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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Zehenspitzen zuerst auf und ertastete vorsichtig den Boden, bevor er die Ferse aufsetzte. Nicht einmal er konnte seine Bewegungen hören, daher wußte er, daß sie ihn auch nicht hören konnte. Würde sie sich jedoch im richtigen Moment umblicken, könnte sie ihn vielleicht entdecken.
    Er verlangsamte seinen Schritt und blieb für eine Weile hinter einem Baumstamm stehen, wo er mit der Dunkelheit verschmolz. Die junge Frau und der Hund folgten einem Hirschpfad, der sich von Wiese zu Wiese durch den Wald schlängelte. Kurz zuvor hatte er ihr Gesicht im Mondlicht aufleuchten sehen und war ihr gefolgt. Sie hatte kein Baby bei sich, doch sie trug einen Atlatl und einen langen Speer in der rechten Hand.
    Turmfalke! Er war sich fast sicher, daß sie die Frau des Händlers Stechapfel war. Die Beschreibung paßte genau auf sie: Sie war klein, hatte langes, schwarzes Haar und eine aufwärtsstrebende Nase. Er war von ihrer Schönheit verblüfft und von ihrem Kleid. Denn dieses Hemd hatte er schon oft gesehen.
    Sonnenjäger trug es, wenn er den Mammut-Geist-Tanz leitete. Hatte sie es gestohlen? Vielleicht hatte sie Sonnenjäger getötet - so wie sie Milans Bruder getötet hatte und das Hemd an sich genommen.
    Heiß durchliefen ihn Wut und Angst.
    Die Frau vor ihm sah nicht so aus, als hätte sie die Kraft, ein Stilett aus dem Wadenbein eines Tapirs mit der bloßen Hand in die Brust eines ausgewachsenen Mannes zu treiben. Aber der Schein konnte trügen. Berufkraut nahm einen Speer aus dem Köcher auf seinem Rücken und legte ihn in seinen Atlatl ein. Seine Schritte wurden so vorsichtig wie die eines Pumas, der einem waidwunden Bären nachschleicht.
    Er bückte sich und schob sich an einem mit Flechten bewachsenen Findling vorbei. Auf der anderen Seite spähte er um den rauhen Rand des Steins herum. Die Frau hatte angehalten und sich niedergehockt, um etwas auf dem Boden anzufassen. Als sie die Finger wieder hochnahm und anschaute, kam ein leises, würgendes Geräusch aus ihrem Hals. Der Hund hüpfte vor ihr hin und her.
    Er bellte nicht, schien aber wie von Sinnen.
    Die Frau stand auf. »Wo ist er, Helfer? Bring mich zu ihm. Beeil dich!«
    Sie rannte hinter dem Hund her durch das dichte Unterholz und in den Schatten hoch aufragender Kiefern.
    Als sie fast hinter einem großen Haufen trockenen Holzes verschwunden waren, stand Berufkraut auf.
    Das Blut rauschte ihm in den Ohren.
    Helfer? Sonnenjägers Hund hieß so. Er erinnerte sich an Balsams ironische Frage damals im Gebirge:
    »Ist dieser Hund sein Geist-Helfer? Er hat einen räudigen Geist-Helfer?« Dieser Hund war nicht räudig. Konnte es dasselbe Tier sein?
    Was war also los? Ihre Stimme hatte besorgt geklungen, wie die einer Mutter, die sich um ihr Kind oder die einer Frau, die sich um ihren Mann Sorgen macht. Ein Schauer nach dem anderen jagte Berufkraut über den Rücken. Hexerei, verfolgte Frauen, der Selbstmord der Mammuts - und er war mitten darin.
    Berufkraut lief leichtfüßig den Pfad entlang, den die Frau genommen hatte, und huschte dann von einem Baum zum nächsten, als er ihr in den Wald folgte. Wohin war sie verschwunden? Er spähte in die Dunkelheit.
    Das Winseln des Hundes gab ihm einen Anhaltspunkt. Berufkraut schlich weiter. Plötzlich sah er ihre Füße unter einem mannshohen Stapel aus übereinandergestürzten Bäumen hervorragen. Ihren Atlatl und ihren Speer hatte sie davor auf dem Boden abgelegt. Auf den Sohlen ihrer Mokassins waren dunkle, feuchte Flecken. Im Mondlicht sahen die Flecken wie Blut aus. Berufkraut umklammerte seine Waffen fester.
    »O Sonnenjäger! Nein … nein!« schrie die Frau. »Helfer, geh um mich herum! Du mußt hier rausgehen, damit ich genug Platz habe, ihn hinauszuziehen. Geh!«
    Etwas scharrte unter dem Stapel, und der Hund kam hervor. Er richtete sich auf und schüttelte die Kiefernnadeln des Waldbodens aus seinem dichten Pelz. Wie von einem Wirbelwind hochgeweht stob in dem durch die Bäume dringenden silbernen Licht glitzernder Staub auf.
    Als Helfer Berufkraut sah, stieß er ein Knurren aus, und das Haar auf seinem Rücken richtete sich auf.
    Berufkraut kniete nieder und streckte eine Hand aus. »Komm her, Junge! Ist ja gut. Ich bin ein Freund.
    Erinnerst du dich an mich?«
    In diesem Moment entdeckte er den abgebrochenen Speerschaft in einer Blutlache zu seinen Füßen.
    Wen hatte der Speer getroffen? Ein Tier? Oder ein menschliches Raubtier?
    Helfer lief auf Berufkraut zu und schnüffelte an dessen Hand, wedelte mit dem

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