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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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stämmig und hatte sich überhaupt nicht verändert, ausgenommen den Blick in seinen Augen. Turmfalke erkannte dort keinen Haß, wie sie es erwartet hatte. Allenfalls war Mitleid darin zu lesen.
    Sie war zutiefst berührt. War seine Wut schließlich doch vergangen, selbst nach alldem, was sie seinem Bruder angetan hatte?
    Der junge Mann mit dem roten Hemd flüsterte Stechapfel etwas zu, und als der nickte, kam er über den Dorfplatz geschritten wie ein brünstiger Wapitibulle. Das Leder seines Hemdes war unter den Armen und um den Hals herum mit dunklen Schweißflecken bedeckt. Als er sich Berufkraut auf zwanzig Schritte genähert hatte, sprang Helfer aus der Menge und versperrte ihm böse bellend und knurrend den Weg. Die Leute wichen zurück und bildeten einen Halbkreis um Milan.
    »Nehmt diesen Hund weg! Wessen Hund ist das?«
    »Das ist Sonnenjägers Hund, Milan!« rief Berufkraut. »Laß ihn in Ruhe!«
    »Du widerlicher Balg! Ich habe nie gehört, daß Sonnenjäger einen Hund hätte. Nehmt ihn weg, bevor ich ihm die Kehle aufschlitze!« Er zog das Messer aus der Scheide, die an seinem Gürtel hing.
    Berufkraut grinste breit und machte eine Handbewegung, mit der er dem Arm, der den Atlatl mit dem eingelegten Speer hielt, unmerklich mehr Spielraum gab. »Nur zu. Der Hund ist Sonnenjägers Geist-Helfer. Wahrscheinlich wirst du blind oder taub, bevor du auch nur in seine Nähe gekommen bist.«
    »Wenn das Sonnenjägers Hund ist, wo ist dann Sonnenjäger?« fragte Milan.
    Weder Berufkraut noch Turmfalke antwortete, und Milan schlug mit dem Atlatl nach Helfer, um ihn aus dem Weg zu drängen. Helfer bellte und entblößte die Zähne.
    »Braver Junge, Helfer«, flüsterte Berufkraut nur für Turmfalkes Ohren hörbar. Dann fugte er hinzu: »Die alte Frau, die allen anderen voranläuft, ist meine Großmutter die Frau, von der ich dir erzählt habe. Sie heißt Sumach.«
    Turmfalke stieß zitternd den Atem aus und bereitete sich auf den Empfang vor.
    Sumach lief auf Berufkraut zu und umarmte ihn. »Du hast sie gefunden! Du bist ein guter Spurensucher, Enkel.« Nachdem sie Berufkraut losgelassen hatte, ging sie zögernd auf Turmfalke zu.
    Turmfalke ergriff die vom Alter gezeichnete Hand und hielt sie fest. »Ich heiße Turmfalke und hoffe sehr, daß ich mit dir verwandt bin, Sumach.«
    Zu Turmfalkes Überraschung erwiderte Sumach ihren Händedruck. »Ich auch. Ich habe dein kleines Mädchen gefunden. Es wird gut für sie gesorgt, das verspreche ich dir.«
    In Turmfalkes Augen stiegen Tränen auf. Leise sagte sie: »Ich wußte, daß ihr euch ihrer annehmen würdet. Seid gesegnet. Aber bitte, Sumach, Stechapfel darf nicht wissen, daß sie meine Tochter ist. Er wird sie sonst nicht in Ruhe lassen und eines Tages eine Möglichkeit finden, sie zu töten.«
    »Dann soll er es nie erfahren«, flüsterte Sumach und wollte sich wieder Berufkraut zuwenden, doch als sie Sonnenjäger auf dem Schleppgestell hinter Turmfalke liegen sah, schnappte sie nach Luft und kreischte dann auf: »Melisse! O Mutter Ozean, nein! Beeil dich! Es ist Sonnenjäger. Er ist verwundet!«
    Durch die Menge ging ein einziger Aufschrei. Das ganze Dorf stürmte in einer dunklen Woge vorwärts … alle, außer Stechapfel und Tannin. Sie blieben beim Feuer stehen. Tannin hatte wieder die Hand auf Stechapfels Unterarm gelegt, um ihn zurückzuhalten, und sprach leise auf ihn ein. Turmfalke wünschte, sie könnte seine Worte hören. Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt. Stechapfel hatte die Zähne zusammengebissen.
    Sumach schob sich zwischen Berufkraut und Turmfalke hindurch und kauerte neben Sonnenjäger nieder. Ein Stöhnen brach von ihren Lippen, als sie das zerrissene Hemd beiseite zog und die Brustwunde sichtbar wurde. »Heilige Geister, was ist geschehen, Berufkraut? War es ein Bär?«
    Melisse lief an Berufkraut vorbei direkt zu Sonnenjäger hin. Mit einem scharfen Laut sog er die Luft ein, und der Rest der Menge verstummte. »Schnell!« befahl er. »Wir müssen ihn zum Feuer bringen, damit wir seine Wunden versorgen können. Beeilt euch!«
    Berufkraut steckte seinen Speer wieder in den Köcher und hängte den Atlatl an den Gürtel. Dann hob er das Schleppgestell an. »Turmfalke«, fragte er, »möchtest du an meiner Seite gehen?«
    »Ja«, antwortete sie dankbar und bemerkte, daß er sie entschlossen und mutig anblickte. »Danke.«
    Sie gingen los, und Berufkraut zog die Bahre zum Feuer. Milan starrte Turmfalke haßerfüllt an, als sie vorbeiging. Ihre Knie

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