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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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mit gehämmertem Kupfer verkleideten Tempels.
    »Er sieht wütend aus«, bemerkte Heuschrecke.
    »Ja, das kann man wohl sagen.«
    »Es geht das Gerücht um, er habe gestern die junge Rauhrinde umgebracht. Ohne jeden Grund.«
    »Ich habe davon gehört. Ich glaube, jetzt ist er völlig verrückt geworden. Kessel erzählte mir -«
    Mitten im Satz verstummte Dachsschwanz, denn Tharon stürmte, drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen herunter. Dachsschwanz' Eingeweide verkrampften sich, als er sah, wie Tharon über den Platz auf sie zusprintete.
    »Heuschrecke, gib mir deinen Wurfstab!« befahl Tharon und riß ihn grob aus Heuschreckes ausgestreckter Hand. »Dachsschwanz, spiel mit mir.«
    »Selbstverständlich, mein Häuptling«, erwiderte Dachsschwanz mit einer leichten Verneigung. Er warf Heuschrecke einen besorgten Blick zu und streckte die Hand nach dem Spielstein aus. Sie gab ihm den Stein und die Armbinde.
    »Willst du auf Wolfstöters Seite spielen, mein Häuptling?«
    Langsam legte Tharon den Kopf schief. Sein rechtes Auge zuckte. »Nein. Ich hasse Wolfstöter. Er hat die Menschen dazu verdammt, auf dieser Welt, wo alles so schwer ist, zu leben. Ich kämpfe auf der Seite von Vogelmann. Er wollte nie, daß Menschen in diese Welt kommen.«
    Dachsschwanz senkte höflich den Kopf und ging zum Spielfeld, Tharon folgte ihm. »Soll ich den Stein werfen, mein Häuptling, oder möchtest du es tun?«
    »Du wirfst.« Tharon ging in Startstellung, hob den Stab und beugte sich vor. »Mach schon. Wirf!«
    Dachsschwanz schleuderte den Stein, und Tharon stürmte los. Rasch holte Dachsschwanz ihn ein. Sie erreichten die Wurflinie und warfen beide gleichzeitig, aber Dachsschwanz warf seinen Stab absichtlich zu kurz. Gemächlich trabte er über das Spielfeld und ließ Tharon einen Vorsprung.
    Tharons Stab lag zwanzig Hand näher am Stein, und Dachsschwanz zollte ihm gebührend Beifall.
    »Ein hervorragender Wurf!«
    Dachsschwanz ließ Tharon nicht aus den Augen. Das Gesicht des Sonnenhäuptlings spiegelte düstere Gedanken wider. Bei seinem Anblick überlief Dachsschwanz eine Gänsehaut.
    »Ich hasse Cahokia. Wußtest du das, Dachsschwanz? Ich hasse mein Heimatdorf.«
    »Nein, das wußte ich nicht«, antwortete er matt.
    Als Dachsschwanz die beiden Stäbe und den Stein aufhob, platzte Tharon heraus: »Immer läßt du mich bei diesem Spiel gewinnen, Dachsschwanz. Warum? Glaubst du, ich könnte dich in einem fairen Spiel nicht schlagen?«
    »Ich habe dich nicht gewinnen lassen, mein Häuptling.«
    »Doch. Ich habe noch nie gesehen, daß du so weit daneben geworfen hast wie eben!«
    »Ich spiele schon den ganzen Morgen. Ich bin müde. Vielleicht sollten wir später noch einmal gegeneinander antreten. Im Laufe des Tages erlange ich meine Zielsicherheit bestimmt wieder zurück.«
    Tharon stieß mit der Spitze seiner Schilfrohrsandale in den Boden wie ein verdrossenes Kind. »Nein, ich - ich will nicht. Ich fühle mich nicht wohl.«
    »Es tut mir leid, das zu hören. Vielleicht solltest du dich ein wenig ausruhen, dich mit -«
    »O Dachsschwanz«, flüsterte Tharon mit kläglicher Stimme, »ich muß mit jemandem reden. Kommst du mit mir in das Sternenzimmer?
    »Ja, natürlich, mein Häuptling«, antwortete er etwas zu rasch. Unter Tharons mißtrauisch funkelndem Blick zuckte er zurück. Jeder normale Mensch drückte sich davor, mit Tharon allein zu sein. Schon der leiseste Unterton in der Stimme oder ein falsches Neigen des Kopfes konnte bei ihm einen verheerenden Wutanfall auslösen. »Ich meine, ich würde mich glücklich schätzen. Was … was gibt es denn zu besprechen?«
    »Ich bin bestürzt wegen Nachtschatten. Heute morgen wollte ich sie überraschen, und sie … also, sie war überhaupt nicht überrascht. Sie verhielt sich sehr gemein zu mir.«
    »Zweifellos hat sie sich in Cahokia noch nicht wieder eingewöhnt. Außerdem hat sie erst vor kurzem ihren Geliebten verloren. Bestimmt leidet sie noch unter dem Verlust. Sie wollte ganz sicher nicht unfreundlich sein.« Er fragte sich, woher Nachtschatten den Mut nahm, Tharon derart zu kränken.
    Er nahm die beiden Wurfstäbe und den Stein in die rechte Hand, folgte Tharon über den Platz und händigte Heuschrecke die Spielgeräte aus. Vielsagend starrte sie auf Tharons Rücken und formte lautlos die Worte: »Sei vorsichtig!« Dachsschwanz nickte und stieg hinter Tharon die Stufen zum Tempelhügel hinauf.
    Jenseits der Palisaden sah Dachsschwanz die Nichtadeligen ihren alltäglichen

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