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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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erkennen, der tanzend die Arme hinauf zum wolkenverhangenen Himmel hob. Der junge Krieger grinste überheblich. Der alte Mann hatte keine Ahnung von Mächten.
    In der Ferne ertönte ein gellender Schrei.
    »Bereitmachen«, formte Tapferer Mann unhörbar mit den Lippen und versicherte sich, daß ein Speer wurfbereit an seinem Atlatl befestigt war. Er reckte den Hals, bis er die Bisons deutlich sehen konnte.
    Die kleine Herde war zusammengeströmt und bewegte sich in raschem Trab vorwärts. Plötzlich verharrten die Tiere, dann begannen sie ziellos umherzuirren. Mit einemmal erschütterte ein weiterer lauter Schlachtruf die Luft, die Bisons drehten in wilder Panik um und rasten auf die tiefe Schneewehe zu.
    »Jetzt!« schrie Tapferer Mann. Er sprang auf, stürmte über die Kante der Wehe und lief in Schlangenlinien über die harte Kruste des verharschten Schnees. Mit heftig hämmerndem Herzen hastete er weiter und betete, der unsichere Untergrund möge ihn tragen.
    Die Bisons kämpften gegen den Tiefschnee. Sie bockten und traten um sich, versuchten verzweifelt, festen Boden unter die Füße zu bekommen. Frostige Atemwolken dampften um ihre schneeverkrusteten Köpfe, als sie in panischer Angst markerschütternde Grunzlaute ausstießen.
    Die Stimmen in Tapferer Manns Kopf kreischten schrill. Er blieb kurz stehen, ließ seinen Arm zurückschnellen und legte sein ganzes Körpergewicht in den Wurf. Mit einem trägen, dumpfen Plopp drang der Speer in die Flanke einer Kuh. Der harte Aufprall schleuderte den Hauptschaft zurück bis fast vor Tapferer Manns Füße, trieb den Vorderschaft tief in die Lungen des Büffels und schlitzte dessen lebenswichtige Blutgefäße auf.
    Tapferer Mann jauchzte und legte einen zweiten Speer in die Kerbe. Ein Jährling, kaum größer als ein Kalb, blökte vor Entsetzen, seine Atemwolken stoben in die frostklirrende Luft. Lachend blickte Tapferer Mann dem Tier in die furchterfüllten Augen. Er katapultierte das Wurfgeschoß, doch das Kalb versuchte in diesem Moment, sich herumzudrehen. Der Speer traf eine Rippe, die Wucht des Aufpralls trennte den Vorderschaft vom Hauptschaft, und die Hornsteinspitze samt Bindung löste sich.
    Tapferer Mann knurrte verärgert, legte einen dritten Speer ein, sprang nach vorn und warf. Dieses Mal traf er sein Ziel genau. Die tödliche Speerspitze drang tief in den Brustkorb des Jungtieres.
    Er wandte sich um, den letzten Speer bereit zum Wurf auf die noch lebenden Bisons, da verdeckte ihm Windläufers breiter Rücken das anvisierte Ziel.
    Wie vom Blitz getroffen, durchzuckte ihn der Gedanke, seinen Speer in Windläufers Rücken bis ins Herz zu treiben.
    Ein Unfall! raunten die Stimmen. Niemand kann wissen, wie es passiert ist: Jagdunfälle kommen immer wieder vor.
    Windläufers Körper straffte sich, und er schleuderte seinen Speer in eine zappelnde Büffelkuh.
    Tapferer Mann hörte das Plopp des Aufpralls und beobachtete, wie der Speerschaft zurückschnellte, hoch durch die Luft segelte, vom Wind ergriffen wurde und hinter der Kante der hohen Schneewehe verschwand. Die Kuh brüllte vor Angst und Schmerz, sprang vor und geriet mit dem Vorderfuß auf den Harsch. Wieder brüllte sie laut und brach mit ihrem Gewicht durch die Schneedecke. Blut sprudelte aus ihren Nüstern und besudelte den Schnee.
    Tapferer Mann sah sich um. Der vierte Bison lag auf der Seite, schwer hob und senkte sich die Brust des Tieres, Blut lief ihm aus Nase und Maul.
    »Essen«, flüsterte Windläufer. Er sank auf die Knie, hob die Arme zum grauen Himmel und stimmte ein Lied des Dankes an.
    Unfälle passieren schnell, wisperten die Stimmen in Tapferer Manns Kopf. Er bückte sich und hob einen seiner Speerschäfte auf. Aus dem Beutel an seinem Gürtel nahm er einen Vorderschaft, ließ ihn in das Gelenk gleiten und drehte ihn fest, bis die Verbindung richtig hergestellt war. Er mußte nur…
    »Ah-hey! Sie haben es geschafft!« jubelte Pfeifender Hase und lief auf sie zu. »Alle vier! Erlegt! Nahrung! Essen!«
    Der Körper von Warmes Feuer sah entsetzlich aus. Sein Fleisch schien aus dem leblosen Lehm des Flußufers geformt zu sein. Die Haut hing schlaff um seinen Körper und war am Schädel vollkommen eingefallen. Trotzdem hatten Rittersporn und Tannenzapfen sein Gesicht mit bunten, lebhaften Farben bemalt und seinen Leichnam in die schönste Lederkleidung gehüllt. Perlen aus Kaninchenknochen, Bärenklauen, Muschelschalen und leuchtende Tangarafedern zeugten von Ehrerbietung und der Liebe, die

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