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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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die Menge angstvoll, während sie mit Berufkraut den Hügel hinaufging. Dann warf sie einen Blick auf Berufkraut.
    Der hatte seinen müden Schritt verlangsamt und betrachtete ebenfalls die Menschenansammlung. Die Ältesten saßen mit über die Schultern gezogenen Häuten im Kreis um das Feuer. Die restlichen Dorfbewohner hatten sich hinter ihnen versammelt. Sie redeten leise und drängten einander beiseite, um besser sehen zu können.
    »Wenn das meine Tochter ist«, schrie Stechapfel, »dann habt ihr kein Recht, sie mir wegzunehmen!«
    Turmfalke beugte sich zur Seite, um an Berufkraut vorbei auf Stechapfel zu schauen. Der stand verkrampft und mit geballten Händen zwischen Tannin und dem Mann mit dem roten Hemd. Wütend starrte er über das Feuer hinweg einen älteren Mann und eine ältere Frau an. Das Quarzkristall, das an einer Schnur aus geflochtenem Mammutleder von Stechapfels Hals hing, funkelte. »Gebt mir das Baby!« brüllte er.
    Die alte Frau, die Turmfalke schon vorher gesehen hatte die Frau, die von der Kuppe des Hügels auf sie herabgeschaut hatte - erhob sich. Sie hatte neben einer jungen Frau gehockt, die ein Baby stillte …
    Wolkenmädchen!
    Turmfalke konnte die Augen nicht von ihrem Baby wenden. Wolkenmädchen trank ruhig. Es schien ihr gutzugehen. Sie wirkte zufrieden. Turmfalke hätte am liebsten geweint. Ihre Brüste begannen zu schmerzen, und die Milch floß warm gegen das Leder ihres Kleides.
    Als sie dastand und Wolkenmädchen anschaute, hörte sie den keuchenden Atem der Menschenmenge, das Scharren vieler Füße und das Rufen der Eulen, die im Wald nach Mäusen und Kaninchen jagten.
    Eiskraut! Kannst du deine Tochter sehen? Sie ist bei deiner Familie. Genau so, wie du es dir gewünscht hast. Ein harter Knoten bildete sich in Turmfalkes Brust, als wären all ihre Angst und Verzweiflung um ihr Herz herum gefroren.
    Die alte Frau räusperte sich, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und sagte: »Wir wissen nicht, wessen Baby das ist. Vielleicht gehört es deiner Frau, Stechapfel, vielleicht auch nicht. Aber wie dem auch sei, du hast doch behauptet, die Kinder deiner Frau stammten aus einer blutschänderischen Verbindung. Willst du uns jetzt sagen, daß du ihre Kinder als die deinen beanspruchst?«
    »Wenn das ihr Baby ist, dann gehört es mir!« Er tippte mit dem schmutzigen Daumen auf seine Brust.
    Der alte Mann, der Stechapfel am Feuer gegenübersaß, verengte die Augen. Er bewegte sich, und die Dorfbewohner forderten sich in Erwartung seiner Worte gegenseitig zum Schweigen auf. »Nicht nach den Gesetzen unseres Klans«, verkündete er. »Nicht einmal, wenn du der Vater wärest, Stechapfel.
    Und noch hast du nicht gesagt, daß du es bist. Der Otter-Klan betrachtet alle Kinder als zu ihrer Mutter gehörig.«
    »Bettelt ihr darum, von mir getötet zu werden?« zischte Stechapfel. »Wißt ihr, was geschehen wird, wenn ihr mir meine Familie nicht übergebt? Das heißt Krieg! Der Bär-Schaut-Zurück-Klan und der Schwarzwassertal-Klan werden sich vereinigen, um den Otter-Klan vom Gesicht der Erde zu tilgen.«
    Wütend schüttelte er die Fäuste. »Hörst du mich, Melisse?«
    »Ja, ich höre dich«, antwortete der alte Mann mit einem grimmigen Funkeln in den Augen. »Und auch meine Krieger hören dich. Ich würde das an deiner Stelle nicht noch einmal sagen.«
    Als Turmfalke den Namen des alten Mannes vernahm, klopfte ihr das Herz. Lautlos sprach sie ihn wie ein zeremonielles Gebet nach: Melisse, Oberhaupt des Otter-Klans. War die Frau zu seiner Linken dann also Sumach?
    Berufkraut hatte mit wachsender Anspannung gelauscht.
    Stechapfel rührte sich nicht, aber sein Blick wanderte über die Menge, als hätte er vergessen, daß es so viele Zuschauer gab. Alle hatten Atlatls oder Knochenstilette in den Händen, und die Hälfte der Menschen sah so zornig aus, daß sie Stechapfel sicherlich auf der Stelle mit ihren Speeren durchbohren würden, wenn Melisse auch nur auf ihn deutete. Die Kinder hockten in einer Reihe jenseits des nächstgelegenen Langzeltes und hielten ihre Hunde am Nackenfell fest. Die Hunde hatten die Ohren aufgestellt, und ein leises Knurren drang aus ihren Kehlen. Sie mochten Stechapfel offenbar auch nicht.
    Der Streit war so heftig geworden, daß niemand die Ankunft von Berufkraut und Turmfalke bemerkte, bis Berufkraut versehentlich das Schleppgestell über einen Stein zog, der unter einem dichten Grasbüschel verborgen lag. Als die Bahre hochsprang und Sonnenjäger fast

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