Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
ist sie oben in den Bergen. Ich brauche Krieger vom Stamm der Gebrochenen Steine. Nur mit ihrer Hilfe kann ich sie zurückholen.« Er grinste. »Und das tue ich, und wenn ich jeden Mann, jede Frau und jedes Kind des Wolfsvolkes umbringen muß. Ich hole sie. Zusammen mit Weiße Esche träume ich die Macht herbei. Wir träumen den neuen Weg.«
Tapferer Mann wandte sich um. Zum zweiten Mal in seinem Leben war es ihm gelungen, dem Lager der Toten zu entkommen. Dieses Erlebnis ließ die Macht in ihm weiterwachsen.
Weiße Esche lag mit geschlossenen Augen da. Drei Tage dauerte nun schon ihr jämmerliches Elend.
Der Mann, der sie gefangenhielt, lag eng neben ihr und atmete schwer im Schlaf. Seine Körperwärme und die über sie gebreitete Decke schützten sie vor der bitteren Kälte.
Weiße Esches Unterlippe war vollkommen zerbissen. Jedesmal, wenn der Krieger sie gewaltsam genommen hatte, hatte sie verzweifelt darauf herumgekaut. Ihre verwundete Seele zog sich vollkommen in sich zurück. In ihr fochten Haß und Wut um den Sieg über das Gefühl von Ekel und Unreinheit.
Draußen vor ihrem Unterschlupf tobte und brauste der Wind. Eisige Kälte stieg aus dem Stein unter ihr auf. Die fortwährende Vergewaltigung durch Drei Bullen empfand sie als besonders erniedrigend, weil sie wußte, ohne ihn wäre sie in diesem Sturm erfroren. Sie lebte nur, weil dieser Mann aus dem Wolfsvolk ihr Gewalt antat, sie mit seiner Wärme und seiner Büffeldecke zudeckte, seinen Proviant mit ihr teilte und sein Feuer sie wärmte.
Er murmelte undeutlich im Schlaf und wälzte sich auf sie.
Weiße Esche zuckte zusammen und bebte am ganzen Leib. Ihr Zittern weckte ihn auf.
»Schlimmer Sturm«, sagte er gelassen. »Gut, daß ich dir nachgegangen bin. Sonst wärst du längst tot.«
Sie erwiderte nichts, sondern hoffte verzweifelt, er möge rasch wieder einschlafen. Sie schätzte die Entfernung zu seinen Speeren ab. Zu weit. Er legte sie immer außerhalb ihrer Reichweite ab.
Er tastete nach ihrer wunden Brust. Sie biß die Zähne zusammen. Gepeinigt stöhnte sie auf, als er seinen Griff verstärkte.
»Eine schreckliche Kälte. Wir müssen uns gegenseitig warm halten.«
Nur mit Mühe unterdrückte sie einen Schrei, als er sich aufrichtete und den Saum ihres abgetragenen Lederkleides hochschob.
»Das wird eine lange Nacht«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wir müssen uns ordentlich warm halten.«
Mit einem tiefen, brutalen Lachen ließ er sich auf sie niedersinken und drang in sie ein. Immer heftiger und schneller bewegte er sich in ihr. Voller Ekel hielt sie die Augen geschlossen und hoffte, daß es bald vorbei sein würde.
Endlich ließ er von ihr ab und rollte sich von ihr weg. Wie um sich festzuhalten und nicht zu ertrinken in Übelkeit und Ekel, griff sie mit einer Hand auf den eisigen Boden. Ihre Finger streiften etwas Rundes, Kaltes. Das Feuer der Hoffnung begann in ihren Adern zu pulsieren.
Keuchend kletterte Kranker Bauch auf einen aus dem Nordhang der Sideways Mountains herausragenden Felsvorsprung und blickte über das Gelände. Stufenweise ansteigende Hänge verjüngten sich zu unregelmäßig gezackten Gipfeln das ganze Land lag unter einem Mantel unberührten Schnees begraben. Die Sonne brach durch die Wolkenbäusche und fiel auf einzelne Stellen des glitzernden Weiß. Durch die aufgerissene Wolkendecke blitzte hier und da das strahlende Blau des Himmels.
Kranker Bauch starrte über den langgezogenen Hang, den er heraufgekommen war. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Seit vier entsetzlichen Tagen suchte er einen Weg von den Gipfeln herab. Seit zwei Tagen knurrte sein Magen erbärmlich. Der Marsch durch den Tiefschnee hatte seine Kräfte erschöpft, und die Kälte ging ihm durch Mark und Bein.
»Und alles ist deine Schuld«, brummte er zu Plage hinüber. Der Hund stand mit munter wedelndem Schwanz neben ihm und schnüffelte in den Wind.
Noch immer nach Orientierungspunkten suchend, blickte Kranker Bauch über die vor ihm liegende Landschaft. Im Westen strömte der Gray Deer River durch eine Schlucht in die Sideways Mountains.
Im Norden erstreckten sich die Felsausläufer bis hinunter ins flache Tal. Dort lagen die Jagdgründe des Wolfsvolkes, sobald es von den Grass Meadow Mountains herunterkam, die sich im Osten wie stumme Wächter in den Himmel reckten.
Wo sich der Fluß seinen Weg durch das Tiefland suchte, erhob sich eine Reihe dunkelroter Felsen. Bei den lederbraunen Klippen, ungefähr einen halben Tagesmarsch entfernt,
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