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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Kanu, vielleicht nur ein Baumstamm irgend etwas, mit dem sie aufs Wasser hinaus könnte.
    Keuchend rannte sie weiter, hinunter zum Fluß.
    Laß den Mais zurück, dein Leben ist wichtiger.
    Aber hartnäckig hielt sie den dicken Sack fest und lief vorwärts. Sie rutschte aus und fiel hin; die Luft ging ihr aus. Wertvolle Zeit verstrich, bis sie wieder zu Atem gekommen war. Sie rappelte sich auf und raste weiter durch die Dunkelheit. »Sie flieht!« brüllte jemand, aber noch weit entfernt. »Sie rennt zum Fluß!«
    Zweige peitschten sie, als sie den Baumgürtel am Hochwasser erreicht hatte. Nach zehnmal zehn Schritten berührten ihre Füße das Wasser. Und jetzt - in welche Richtung?
    Nach Norden! Sie würden wahrscheinlich denken, sie liefe nach Süden, Richtung Heimat. Perle watete in das flache Wasser, suchte sich ihren Weg flußaufwärts durch die schwarze Nacht. Diese verfluchten Khota - hätten sie ihr hier nicht ein Kanu zurücklassen können?
    Sie hörte hinter sich, wie jemand im Wasser lief, aber nicht nahe genug, um ihr Angst zu machen. Bei der Macht der großen Anhinga sie konnte vielleicht davonkommen!
    In diesem Augenblick trat sie ins Nichts und versank in eine kalte schwarze Tiefe.
    Sie kämpfte sich nach oben, hustete und spuckte schlammiges Wasser. Mit einer Hand schlug sie wild ins Wasser, mit der anderen hielt sie den Sack mit der Maissaat fest.
    »Ihr dreckigen Blutsauger«, zischte sie. »Aaswürmer sollen sich in eure Hoden fressen, verdammte Khota!«
    Sie hustete wieder. Die schweren Mokassins zogen sie ins Wasser hinunter. Wie lange würde sie es aushalten, bevor sie vor Kälte nicht mehr schwimmen konnte?
    Die Strömung sog sie in die Tiefe, aber sie kämpfte sich wieder zur Oberfläche zurück und versuchte, mit einer Hand zu schwimmen.
    Laß doch den Mais los, dein Leben ist wichtiger!
    Aber das konnte sie nicht. Diese Saat war alles, was sie aus ihrer Welt gerettet hatte. Würde ihr die Flucht gelingen, dann brauchte sie diese Maissaat. Sie konnte den Mais entweder essen oder ihn bei den Völkern im Norden eintauschen.
    Wieder zogen sie Wasserwirbel hinab, wieder kämpfte sie sich nach oben und hielt dabei den Sack fest. Aber was nutzte ihr ein Sack mit Maissaat wenn sie ertrinken würde?
    Sie ließ den Sack von der Schulter rutschen, bereit, ihn fallen zu lassen.
    Da packte sie eine feste Hand am Arm und zog sie durch das Wasser nach oben. Sie hustete und ihr Atem ging flach. Sie hatten sie also doch erwischt. Perle wurde schlaff und gab endlich auf.
    »Also los«, brachte sie heiser hervor. »Ihr Schweine, ihr Khota -tötet mich jetzt.«
    »Das geht leider nicht«, sagte eine tiefe Stimme aus dem Dünkel, und starke Arme zogen sie in ein Kanu.

22. KAPITEL
    Grizzlyzahn hatte seine Pflichten erfüllt, den Geistern der Ahnen auf dem Großen Grabhügel für die heile Rückkehr gedankt und ihnen Nahrung, Kupfer und Glimmer geopfert, als er den schwachen Geruch von brennendem Haar wahrnahm, den ihm die Nachtbrise zutrug. Eine Ahnung hatte ihn bewogen, zum Haus von Wolf der Toten zurückzulaufen. So hatte er als erster die Flammen gesehen, die das Haus in eine riesige Fackel verwandelt hatten.
    Er fing an zu rennen und konnte zunächst nicht glauben, was er sah. Das Haus des Clanführers brannte? Wie konnte das geschehen?
    Perle!
    Grizzlyzahn hatte das Gesicht des Mädchen beobachtet, als Wolf der Toten sie genommen hatte - wie ein Leitwolf von hinten. Sein Rudel hatte ihm dabei zugesehen, und er hatte ihnen damit seine Vormachtstellung bewiesen.
    Grizzlyzahn hatte allmählich Verständnis für Perle gehabt und dann sogar Achtung. Die furchtbare Angst und das Entsetzen auf ihrem Gesicht, als sie ausgezogen und festgehalten wurde, wich einem Ausdruck der Erniedrigung und des Ekels, als Wolf der Toten sie bestieg. Sie hatte dabei so wild geblickt, als hätte sie der Wahnsinn ergriffen.
    Ich hätte sie nicht aus den Augen lassen dürfen.
    Schon während er zu dem brennenden Haus lief, wußte er, daß nichts mehr zu retten war. Andere kamen angerannt und starrten voller Unverständnis auf das prasselnde Inferno.
    »Habt ihr Wolf der Toten gesehen?« wollte er wissen. Aber noch bevor jemand antworten konnte, stürzte er sich in die Flammen.
    Rauch und wirbelnde Funken trübten ihm die Sicht. Er hob die Arme, um sich gegen die Hitze zu schützen. Dann sah er seinen Anführer auf dem Boden liegen. Er beugte sich herab, die wäßrigen Augen zu Schlitzen verengt, und zog Wolf der Toten aus der lodernden

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