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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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wie kleine Buckel. Die Behausungen, keine breiter als vier Schritte, erinnerten an überdimensionierte Wespennester oder die Arbeit riesiger Maulwürfe. Die nach Südosten gerichteten Türöffnungen befanden sich in Bodennähe. Im Augenblick waren die Türklappen aus gegerbten Tierhäuten aufgerollt und mit Lederriemen festgebunden. Eine Gruppe älterer Männer und Frauen saß im Schatten der Beifußsträucher auf einem freien Platz zwischen den aufgeworfenen Erdhügeln. Von einem schwelenden Feuer stiegen blaue Rauchfahnen hinauf in den Abendhimmel. Mit weit ausholenden Armbewegungen und in einer gackernden Sprache erzählte eine alte Frau eine Geschichte. Die Zuhörer nickten und wiegten die Köpfe, sie lauschten hingerissen.
    Die Stimme drang bis zu Salbeigeist herüber. Die merkwürdige Sprechweise klang wie das Gurren und Gackern der Trauertauben er verstand nicht eine Silbe.
    Von einer Vision geleitet, hatte sich Salbeigeist in dieses Land begeben und sich zwischen den dicken Büscheln des am Fluß wachsenden wilden Roggens versteckt. Von da aus konnte er die aus der Erde aufgeworfenen Behausungen des Erdvolkes auskundschaften. Doch er mußte sehr vorsichtig sein. Die Vision hatte ihm gesagt, das Erdvolk würde ihn töten, wenn es ihn zu fassen bekäme. Ängstlich blickte er sich um, spähte durch das hohe Gras und versuchte, sich jeden nur möglichen Fluchtweg ins Gedächtnis einzuprägen. Wohin konnte er sich wenden, falls jemand Alarm schlagen sollte? Ihm war dieses Land fremd, er kannte weder die hier in der Natur herrschenden Gegebenheiten noch die Pfade.
    Vorsichtig streckte Salbeigeist ein Bein aus, um den Krampf zu lösen. Er lag gut getarnt wie eine menschliche Schlange bäuchlings zwischen den Grasbüscheln. Sein dichtes schwarzes Haar war über der Stirn nach hinten gekämmt und wurde von einer aus einem Bisonschulterblatt gefertigten Spange zusammengehalten; es war so lang, daß es in glänzenden Wellen über seinen Rücken fiel. Auf seiner Stirn reihten sich fünf tätowierte schwarze Kreise. Die breiten Backenknochen unter der sonnenverbrannten und Wettergegerbten braunen Haut verliehen seinem Gesicht einen schroffen Ausdruck. Die lange, wie ein Adlerschnabel über den breitlippigen Mund ragende Nase betonte die unter dichten Augenbrauen hervorblickenden scharfen Augen. Die starken Muskeln seiner breiten Schultern und Arme waren zum Zerreißen gespannt, jederzeit bereit, die Speere kraftvoll mit dem Atlatl ins Ziel zu schleudern.
    Angst kroch ihm mit eisigem Schauer über das Rückgrat.
    Die Vision brachte mich hierher. Sie führte mich den langen Weg an diesen Ort. Er flüsterte, gerade so laut er es wagen konnte: »Wo ist das Kind? Habe ich mich als unwürdig erwiesen?«
    Er starrte hinauf zum dunkler werdenden Blau des Himmels. Salbeigeist hatte stets gesunden Respekt vor den Mächten empfunden er hatte nie nach ihnen gesucht. Er war damit zufrieden gewesen, zu jagen, seine Familie durchzubringen und seine Frau zu lieben. Das Anrufen einer Macht bereitete ihm Unbehagen; Macht und Feuer hatten viel gemeinsam. Beide konnten beherrscht und gesteuert werden, wenn man sie mit Respekt behandelte. Beide konnten aber auch die Welt versengen oder das Leben im Körper eines unvorsichtigen Menschen verdorren lassen, wenn sie gleichgültig behandelt wurden.
    Hier bin ich nun, weit weg von meinem Volk und dem Land, das ich liebe. Wo ist das Kind? Hat sich die Macht gegen mich gewandt? Will sie mich vernichten? Soll ich zu Asche verbrannt werden, ohne jemand, der um meine Seele trauert?
    Der Umgang mit Mächten war Angelegenheit der Schamanen der Träumer und Seelenflieger. Sie kannten die Wege der Mächte wie die Adler die Wege der Luftströmungen hoch oben am Himmel.
    Seelenflieger konnten ihren Geist vom Körper befreien und ihn in einem Traum hinaufschwingen, so wie sich der Adler in die Lüfte emporschraubt.
    Salbeigeist hatte nie das Verlangen verspürt, eine Macht zu suchen. Ein Seelenflieger mochte vielleicht wissen, wie er seinen Geist befreien und einem Adler gleich auf dem Wind der Macht segeln konnte, aber Salbeigeist war davon überzeugt, auf die todbringenden Felsen hinunterzustürzen. Doch gewisse Ereignisse veränderten das Leben eines Mannes. Verzweiflung trieb selbst den Entschlossensten auf die Suche nach dem, was er sonst tunlichst mied. So hatte der Tod von Salbeigeists Tochter sein Leben und das Leben seiner Frau Leuchtender Mond vollkommen verändert.
    Der Kummer in Leuchtender Monds

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