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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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verurteilte er dazu, in der vordersten Linie auf den Schießplattformen zu stehen? Wie konnte er das Dorf gegen die brennenden Pfeile verteidigen, die Petaga mit Sicherheit in jedes Haus schießen ließ, dessen er ansichtig wurde? Im trockenen Gras würde sich das Feuer rasend schnell ausbreiten. Im schlimmsten Fall könnten die Funken bis zum hohen, weit außerhalb der Reichweite der Pfeile liegenden Dach des Tempels getragen werden. Zu welchen Bedingungen sollte er die Kapitulation aushandeln? Würde Petaga ein Kapitulationsangebot überhaupt annehmen?
    Helles Licht fiel durch die seitlichen Ritzen von Tharons Türvorhängen. Trotzdem strahlte der Flur Eiseskälte aus; sie schnitt in Dachsschwanz' Fleisch wie vereiste Stacheln.
    Vor der Tür blieb er stehen und lauschte einen Moment. Kein Laut. »Häuptling Große Sonne, ich bin's, Dachsschwanz. Darf ich eintreten? Ich habe dir vieles zu berichten.«
    Drinnen erklang ein schluchzender Laut - ein Geräusch, das eine Gänsehaut über Dachsschwanz' Rücken jagte. Er trat vor, rief: »Mein Häuptling!« und zog die Vorhänge zurück …
    Keuchend stolperte er in den Raum. Aus den Tiefen seiner Seele brach ein Schrei heraus und hallte gespenstisch zwischen den heiligen Wänden des Tempels wider. Er brüllte: »Orenda, nein!«
    Schwester Daturas Gelächter durchdrang den Traum.
    Nachtschatten regte sich. Die Feuerschale auf dem Boden flackerte wie unter dem Luftzug vorbeirennender Kinderfuße. Während Nachtschattens Seele vom Quell der Ahnen heraufstieg, nahm sie hinter ihren geschlossenen Augenlidern undeutliche farbige Punkte wahr orange und schwarz, orange und schwarz.
    »Ja«, höhnte Schwester Datura, ,du hast deine Pflicht getan. Jetzt geh und sieh nach, was der Häuptling Große Sonne in deiner Abwesenheit Böses angerichtet hat.«
    Blinzelnd öffnete Nachtschatten die Augen. Die Dunkelheit des Zimmers umschmeichelte sie wie kräuselnde Wellen schwarzen Wassers. Ihre Ohren schienen taub zu sein, und sie konnte nur verschwommen sehen. Eine merkwürdige Stille hatte sich über die Welt gesenkt.
    »Oh, meine Schwester …«, flüsterte sie mit jämmerlicher Stimme. Eine entsetzliche Übelkeit wallte in ihr auf. »Bitte, laß mich in Ruhe.«
    Doch Datura übte Vergeltung. Sie stieß ihre krallenartigen Finger noch tiefer in Nachtschattens Magen. »Jetzt nicht. Unser Tanz ist noch nicht zu Ende. Steh auf, Nachtschatten. Seit Zyklen hast du das Geheiß der Mächte befolgt. Ich will sehen, wie die Pumas über dich herfallen.«
    Dieser spöttischen Bemerkung folgte ein schrilles, kaum hörbares Lachen, das Nachtschattens Herz wie eine würgende Hand zusammenpreßte.
    Dann …
    »Nachtschatten!«
    Die vertraute Stimme hallte in ihr wider; Lichtblitze schössen durch den dunklen Raum. Langsam begann sich ihr Blick zu festigen, und sie konnte die Gegenstände in ihrem Zimmer deutlich erkennen.
    »Wer-«
    »Nachtschatten! Ich bin es, Wanderer.«
    Sie wandte leicht den Kopf und sah, wie er sich unter den Türvorhängen duckte. Seine hochgewachsene, hagere Gestalt hob sich klar vom Hintergrund der noch schwingenden Vorhänge und Orendas Spielzeug ab. Freude und Erleichterung durchströmten sie.
    Plötzlich setzte ihr Gehör wieder ein. Ein wildes Durcheinander von Schreien und Rufen hallte durch die Flure. Jäh richtete sie sich auf. Lautes Fußgetrappel hämmerte durch den Tempel.
    »Was ist los, Wanderer?« Mit zitternden Händen band sie das Schildkrötenbündel an ihren Gürtel.
    »Greift Petaga an?«
    »Nein, noch nicht.« Er kam mit diesem seltsam wippenden Gang, an den sie sich so gut erinnerte, auf sie zu, kauerte sich vor ihr nieder und starrte ihr prüfend in die Augen. »Ich hörte einen Schrei. Kannst du aufstehen? Oder ist Schwester Datura -«
    »Wenn du mir aufhilfst, kann ich gehen.«
    Wanderer ergriff ihren Arm und half ihr auf die Beine. Nur mit Mühe konnte sie das Gleichgewicht halten. »Woher kam der Schrei?«
    »Aus Tharons Kammer.«
    Nachtschattens Übelkeit verschlimmerte sich. Verwirrt suchte sie im Zimmer herum und rief:
    »Orenda…«, aber der Platz neben ihrem Bett war leer. Die Geräusche wurden wieder leiser und verebbten schließlich ganz.
    Als habe ein heulender Sturm Nachtschattens Ohren wieder taub gemacht, sah sie, wie sich Wanderers Mund in verzweifeltem lautlosem Flehen bewegte; doch nur Orendas Stimme hallte durch ihren Kopf:
    »… ich will in deinem Zimmer schlafen!« Die unausgesprochenen Worte »wo ich in Sicherheit bin

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