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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Leuten sprechen und werde eine Vision haben.«
    »Was für eine Vision?«
    Flechtes Augenlider begannen zu flattern, rasch senkte sie den Blick. In den dunklen Tiefen ihrer Augen glitzerten Tränen. »Menschen starben. Das Land starb. Genau wie hier. Aber dies geschah an einem Ort weiter im Süden. Ich glaube, dort leben die Palasterbauer. Es gab riesige Gebäude aus Stein.
    Vogelmann sagte, sie hätten Mutter Erde ebenso schrecklich verwundet wie wir, und auch sie brauchten einen Träumer, der die Dinge wieder in Ordnung bringt.«
    Während Wanderer mechanisch sein Waldhuhn abnagte, beobachtete er Flechte aufmerksam. Sie hatte sich verändert, schien älter geworden zu sein. Auch ihre Stimme klang anders. Aber das geschah meist, wenn Träumer eine neue Seele bekamen. Eine Zeitlang fühlten sie sich desorientiert und betrachteten ihre frühere Welt mit fremden neuen Augen. Er kannte Träumer, die deswegen vor Angst verrückt wurden. Andere verließen ihr Zuhause und machten sich auf die Suche mit dem sehnlichen Wunsch, ihre Visionen in die Wirklichkeit umzusetzen.
    »Flechte, hast du Wolfstöter gesagt, du möchtest mit der Ersten Frau über das sterbende Land sprechen?«
    »Ja, aber er meinte, das ginge nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
    Flechte nippte an ihrem Tee und betrachtete Wanderer mit den leuchtenden, starren Augen der Wasserschlange. Nachdem sie ihre Schale abgesetzt hatte, rutschte sie auf den Knien zu ihm hinüber und schlang ihre Arme um ihn. »Wanderer, warum hast du mir nie gesagt, daß du mein Vater bist?«
    Er führte gerade seine Teeschale zum Mund und erstarrte mitten in der Bewegung. »Ich … Flechte …«
    Er versuchte, den Kloß im Hals hinunterzuschlucken. »Deine Mutter hat mich nie als deinen Vater ausgegeben. Die Leute sollten glauben, dein Vater sei ein tapferer Krieger. Das machte das Leben leichter für sie.«
    »Woher wußtest du, daß du mein Vater bist?«
    Er lächelte. »Oh, daran gab es keinen Zweifel. Ich fühlte es in dem Augenblick, als du empfangen wurdest. Ich sah das Leuchten in Wühlmaus' Schoß. Ich wußte sogar, daß du eine mächtige Träumerin werden würdest. Das sah ich an den Farben deiner Seele, einem strahlend leuchtenden Blau und Rot.«
    »Warum hast du es niemandem gesagt?«
    »Das konnte ich nicht. Du gehörst dem Stamm deiner Mutter an.« Er versuchte, seine Schale abzustellen, doch seine Hand zitterte so stark, daß der Tee überschwappte. »Es wäre für Wühlmaus sehr peinlich gewesen. Ich war nicht gerade beliebt. Die Leute fürchteten sich vor mir. Und … ich liebte deine Mutter. Ich wollte ihr nicht weh tun.«
    Die Flammen im Feuerloch erloschen. Rauch kräuselte sich in wogenden Schwaden empor, schwebte an der Decke entlang und zog durch die Tür hinaus.
    Flechtes Mund zuckte. »Weißt du was, Wanderer?«
    »Was denn, Flechte?«
    »Ich wünschte, ich hätte es früher gewußt. Dann hätte ich vielleicht häufiger kommen und dich sehen können.«
    Wanderer senkte den Kopf. »Ich hätte mich darüber gefreut. Ich war einsam ohne dich.«
    Beklommen biß sich Flechte auf die Unterlippe. Ihre Finger zupften am grünen Stoff über ihren Schienbeinen. »Was soll ich nur tun, Wanderer? Mutter gefällt es sicher nicht, daß ich die Seele der Wasserschlange habe. Ich will nicht…« Unruhig zappelte sie herum. »Ich will jetzt nicht nach Hause gehen. Ich möchte bei dir leben. Du verstehst etwas von diesen Dingen.«
    »Ja, das stimmt. Außerdem mußt du noch versuchen, die Seele des Falken zu finden. Wir sollten mit Wühlmaus sprechen, wenn ich dich nach Hause bringe.«
    »Sie läßt mich bestimmt nicht mehr fort, Wanderer. Sie glaubt, du hast keinen guten Einfluß auf mich.«
    Er seufzte. »Vielleicht gelingt es mir trotzdem, sie zu überzeugen. Früher hat sie ab und zu auf mich gehört.«
    Ein Leuchtkäfer flog herein und flimmerte über Flechtes Kopf. Zum erstenmal an diesem Tag erklang ihr kindliches Lachen, das Wanderers Seele so erwärmte.
    Sie hob den Kopf und verfolgte den launenhaften Flug des Käfers. Langsam streckte sie einen Finger aus. Das Glühwürmchen flirrte herunter und setzte sich auf ihre Fingerspitze. Mit offenem Mund starrte sie es an. Ein Ausdruck reinster Freude huschte über ihr Gesicht, als sie die gelben Muster auf dem Rücken des Käfers ansah, der bedächtig über ihre Hand und weiter ihren Arm hinaufkrabbelte.
    Schließlich schwirrte das Glühwürmchen zur Decke und verharrte schwebend in der Nähe der Türvorhänge. Flechte

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