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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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du geboren werden, wäre es ein Fluch für die Welt.«

15. KAPITEL
    »Es ist erst drei Wochen her, seit Mutter Ozean Melisse gerufen und ihm das Zeichen gegeben hat«, sagte Klebkraut, der auf der östlichen Seite des Ratsfeuers saß. Sie hielten die Versammlung außerhalb des zerstörten Dorfes in einem schmalen Einschnitt der Meeresklippen ab, doch sie konnten auch von hier aus die zerbrochenen Reste ihres Lebens auf dem Strand liegen sehen. Der Schein des Feuers vergoldete die geliebten Gesichter der Toten, die mit warmen Häuten bedeckt am Rande der Bäume lagen. Vor ihnen lag ein glitzernder Teppich aus den Splittern der Walrippen, die die Zeltrahmen gebildet hatten.
    Klebkraut zeigte auf die zerfetzten Mammutgerippe am Strand und dann auf jeden der riesigen Kadaver, die von dem Angriff am Morgen zurückgeblieben waren. Die steife Brise, die vom Ozean heranwehte, ließ seinen Lederärmel flattern, bis er umschlug. »Und ich frage euch, was bedeutet dieses Zeichen? Sonnenjäger hat behauptet, er wisse es nicht. Was meint ihr, wollte die Mutter uns sagen?«
    Dreißig Menschen kauerten unter ihren Häuten vor ihm auf dem Boden. Manche blickten ihn stoisch an. Ein paar hatten Bewunderung in den Augen. Die meisten sahen skeptisch und gelangweilt aus.
    Ich werde es euch zeigen, ihr Dummköpfe. Nicht einmal Sonnenjäger kann sich meiner Macht in den Weg stellen. Er erhob die Stimme und schrie: »Schaut euch um! Unser Dorf ist verschwunden.
    Dreizehn unserer Freunde und Verwandten sind tot. Krankheiten wüten in unseren Schwesterdörfern in den Bergen. Und wann hat das alles angefangen?«
    Melisse saß mit untergeschlagenen Beinen und gesenktem Kopf auf der westlichen Seite des Feuers. Sumach hielt eine Wapitihaut über seine Schultern, umarmte ihn und flüsterte ihm etwas zu.
    Klebkraut konnte Sumachs Worte nicht hören, doch an Melisses Gesicht erkannte er, daß sie nichts mit Sonnenjäger zu tun hatten. Wahrscheinlich versuchte Sumach, Melisse wegen Bergsee zu trösten.
    Gut. Halte ihn nur beschäftigt, Sumach. So können die Leute endlich einmal alleine denken.
    Doch die Dorfbewohner schauten weiter auf Melisse, als erwarteten sie seine Stellungnahme.
    Gedankenverloren zeichnete er Muster in den Sand um seine Mokassins. Er sah mitleiderregend traurig aus.
    »Ich werde euch sagen, wann es angefangen hat«, beantworte Klebkraut seine eigene Frage, da sich sonst wohl keiner dazu äußern wollte. »Es hat angefangen, als Sonnenjäger den ersten Mammut-Geist-Tanz versäumte. Erinnert ihr euch? Es war kurz nachdem diese Krankheit Krickentenflügel-Dorf heimgesucht hatte.«
    Die Ältesten, die am nächsten beim Feuer saßen und den innersten Kreis bildeten, tauschten gemurmelte Bemerkungen aus. Die alte Yuccadorne fuchtelte mit ihren dürren Armen in der Luft herum, um etwas zu unterstreichen. Schwindlige Robbe hörte ihr mit halbgeschlossenen Augen und gespitztem Mund zu.
    Klebkraut faltete respektvoll die Hände und wartete ab, während sie diskutierten. Die wenigsten der Ältesten mochten ihn. Das wußte er, und darum mußte er sie mit besonders großer Aufmerksamkeit behandeln. Wenn er das versäumte, würden die alten Narren ihm niemals die Autorität zugestehen, die er verdient hatte. Sie würden Sonnenjäger beiseite schieben und dann irgendein unbedeutendes Individuum als geistigen Führer des Klans auswählen. Sie würden alles tun, um sich nicht auf Klebkraut stützen zu müssen.
    Geduldig blickte er auf den Strand. Der Sand war von Mondlicht übergossen. Auf dem glitzernden Wasser trieben Möwen. Jedesmal, wenn eine Welle sie hochhob, leuchteten ihre Flügel in dem silbrigen Glanz auf.
    »Willst du damit sagen, daß Sonnenjäger die Ursache von alldem ist?« fragte schließlich ein junger Mann, der am Rand stand. Klebkraut konnte dessen Gesicht nicht sehen, aber die Stimme klang wie die des jungen Berufkraut.
    »Denkt darüber nach«, drängte Klebkraut. »Sonnenjäger hat vier Tänze hintereinander versäumt. Die Vier ist eine heilige Zahl. Und er ist direkt nach der Zerstörung unseres Dorfes durch die Mammuts weggegangen. Gerade da brauchten wir ihn am dringendsten. Er hätte hierbleiben und uns helfen sollen, unsere Verstorbenen ins Land der Toten zu beten.«
    »Er ist überhaupt nie da, wenn wir ihn brauchen«, schrie die alte Yuccadorne. Trotz ihrer schmerzenden Kniegelenke stand sie auf und ließ die Blicke über die Versammlung schweifen. Der Widerschein des Feuers zauberte Lichtreflexe auf die

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