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Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

Titel: Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sie sich einen Hang hinauf. Oben auf dem Grat angelangt, beschattete sie die Augen mit der Hand und schaute suchend über das Land: nichts, kein Weg.
    »Nein«, zischte sie durch die zusammengebissenen Zähne. »Ich bin nicht verloren. Das kann nicht sein!«
    Nur Windfraus Geheul antwortete. Tanzende Füchsin ergab sich in ihr Schicksal.
    Der böige Wind kräuselte das Spiegelbild kahler Weidenäste im heißen Teich. Singender Wolf starrte auf die bizarren Muster im Wasser und überließ sich der schmeichelnden Wärme des aufsteigenden Dunstes. Eine tiefe innere Furcht beunruhigte ihn. Er wußte nicht, was es war, das ihn verwirrte.
    Irgend etwas in dieser Welt war falsch, entsetzlich falsch. Etwas Bösartiges schien durch die Schatten zu spähen und mit erschreckender Geduld darauf zu warten, bis die Leute sich eingerichtet hatten und träge wurden, bevor es zuschlug.
    Er grub die Hände tief in die Taschen und kämpfte gegen die unheimliche Vorahnung einer kommenden Katastrophe an. Noch nie hatte ihn eine derart nagende Unruhe befallen. Ihm war, als könne sich der Boden unter seinen Füßen öffnen und ihn auf der Stelle verschlingen.
    »Hast du Kummer?«
    Lachender Sonnenschein stand hinter ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern.
    »Er ist vor zwei Monddrehungen gegangen.« Singender Wolf holte tief Luft und blies den Atem lautstark aus.
    »Grünes Wasser sagt, er muß mit sich ins reine kommen. Er muß Reihers Tod erst begreifen und Frieden mit sich schaffen.«
    »Du hast ihn gesehen, als er ging.« Langsam schüttelte Singender Wolf den Kopf. »Ich sah diesen Blick früher in den Augen der Alten, wenn sie hinausgingen, um zu sterben. Die Augen sind völlig leer, verstehst du?« Er drehte sich halb um und bemerkte ihre Anteilnahme. »Als wäre nichts mehr da von ihrer Seele.«
    »Er wird sich selbst heilen.«
    »Vielleicht. Falls er überlebt. Nur ein Narr geht in das Eis hinaus. Dort lauert überall der Tod. In den Felsspalten, im Steinschlag, im Schnee. Niemand kann das Eis durchqueren, niemand.«
    »Er glaubt, er könne es schaffen. Du hast doch auch gehört, wie er von dem Büffel erzählt hat.«
    Lachender Sonnenschein drehte ihr Gesicht in den warmen Dunst, um ihre Haut mit der angenehmen Feuchtigkeit zu benetzen.
    »Ja. Was den Büffel und den Bandwurm betrifft, glaube ich ihm. Aber eine Durchquerung des Eises?
    Nein, das ist unmöglich. Diese Öffnung, von der ihm der Wolf erzählt hat, ist der einzige Weg.«
    »Und wenn er sie nicht findet?«
    Ein Angstschauer überlief ihn. »Glaubst du, die Kinder könnten über Treibeis gehen? Ich würde das nicht wagen!« Wieder starrte er auf die im Wasser zitternden Spiegelbilder der winterkahlen Weiden.
    »Wenn er die Öffnung nicht findet, müssen wir zurück nach Norden und versuchen, die Anderen zu umgehen, an ihnen vorbeizuschleichen.«
    Ihre Hände gruben sich in seine Schultern. »Büffelrücken kommt. Hast du auch schon davon gehört?«
    Er schnaubte und blickte der in der Kälte sichtbaren Atemwolke nach. »Ja. Das macht mich krank vor Sorge. Sie kommen zu uns, mitten in der Langen Finsternis? Wie sollen wir sie alle satt bekommen? In diesem Tal gibt es nicht genug Wild für so viele Menschen.«
    Verschämt murmelte sie: »Diese Mammutherde hält sich am Fuße der Hügelkette auf. Der der schreit will Jagd auf sie machen. Im Tiefschnee ist das kein Problem, denn die Mammuts kommen nur langsam voran.«
    »Das alte Mammut gehörte Reiher, wir dürfen es nicht töten. Auch wenn Reiher tot ist, ist doch ihre Seele hier. Sie beobachtet uns.«
    Sie nickte und zog die Verschnürung ihrer Kapuze fest, an der Windfraus Atem zerrte. Ein langes Schweigen entstand.
    Beide blickten hinüber zu den Bergen im Westen. Die Gletscher röteten sich unter den rosigen, durch die beißendkalte Luft greifenden Fingern der südlichen Sonne. Aus dem Norden trieben dunkle Schneewolken heran. Der Wind wehte den Schnee von den faltigen Warzen zerklüfteter Felsen. Ihre knotigen Spitzen leuchteten unheilverkündend. Über das bitterkalte Land brach die Lange Finsternis herein, und die Tage wurden kürzer.
    »Wolfsträumer wird zurückkommen.«
    »Da scheinst du dir sicher zu sein.«
    »Ich war stets von seinem Traum überzeugt, auch als du nicht an ihn geglaubt hast.«
    »Damals war ich jünger. Und dümmer. Gebrochener Zweig hat mir die Augen geöffnet.«
    »Daraufhin bist du zurückgegangen. Du wolltest wissen, wer recht hat wem du Glauben schenken sollst. Jetzt bist du dir

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