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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Primel.
    »Nein.«
    »Machst du dir Sorgen wegen Dachsschwanz?«
    »Ich muß ständig an ihn denken.«
    Primel schien stets zu wissen, was ihr Kummer bereitete. Seine Seele schien so eng mit der ihren verbunden, daß ihm keines ihrer Gefühle fremd war. Als sie ihn zur Frau nahm, hatten ihre Verwandten anfangs hinter vorgehaltener Hand getuschelt und gespottet. »Du nimmst einen Berdachen zur Frau? Lächerlich! Such dir eine ordentliche Frau, die sich um dein Haus kümmert und dir Kinder schenkt.« Normalerweise nahm sich eine Kriegerin eine Frau weiblichen Geschlechts. Die meisten dieser Ehefrauen gebaren Babys, nachdem sie mit sorgfältig ausgewählten Männern bevorzugt mit Sonnengeborenen - Zusammengelegen hatten. Aber Heuschrecke haßte den Gedanken, eine Horde lärmender Bälger in ihrem Haus zu haben; sie wollte friedlich und in Ruhe mit Primel leben. Sanft strich sie mit einem Finger über die zarte Linie seines Kiefers. Die jungenhafte Reinheit seines Gesichts schien seine ausgeprägt weibliche Seele Lügen zu strafen.
    »Er ist allein, Primel. Zum erstenmal ist er wirklich allein. Ich weiß nicht, was er tun wird.«
    ,Alleinsein ist schrecklich.«
    Heuschrecke drückte seine Hand. Primel wußte, was Einsamkeit bedeutete. Den meisten Menschen blieb der Berdache ein Rätsel. Manche fürchteten sich vor ihm, viele verehrten ihn wegen der besonderen Macht, die der Erdenschöpfer ihm verliehen hatte. Er war die Brücke zwischen den Welten der Männer und der Frauen, zwischen Licht und Dunkelheit. Aber nur ganz wenige Menschen fühlten sich in seiner Gegenwart wirklich wohl. Er stand am Rande der Gesellschaft, von manchen respektiert, von anderen gefürchtet und gehaßt, aber von niemandem völlig akzeptiert.
    Primel stützte sich auf die Ellenbogen und blickte auf ihr Gesicht hinunter. Seine prachtvollen Haare umfluteten sie in schimmerndem Reichtum. Heuschrecke ließ sich in der Wärme seiner schönen Augen treiben. »Dachsschwanz wird lernen, wie er überlebt, glaube mir.«
    »Du scheinst dir sehr sicher zu sein.«
    »Ja. Er ist stark. Bestimmt findet er jemanden, dem er vertrauen kann. Ich hoffe, er schenkt dir sein Vertrauen, Heuschrecke. Du bist jetzt seine einzige wirkliche Freundin.«
    Beklommen wandte sie sich ab. Die durch den Luftschlitz hereinwehende Brise strich kühl über den Schweiß auf ihrem Hals. Sie wünschte sich verzweifelt, Dachsschwanz würde sich vertrauensvoll an sie wenden, doch gleichzeitig fürchtete sie sich davor. Es war ihnen nie ganz geglückt, die seit ihrer Kindheit bestehende Anziehungskraft füreinander zu ersticken. Manchmal, wenn Dachsschwanz sie nach einem schweren Kampfgang über das Feuer hinweg ansah, las sie Schmerz und eine tiefe Sehnsucht nach ihr in seinen Augen - das weckte in ihr ein unstillbares Verlangen, ihn auf die einzige ihr mögliche Art zu trösten.
    Blutschande! Die Leute würden dich umbringen.
    Nur Primel hätte dafür Verständnis. Als Berdache verstand er menschliche Schwächen besser als andere. Primel würde instinktiv wissen, daß die Vereinigung des Fleisches nur der Versuch war, den Schmerz zweier Seelen zu lindern.
    Trotzdem würde er darunter leiden.
    Wie ein in der Hitze eines Gefechts zerrissenes Kriegshemd zerbräche der kostbare Zauber ihres gemeinsamen Lebens. Der Schmerz über ihren Treuebruch würde sich auf ewig in Primels Augen widerspiegeln. Aber er würde es ihr verzeihen.
    »Wie geht es Grüne Esche?« erkundigte sich Heuschrecke. Sie wollte nicht mehr über Dachsschwanz reden.
    Primel schürzte die Lippen und streichelte ihre nackte Brust. »Nicht gut. Sie ist erst im siebten Monat, aber das Kind ist schon so groß … die alten Frauen tuscheln bereits darüber.«
    »Glaubst du, sie denken, sie könnte sterben?« fragte Heuschrecke in ihrer direkten Art.
    »Das ist sicher nur Gerede. Ich - ich glaube es nicht. Manche Babys sind eben größer als andere. Und ein großer Mann wie Nessel zeugt vermutlich große Kinder.«
    »Wann heiraten die beiden?«
    »Sobald das Kind geboren ist. Heuschrecke, ich habe das Gefühl, mit dem Baby stimmt etwas nicht.
    Irgend etwas ist merkwürdig.«
    »Merkwürdig?«
    »Ja. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Aber ich hatte Träume.« Nach kurzem Schweigen fuhr er fort: »Seltsame Träume. Riesige Gestalten tanzten um eine Wiege. Die Geschöpfe trugen grellbunt bemalte Tiermasken, die Kojoten, Wölfe, Raben darstellten … aber diese Wesen hatten keine Arme und keine Beine. Ich weiß nicht, was

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