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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Er zog viermal an der Pfeife, um sie in Gang zu setzten, dann hob er sie gen Westen, wo die Donnerwesen lebten. Sie waren schwarz wie die Sturmwolken, auf denen sie ritten. Sie hatten die Macht, Leben zu zerstören.
    Leise betete er: »Bitte verschont sie, ihr Donnerwesen. Holzschale ist noch nicht bereit, mit euch zu gehen. Ihre Familie braucht sie zu sehr.«
    Sonnenjäger sog an der Pfeife und blies eine Rauchwolke nach Westen.
    Er schloß die Augen und wandte sich nach Norden. Lange Zeit verharrte er so, in Richtung Land des Schnees, wo der Große Weiße Gigant lebte. Heilkraft ging von ihm aus. Den weißen Bergkristall hatte ein mutiger junger Händler vom eisigen Fuß des Giganten abgeschlagen. Sonnenjäger hatte ihn teuer erstanden. Er hatte vier wertvolle Wapitihäute dafür gegeben und versprochen, das Dorf des Händlers zu besuchen, um die Leute den Mammut-Geist-Tanz zu lehren. Er hatte sein Versprechen gehalten und war im letzten Sommer dorthin gereist.
    Ehrerbietig nahm er den weißen Bergkristall und warf ihn ins Wasser. Silbrige Ringe verbreiterten sich zum Rand der Schale hin. Stehender Mond neigte ihr Haupt, als er die Pfeife wieder erhob und stumm die Hilfe des Großen Weißen Giganten bei der Heilung von Holzschale erflehte. Er stieß vier Züge Rauch nach Norden aus.
    Danach drehte er sich Richtung Osten. Dort lebte, in Sonnenaufgangs roten Mantel gekleidet, Morgenrötekind. Sie hatte die Macht, die Leute die Wege von Alter-Mann-Oben verstehen zu lehren.
    Sie war es, die alle Tage der Menschen davontrug. »Ich bitte dich, gib Holzschale noch ein paar Tage auf Erden, Morgenrötekind. Sie war immer eine gute Frau.«
    Er wandte sich nach Süden, wo Sommermädchen sich in gelb lodernden Flammen verbarg. Ihre Wärme ließ alles wachsen und blühen. »Sommermädchen, wirf dein Licht auf Holzschales Seele, so daß sie den Weg zurück zum Körper findet und noch einmal blühen kann.«
    Sonnenjäger hob seine Pfeife zu Bruder Himmel empor und senkte sie schließlich hinab zu Schwester Erde. Er nahm noch mehrere Züge, während er daraufwartete, daß seine Gebete erhört wurden. Wie weit entferntes Rufen brauchten sie ihre Zeit. Der süße Duft des Tabaks erfüllte reinigend die Luft und überdeckte fast den Gestank der Krankheit. Eines der Kinder auf der Bank nahe dem Eingang schrie wie in einem Fiebertraum auf. Stehender Mond kniete neben dem Mädchen nieder und strich ihm sanft übers Gesicht. Ihre leise Stimme klang für Sonnenjäger wie die einer klagenden Taube, die über das Prasseln und Knacken des Feuers hinwegruft.
    Aus seinem Beutel nahm er einen Saugknochen, eine lange, aus dem Beinknochen eines Kondors geschnitzte Röhre. Die Enden waren glattgeschmirgelt, und in die glatte Knochenwand waren sorgfältig die Symbole der Macht eingraviert worden: Spirale, Sonnenaufgang, Zickzackblitz und Wolken. Singend zog er die Felldecken beiseite und schob Holzschales Kleid hoch, so daß er den Knochen an ihrem Nabel ansetzen und mit aller Kraft das Böse aus ihr heraussaugen konnte.
    Holzschale stöhnte leise, und Sonnenjäger drehte sich um, um Speichel ins Feuer zu spucken, wo er zischend in den lodernden Flammen verdampfte. Er wiederholte den Vorgang an Holzschales Kehlgrube und hinterließ dort einen roten Fleck. Auch diesmal spuckte er wieder ins Feuer. Der Rauch sollte die Krankheit vernichten und hinwegtragen.
    Sonnenjäger legte den Saugknochen weg und sog an seiner Pfeife. Sanft blies er den heiligen Rauch über die Frau und sang die alten Heilgesänge.
    Würden sie wirken? Was konnte er noch tun?
    Er stand mühsam auf, legte die Pfeife neben die Schale und nahm den Bergkristall aus dem Wasser.
    Singend besprengte er Holzschales Gesicht und Kleider mit den vom Stein fallenden Tropfen. Das Wasser hatte die Heilkraft des Bergkristalls aufgenommen und würde sie zu Holzschales Körper bringen.
    Er hörte Stehender Monds leise Schritte, als sie sich hinter ihn stellte. Während er seine Pfeife ausklopfte und den heiligen Stein wieder in sein Heiler-Bündel steckte, sagte er: »Du mußt Holzschale morgens, mittags und abends ein paar Schlucke aus der Schale zu trinken geben. So wird sie schneller gesund werden.«
    Sie deutete auf eine wunderschöne Ledertasche, die mit den glänzenden Gehäusen der Dentaliumschnecke verziert war. »Nimm das für deine Mühe, Sonnenjäger.«
    Er lächelte ihr müde zu. »Sie ist sehr schön, Stehender Mond. Ich weiß die Großzügigkeit deiner Familie und deines Klans wohl

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