, ihn zu verstehen.«
    Kralles Stimme nahm einen ungewohnt warmen Klang an. Sehnsüchtig schaute sie hinauf zu den bläulich funkelnden Sternen. »Das weiß ich.«
    Minutenlanges Schweigen folgte, in dem sie nur auf Windfraus über die Felsen hinwegstreichenden Atem lauschten.
    »Du kommst nicht mit ins Lager? Wirklich nicht?«
    »Nein, ich warte hier und unterhalte mich mit dem Volk der Sterne.« Kralle schielte ein wenig ängstlich zum Himmel.
    »Ich bleibe bei dir. Es ist nicht recht, wenn du alleine sterben mußt.«
    Kralle scheuchte sie mit einer Handbewegung weg. »Ich möchte alleine Sterben.«
    Ein Schluchzen stieg in Tanzende Füchsins Kehle auf. Mühsam unterdrückte sie es. »Bist du sicher?«
    Kralle betrachtete forschend das von Kummer und Gram gezeichnete Gesicht der jungen Frau. »Ist es wirklich so wichtig für dich, bis zum Ende in meiner Nähe zu bleiben? Den Weg zum Volk der Sterne muß ich alleine finden.«
    »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dich hier schwach und allein zu wissen. Und die Wölfe …«
    »Gut, was soll ich noch sagen? Hältst du sie mir vom Hals?«
    »Wenn du es mir erlaubst.«
    »Glaubst du, du kannst es ertragen? Wenn du bei mir bleibst, er fährst du erst viel später, was mit Der im Licht läuft wirklich los ist.«
    Tanzende Füchsin blickte in die von unzähligen Runzeln umgebenen Augen der alten Frau. Zärtlich und vertraut sagte sie: »Ich kann es ertragen.«
    Behutsam nahm sie die zerbrochene Eierschale aus dem Nest und strich mit den Fingerspitzen leicht über die scharfen Kanten.

KAPITEL 39
    Eisfeuers Wigwam besaß einen Durchmesser von ungefähr zwanzig und eine Höhe von sechs Fuß.
    Karibu und Mammutfelldecken schützten vor der Kälte. Die Pelzhaare glitzerten im Schein des Feuers. Bunte Medizinbeutel zierten die Wände, jeder sorgfältig in die Richtung gehängt, aus der die ihm zufließende Zauberkraft kam.
    Stirnrunzelnd sah Eisfeuer auf den Seebeutel an der südlichen Wand. Seit Tagen verfolgte ihn dessen süße Stimme und raubte ihm den Schlaf. »Ich habe meine Ohren nicht verschlossen«, versicherte er mit sanfter Stimme, streckte die Hand aus und strich über den Talisman. »Sprich weiter. Vielleicht verstehe ich deine Botschaft.«
    »Eisfeuer?«
    Er ließ die Hand sinken und erkannte den durch das

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