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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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am nächtlichen Feuer mit Zwei Rauchwolken zu unterhalten. Stundenlang konnte sie in Gesellschaft des Berdachen sitzen und in den Erinnerungen an die Vergangenheit schwelgen. In der Erinnerung wurden die Verstorbenen wieder lebendig, und Weißes Kalb hatte sich oft gefragt, ob in dem Moment des Vergessens und die Verbindung zwischen dieser Welt und dem Sternennetz abbrach. Aber die Geister halfen ihr nicht bei der Beantwortung dieser Frage.
    Das einsame Leben einer wandernden Träumerin quälte sie zeitweise ebenso wie ihr immer mehr verfallender Körper.
    Resigniert aufseufzend nahm sie ihre Last nach einer Weile wieder auf und setzte vorsichtig ihren Weg den Pfad hinunter fort. Die Wapitis hatten diese Route im Winter häufig benutzt und eine deutliche Spur getreten. Trotz des inzwischen verharschten Frühlingsschnees war das Gehen in den Spuren nicht ganz so beschwerlich wie es hätte sein können. Die sonnigen Tage des Frühlings ließen den Schnee, locker und pulverig im Winter, schmelzen und wieder gefrieren, dann legte sich neuer nasser Frühlingsschnee auf das alte Eis, das aber nie hart genug fror, um das Gewicht eines Menschen zu tragen.
    Immer wieder brach ihr Fuß durch dieses dünne Eis, und fluchend kämpfte sie sich aus der sumpfigen Feuchtigkeit heraus. Auch Schneeschuhe halfen kaum, denn an freiliegenden Stellen verblies der Wind den Schnee und ließ knorrige Äste, Steine und Wurzeln hervorstehen, die das Gewebe der Schneeschuhe durchbohren oder die Weidenverstrebungen zerschneiden konnten.
    »Ich hasse den Frühling«, murrte sie in den beißendkalten Frühlingswind. »Im tiefsten Winter liegt grimmige Kälte auf dem Land, und damit hat sich's. Aber im Frühjahr? Was soll's, wenn die Luft wärmer ist? Dafür ist es feuchter … und es bläst die ganze Zeit ein hartnäckiger Wind. Mit Einbruch der Dunkelheit fällt schlagartig die Temperatur. In welcher Verfassung soll man bei einem solchen Wetter sein? Da ziehe ich allemal einen Blizzard in der tiefsten Eiseskälte vor.«
    Auf bebenden Beinen brachte sie die letzte Wegbiegung hinter sich.
    Sie legte erneut eine kleine Rast ein, um Atem zu schöpfen und ihrem hämmernden Herzen eine Ruhepause zu gönnen. Als sie aufblickte, sah sie eine dünne Rauchfahne aus ihrer sich in die graue überhängende Kalksteinklippe schmiegenden Höhle aufsteigen.
    »Wer…« Verblüfft mobilisierte sie die letzten Reserven ihres erschöpften Körpers und zwang ihren alten Beinen den energischen Schritt längst vergangener Tage auf.
    »Ho-yeh!« rief sie. »Willkommen! Wer ist da?«
    Ihre Überraschung steigerte sich ins Unermeßliche, als Kleiner Tänzer das Türfell zurückschlug und heraustrat. Lächelnd eilte er auf sie zu und nahm ihr die Last ab. Er hob die Trage mit einer Hand hoch und schwang sie auf seinen Rücken, als wäre sie leicht wie eine Feder. Ihre Augen wurden schmal eine gehässige Bemerkung lag ihr auf der Zunge. Kraft schien immer an die Jugend verschwendet zu werden und die war zu dumm, um zu wissen, was sie daran hatte.
    »Danke«, keuchte sie. »Puh. Laß mich erst einmal verschnaufen, dann begrüße ich dich.«
    Mit schräg gelegtem Kopf musterte er sie prüfend. »Ich habe überlegt, ob ich dich suchen sollte, aber dann dachte ich, du wärst oben in den Bergen. Du weißt schon, dort, wo du den Steinkreis mit den Linien aufgeschichtet hast. Ich wollte dich nicht bei deinen Träumen stören.«
    Ächzend und keuchend humpelte sie das letzte Stück bis zur Tür.
    Sie bückte sich hindurch und watschelte zu ihren Felldecken.
    Obwohl ihre Augen von dem hellen Schnee und dem grellen Sonnenlicht noch geblendet waren und sie fast nichts sehen konnte, fand sie den Weg ohne Zögern im Dunkeln. Grunzend und mit knackenden Gelenken ließ sie sich nieder. Sie seufzte und starrte abwesend in das prasselnde Feuer.
    »Du hättest meinen Spuren folgen sollen. Es hat nicht mehr viel gefehlt und ich hätte aufgegeben. Ich war so erschöpft, daß ich es kaum bis zurück geschafft habe.«
    Er legte ihr Holzbündel auf einen bereits vorhandenen riesigen Stoß, der - jedenfalls in Weißes Kalbs Augen - der Menge eines komplett abgeholzten Waldes entsprach.
    Lässig deutete er auf den gewaltigen Stapel. »Mir fiel auf, daß dir das Holz ausgegangen ist, deshalb habe ich ein paar Scheit geholt.«
    »Trägst du inzwischen den Namen eines Mannes?«
    Er schüttelte den Kopf und zuckte unsicher mit den Achseln. »Nein.
    Ich habe nie … Also, es wurde einfach nie gemacht.

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