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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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    Sicherheit…« durchbohrten Nachtschattens Herz.
    Sie eilte an Wanderer vorbei auf den Flur und rannte fast in eine fremde Frau hinein, die neben einem Krieger stand. Nachtschatten wich zur Seite und hastete mit wehendem Gewand weiter.
    Als sie nach rechts in einen Korridor einbog, sah sie plötzlich weit hinten einen viereckigen Lichtschein aufleuchten. Ihre Schritte stockten. Deutlich hob sich Dachsschwanz' Silhouette im Licht der in Tharons Kammer brennenden Feuerschalen ab. Entgeistert starrte er auf das Stilett in seiner rechten Hand, von dem dunkelrote Blutstropfen auf den Boden fielen. Als Hufspur und Schwarzer Hund auf ihn zu liefen und ihn mit Fragen bestürmten, schloß er rasch die Türvorhänge.
    Mit strenger Stimme befahl Dachsschwanz: »Verlaßt den Tempel. Falls euch irgend jemand fragt, sagt, Häuptling Große Sonne hat euch bereits bei Einbruch der Dunkelheit weggeschickt.«
    »Aber Dachsschwanz, was -«
    »Geht! Ihr habt mich verstanden!«
    Wie geprügelte Hunde schlichen Hufspur und Schwarzer Hund mit gesenkten Köpfen davon.
    Nachtschatten wankte auf Dachsschwanz zu. Schwester Datura spielte ihr wieder Streiche.
    Dachsschwanz' Gesicht schien sich aufzublasen und auf sie zuzuschweben, gleich darauf schrumpfte es fast zu einem Nichts zusammen.
    Von links hörte sie Wanderers entsetztes Gemurmel: »Heiliger Vater Sonne, was ist passiert?«
    Wie erstarrt sah ihnen Dachsschwanz entgegen. Sie trat dicht vor ihn hin und sah ihm in die Augen.
    Sein Gesicht war aschfahl und angespannt. Er wich ihrem Blick aus und wandte sich an Flöte.
    »Geh und bewache den Vordereingang. Laß niemanden durch. Niemanden. Hast du verstanden?«
    Der junge Krieger nickte ruckartig und stammelte: »J-ja. Aber wenn Wapitihorn «
    ,Niemanden!«
    »Ich - ich verstehe, Kriegsführer.« Flöte jagte den Flur hinunter, als ob sämtliche Geschöpfe der Unterwelt nach seinen Fersen schnappten.
    Nachtschatten drängte sich an Dachsschwanz vorbei, zog die Vorhänge zur Seite und schlüpfte in Tharons Gemach. Ihre Knie drohten unter ihr nachzugeben. Sie bemerkte kaum das umgestoßene Mobiliar, die zerbrochenen Muscheln, Tharons nackten Körper. Wie gebannt waren ihre Augen auf Orenda gerichtet. Das kleine Mädchen saß, das Kinn auf die angezogenen Knie gestützt, auf dem Boden und starrte geistesabwesend auf die Wand, vor der die Besitztümer ihrer Mutter unordentlich auf einem Haufen lagen. Blutspritzer bedeckten Orendas Gesicht und ihre Arme; ihr zerfetztes Kleid war blutgetränkt.
    »Wartet hier«, befahl Dachsschwanz Wanderer und der Frau, dann folgte er Nachtschatten in das Zimmer und ließ die Vorhänge hinter sich zufallen. Er streckte Nachtschatten das blutbesudelte Stilett entgegen. »Das hat sie benutzt. Ich fand sie … sie hat immer noch auf ihn eingestochen. Ich habe versucht, mit ihr zu sprechen, aber ihre Seele scheint davongehuscht zu sein.«
    Nachtschatten kauerte neben Orenda nieder und legte einen Arm um die Schultern des Kindes. »Bist du verletzt?«
    Orenda rührte sich nicht.
    Aus Tharons verzerrtem Gesicht starrten sie weit aufgerissene, tote Augen ungläubig an. Er schien nicht einmal bei seinem letzten Atemzug für möglich gehalten zu haben, jemand könne es tatsächlich wagen, ihn umzubringen. Das Stilett hatte sein Herz durchbohrt doch die meisten Einstiche befanden sich auf der unteren Hälfte seines Körpers. Innereien schlängelten sich aus dem zerfetzten Fleisch. An der Stelle, wo seine Genitalien gewesen waren, war nur noch ein blutiger Brei zu sehen.
    »Blutschande«, zischte Dachsschwanz. »Kein Wunder, daß die Erste Frau uns im Stich gelassen hat.«
    Liebevoll und behutsam strich Nachtschatten Orenda die Haare aus dem Gesicht. Die Pupillen des Mädchens waren unterschiedlich groß. Nachtschatten erinnerte sich sofort daran, wie sie selbst als Kind von Tharon auf den Kopf geschlagen worden war - ihre Seele hatte sich zwei Tage lang von ihrem Körper gelöst. Sie ließ die Hand auf das Schildkrötenbündel sinken. »Orenda braucht unbedingt Ruhe. Ich bringe sie in mein Zimmer, dort kann ich -«
    »Dachsschwanz!« rief Wanderer mit zittriger Stimme. »Laß uns hinein. Was geht da drin vor?«
    Dachsschwanz blickte Nachtschatten fragend an, und sie nickte zustimmend. Er zog die Vorhänge beiseite und ließ Wanderer und die Frau eintreten. Die Frau stieß einen kleinen Schrei aus und stürmte durch das Zimmer zu einem anderen Mädchen, das in einem Gewirr aus grünen Stoffetzen auf dem Rücken lag.

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