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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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die langen, aus hellem Holz geschnitzten Nasen.
    »Vogelmann!«
    Nur ein Echo antwortete ihrer Stimme.
    »Vogelmann! Ich suche dich! Komm und bring die Wölfe mit, damit ich zur Ersten Frau gehen kann!«
    Die Schatten erstarrten. Flechte fuhr erschrocken herum und versuchte zu erkennen, was sie nun taten.
    Jegliches Geräusch war urplötzlich erstorben, im Wald kehrte tiefe, unheimliche Stille ein.
    Zwischen den dicht stehenden Bäumen glaubte sie, etwas schimmern zu sehen. Eine Sinnestäuschung, ausgelöst durch das Sternenlicht? Ihr Herz begann wie rasend gegen ihre Rippen zu hämmern. Aus der Finsternis löste sich ein Schatten, formte sich zu einer Gestalt und näherte sich ihr.
    »Ich höre dich, meine Kleine.«
    Flechte lachte vor Erleichterung. Sie lief auf ihn zu. Achtlos schob sie die nach ihr greifenden Hartriegelzweige und Himbeerranken beiseite. »Vogelmann, vielen Dank. Ich -«
    Vogelmann senkte den Kopf, öffnete seinen Schnabel und zeigte messerscharfe Zähne. Kreischend wie ein Falke breitete er die Flügel aus und stürzte sich auf sie.

KAPITEL 43
    »Wie lange dauert es noch?« fragte Petaga. Er stand neben Hagelwolke auf der Hügelkuppe und blickte über den Cahokia Creek. Die dicht am Wasser stehenden Pflanzen gediehen üppig, doch die Vegetation am Rand der Geländeterrasse war in der gnadenlosen Hitze längst verwelkt und nur noch staubbedecktes, kaum noch grünes Gestrüpp.
    Gänsefußkraut, Gräser und Knöterich sahen nicht weniger verdorrt aus als die Maisfelder.
    Mit zunehmender Helligkeit löste sich der Nebel auf, und die Krieger waren deutlich zu erkennen.
    Männer und Frauen wateten durch das Flachwasser und näherten sich Dachsschwanz' Truppen, die sich vor der nördlichen Palisadenwand am anderen Ufer niedergelassen hatten. Von den Schießplattformen glitzerten Pfeile herüber; sie reflektierten aufblitzend die grellen Strahlen der Morgensonne. Darüber erstrahlte der Tempel im gleißenden Licht.
    »Bei Einbruch der Dunkelheit haben wir sie«, antwortete Hagelwolke.
    »Wann schicken wir unsere Leute mit den Äxten los?«
    »Sobald wir das Flüßchen eingenommen haben.« Hagelwolke verschränkte nervös die Arme vor der Brust; sein Blick verweilte auf dem Tempel. »Die Uferböschung bietet unseren Kriegern sichere Deckung, von dort aus können sie so gut wie ungefährdet schießen. Wir zielen auf jeden, der es wagen sollte, den Kopfüber die Palisade zu heben. Dermaßen unter Beschuß und in Schach gehalten, werden sie vor Angst kaum wagen, aufzustehen. Sie werden unten bleiben und den Beschuß nicht erwidern.
    Wenn wir soweit sind, können wir die Leute mit den Äxten vorschicken.«
    Petaga schritt über die Hügelkuppe; seine Sandalen knirschten auf der knochentrockenen schwarzen Erde. Tief in seinen Eingeweiden nagte die Angst. Alodas und Taschenrattes Prophezeiungen würden sich nicht erfüllen. Petaga hatte die feste Absicht, das Häuptlingtum zusammenzuhalten und die Dörfer neu zu organisieren. Zuvor mußte er allerdings Cahokias Elite die Macht entreißen. Er würde bessere Leute auswählen nur wer das sein sollte, davon hatte er nicht die geringste Vorstellung.
    Nachtschatten würde es wissen. Nachtschatten wußte alles. Oh, wie sehnte er sich danach, sie wiederzusehen, mit ihr zu reden und die großen Hoffnungen für die Zukunft mit ihr zu teilen. Sobald sich die Lage beruhigt und die Dinge eingespielt hatten, hatte er vor, sie zu bitten, in die Unterwelt zu reisen und der Ersten Frau die Botschaft zu überbringen, daß sie den Krieg gewonnen und den niederträchtigen Sonnenhäuptling getötet hatten. Sie sollte die Vergebung der Ersten Frau für Tharons Vergehen erflehen, was auch immer er verbrochen haben mochte. Bestimmt erklärte sich die Erste Frau bereit, endlich wieder mit Mutter Erde zu sprechen und sie zu bitten, die Ernte im nächsten Zyklus gut ausfallen zu lassen.
    Aber Petaga fürchtete die Zeit, bis es soweit war.
    Wohin er auch sah, fiel sein Blick auf verdorrte Maisfelder, die Halme der Pflanzen reichten ihm kaum bis an die Knie. Die Ernteaussichten waren düster. Wie sollte er die Leute im Winter ernähren?
    Da so viele Leute geflohen waren, war ein Großteil der Felder außerdem völlig verwahrlost. Er plante, Gruppen mit dem Auftrag auszuschicken, die noch brauchbaren Reste einzusammeln und sie vor den Waschbären, Mäusen und Krähen zu retten.
    Ein neuer, zischender, schriller Laut drang an seine Ohren. Petaga wirbelte herum und starrte zu den Palisaden

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