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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sicher. Du hast deine Entscheidung gefällt.«
    »Ja.« In einer resignierenden Geste zog Singender Wolf die muskulösen Schultern hoch. »Aber noch nie in der Geschichte unseres Volkes sind so viele Menschen auf so engem Raum zusammengekommen. Was ist, wenn kein Weg aus diesem Tal hinausführt? Was ist, wenn Rabenjäger die Anderen nicht zurücktreibt? Was ist, wenn es keinen Weg durch das Große Eis gibt?« Im grauen Dämmerlicht blickte er auf sie herunter. »Das könnte unseren Tod bedeuten. Und ich möchte, daß ihr lebt, du und mein Kind.«

KAPITEL 42
    Glatt, so entsetzlich glatt. Windfrau versuchte, seinen schwachen Griff zu lockern. Mühsam zog Wolfsträumer sich am Eis hoch. Schnee hüllte ihn ein. Die spitzen Kristalle klopften leise gegen das Eis. Im ständig grauen Licht der Langen Finsternis setzte er seinen mühseligen Weg fort, Fuß vor Fuß, Griff für Griff.
    Reihers Seele hatte er mit Gebeten hinauf zum Heiligen Volk der Sterne begleitet.
    Wer bin ich ? Wohin gehe ich ? Reiher, warum hast du mich allein gelassen? Was hat dein Traum zu bedeuten? Sosehr ich mich auch bemüht habe, ich konnte die Symbole nicht enträtseln: Von Menschen errichtete Berge? Ein sich schlängelnder Fluß? Sonnengötter? Donnervögel? Ein austrocknendes Land und ein schuppiges Tier ohne Beine? Was ist mit dem Gras und dem gelben Samen? Was sind das für Felsenhöhlen? Alles Phantasie?
    In quälender Aussichtslosigkeit drehten sich seine Gedanken im Kreis.
    »Ich bin so einsam.« Stunde für Stunde tobte die Lange Finsternis ihre kalte Wut aus. Eis knirschte.
    Die Gletscher ruhten niemals.
    »Geister«, wisperte er. »Sollen sie doch kommen. Die von den Gletschern und die der Langen Finsternis.« Er hob die Hände in die wolkenverhangene Schwärze. »Hier bin ich!« Kommt und holt mich! Ich fordere euch heraus!
    Donnerndes Schweigen umgab ihn.
    Bis auf einen kleinen Rest hatte er das gepreßte, mit Fett angereicherte Dörrfleisch aufgezehrt. Sein Proviant ging unerbittlich zur Neige, und um ihn herum gab es nichts als schräge Eisplatten, die ihn in den Tod lockten. Ein falscher Schritt, ein unvorsichtiger Vorstoß über ein Gesims und er würde stürzen, wäre für immer gefangen in den engen Gletscherspalten. Das knirschende Eis, zusammengepreßt, geborsten, verkrümmt und mißgestaltet, sprang steil hoch und fiel jählings ab. Er befand sich in einer unwirklichen Welt. Kalte, düstere Schatten bewohnten das Eis. Platten türmten sich auf. Schnee rieselte von den Kanten hoch über seinem Kopf. Risse und Spalten reichten hinunter in schattige Tiefen Fallen ewiger eisiger Dunkelheit.
    Schritt für Schritt tastete er sich voran. Mit dem Speerschaft prüfte er den Boden, bevor er wagte, einen Fuß aufzusetzen. Er kam kaum vorwärts.
    «Tanzende Füchsin?« Ihr Gesicht begleitete seinen unruhigen Schlaf. »Ausgestoßen? Verflucht? Weil du Krähenrufer verlassen wolltest? Weil du mich lieben wolltest? Weil du dem Wolfstraum folgen wolltest?«
    Die Liebe hat Reiher getötet. Das sagte sie… sagte sie an jenem Tag im Teich. Ein Mensch, der Träume hat, darf sich nicht ablenken lassen, darf sein Leben nicht mit dem eines anderen Menschen verbinden. Tut er es doch, kann er sich nicht an das Große Eine verlieren. Er kann nicht vergessen, wer er ist und nicht erkennen, wer er sein muß.
    Er keuchte. »Bleibt mir denn gar nichts? Bin ich auf ewig allein? Hör mich, Sonnenvater! Bin ich auf ewig allein?«
    Sein kummervolles Stöhnen vermischte sich mit Windfraus höhnischgenußvollem Brausen.
    »Starr. Das Leben ist starr und schwarz. Wie die Lange Finsternis. Jedenfalls das Leben, das wir führen. Schritt für Schritt. Leid um Leid.« Er blickte hinauf zu den rasch dahinziehenden dunklen Wolken. »Kann ich nicht sein wie alle anderen? Darf ich nicht lieben?«
    Windfrau riß an seinem Mantel und heulte ihre wahnsinnige, ablehnende Antwort über die bizarren eisigen Formen. In seiner Not schrie er hinaus: »Ich will nicht allein sein!«
    Nach zwei Wochen im Eis hatte er immer noch keine Route gefunden. Nur der Wind wies ihm die Richtung. Doch wo war der Durchgang? Wo war der Weg für sein Volk? Stimmen der Vergangenheit schienen ihn zu verhöhnen.
    »Du bist verrückt, jetzt dort hinauszugehen«, hatte Der der schreit gejammert und hilflos die Arme gehoben. »Warte. Warte auf den Frühling und geh dann. Du kannst jetzt nicht fort und dich umbringen, nur weil …«
    »Ich kehre zurück. Ich hatte den Traum. Den Beweis. Jetzt brauche ich

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