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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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heraus. Wolkenmädchen trank zufrieden, während Turmfalke das getrocknete Tapirfleisch aufaß.
    Sie hielt das Baby fest und ließ sich gegen die kühle Wand zurücksinken. In der Dämmerung verschmolzen die Schilfhalme und Rohrkolben um den Sumpf herum zu einer einzigen indigoblauen Wand. Im Westen erinnerte nur eine dünne, schimmernde Linie an Vater Sonnes Gesicht. Sie überzog die Konturen der Vorberge in der Ferne mit einem goldenen Schimmer. Im Norden konnte Turmfalke gerade noch ein kleines Stück des Mammutgebirges erkennen, dessen in den Himmel ragende Gipfel sich im Abendlicht purpurrot färbten.
    »Das ist der Weg, Wolkenmädchen. Das Volk deines Vaters lebt dahinter. Wo die Vorberge sich zum Gebirge hin erheben, gibt es einen Paß. Dort müssen wir hinüber und dann so weit nach Westen wie möglich. Bis zur Küste. Wir müssen einfach …«
    Ein schwaches Geräusch ließ sie verstummen. Schnell suchte sie mit den Augen das Feuchtgebiet ab und verweilte bei jedem menschenähnlichen Schatten. In den letzten Strahlen des Zwielichts sah sie das Glitzern eines über dem Wasser schwirrenden Mückenschwarms.
    Ein anderes Geräusch auf dem Stein über ihr. Ein Schaben wie von Mokassins auf Geröll.
    Turmfalkes Finger gruben sich in Wolkenmädchens Ledersack. Stechapfel? Heilige Geister, wie konnte ich nur so sorglos sein? Ich hätte bis nach Einbruch der Dunkelheit laufen müssen.
    Mit vier schnellen Schritten huschte etwas über die Decke des Felsvorsprungs, und Turmfalke begann heftig zu zittern. Ich muß weglaufen1. Wo … wo kann ich mich nur verstecken?
    Sie erstickte einen Schrei, als ein Rabe keck bis zur Kante des Felsübersprungs marschierte und sich dann, als er sie erblickte, mit einem lauten Krächzen in die Luft schwang.
    Keuchend und mit wild klopfendem Herzen ließ Turmfalke sich zurückfallen. Wolkenmädchen hatte nicht einmal das Trinken unterbrochen. Friedlich schaute sie zu Turmfalke hoch. Mit ihren winzigen Händen knetete sie die Brust mit langsamen, schläfrigen Bewegungen.
    Erst nach einer Weile vermochte Turmfalke wieder zu atmen.
    Sie streckte sich auf der Seite aus und beobachtete, wie die Abendfarben von der Nacht verschluckt wurden. Nachtschwalben segelten über dem Sumpfland und stürzten sich von Zeit zu Zeit mit in der Luft zischenden Flügeln auf Beute herab. Turmfalke drückte Wolkenmädchen eng an sich und fiel in einen erschöpften Schlaf.
    Graue Wolkenfetzen fegten über den Morgenhimmel nach Osten. Berufkraut warf einen schnellen Blick zu ihnen empor, während er mit großen Schritten den Waldpfad hinuntereilte. Würde es schon wieder regnen? Hoffentlich nicht. Noch war der Boden vom letzten Unwetter völlig durchweicht.
    Seine Mokassins waren so mit Schlamm überzogen, daß sie wie eine feuchte zweite Haut an den Füßen klebten.
    »Sonnenjäger? Warte. Warte!« rief Berufkraut.
    Die mit weißen Blüten überladenen Zweige des Hartriegels versperrten ihnen den Weg. Blütenblätter fielen auf den Pfad, als er die Zweige beiseite schob, ohne seinen Lauf zu verlangsamen. Wütend über den Lärm keckerten Eichhörnchen ihnen nach. Sonnenjäger bog vor ihnen um eine Kurve, und Berufkraut verlor ihn aus den Augen. Er lief langsamer. »Wir werden ihn nie einholen.«
    »Es sieht nicht so aus, als ob er das wollte«, bemerkte Balsam.
    Berufkraut verzog verdrießlich das Gesicht. Sie waren dem Träumer nun schon seit drei Tagen auf den Fersen. Jedesmal, wenn Berufkraut dachte, daß sie ihn nun endlich eingeholt hätten, schien er sich zusammen mit diesem räudigen Hund in Luft aufzulösen.
    »Wahrscheinlich hat er uns verzaubert, so daß wir ihn nicht sehen können«, sagte Balsam.
    »Möglicherweise steht er direkt vor uns und lacht sich tot.«
    »Träumer verzaubern niemanden. So etwas tun nur Hexer.«
    Balsam schloß neben Berufkraut auf und legte den Kopfschief. Sein rundes Gesicht und die Himmelfahrtsnase glänzten von Schweiß »Wenn Hexer das tun können, warum dann nicht auch Träumer?«
    »Nun, vielleicht können sie es ja auch. Ich weiß es nicht. Aber ich habe noch nie von einem Träumer gehört, der mit Zauberei arbeitet.«
    »Das heißt nicht, daß sie das nicht können. Hast du je darüber nachgedacht, daß wir die Herde heiliger Hirsche oder den Holzstoß bei der Traum-Höhle vielleicht aus diesem Grund nicht gesehen haben?«
    Berufkraut sagte sarkastisch: »Oder vielleicht sind die Hirsche auch in den Wald gegangen, um sich bis zur Dunkelheit zu verstecken, und

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