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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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aufhielt, handwerkliche Opfergaben herstellte und Familienangelegenheiten besprach.
    Otter sah dichten Rauch aus diesen Häusern aufsteigen. Offensichtlich warteten die Menschen am wärmenden Feuer auf günstigeres Wetter für die Heimfahrt.
    Zum Bau der Familienhäuser wurden mit Grabstöcken im Boden Löcher für die armdicken Stangen vorgebohrt. Grüne, blätterlose Zweige bildeten ein Netzwerk zwischen den Stangen, um den Wänden Halt zu geben; in das Geflecht hatte man schichtweise Grasbüschel eingelegt. Manche Dächer waren mit Rindenstreifen gedeckt, andere mit dem Heu aus dem Flachland an den Bächen.
    Otter stapfte durch den Schlamm zu einem Durchgang in dem brusthohen Wall, der den gesamten Komplex umgab. Durch Öffnungen im Wall konnte man die Sonnenaufgänge und -Untergänge an den heiligen Tagen beobachten.
    Otter blieb stehen und schaute über den hochwasserführenden Fluß zurück. Von dieser Höhe war der Besitz des Riesenschilfclans nicht zu sehen, nur schwarze Schwaden hinter dem Regenvorhang zeigten seine Lage an.
    Jetzt würde sich Viertöter an sein neues Leben gewöhnen und daran, daß frühere Freunde nun Verwandte waren. Mit der Hochzeit hatte sich die Beziehung zu seiner Schwiegermutter für immer verändert. Vorbei die Scherze und Neckereien, die ihnen soviel Spaß gemacht hatten. Nun würde ihr Viertöter ganz bewußt aus dem Weg gehen, es vermeiden, ihr in die Augen zu sehen, und sie nie mehr ansprechen. Von ihrem Besitz wurde nichts angerührt, und jeder Verkehr zwischen ihnen bedurfte eines Vermittlers.
    Das war die Sitte. Wenn man seiner Schwiegermutter aus dem Weg ging, sicherte man sich die häusliche Ruhe. Gewann ein Mann die Mutter seiner Frau jedoch lieb, konnte er sich das Recht erkaufen, sie direkt anzusprechen.
    Dem Ritus gemäß grüßte Otter murmelnd die Ahnen, deren Geister das Gelände durchstreiften, und stieß dann einen mehrtönigen Pfiff aus. Schnapper, sein struppiger schwarz-weiß-brauner Hund, stürzte aus dem Lagerraum auf ihn zu und begrüßte seinen Herrn überschwenglich.
    »Hast du auch schön aufgepaßt? Keine Ratten reingelassen? Aufgepaßt, daß kein Dieb unsere Muschelschalen stiehlt?«
    Schnapper jaulte, drehte sich um sich selbst und sprang an Otter hoch. Sein dichtes Fell war seidig schwarz, Hals und Kragen weiß, auf Beinen, Stirn und Schnauze hatte er braune Flecken. Ein guter Händlerhund würde die Waren seines Herrn unter Einsatz seines Lebens bewachen und verteidigen.
    Schnapper war einer der besten Hunde, die Otter kannte. Seit sechs Jahren befuhren sie nun schon zusammen die Flüsse, einmal waren sie sogar bis zu den Sandlagunen im Land der Manatees gekommen.
    Otter kraulte Schnapper hinter den Ohren, bis der Hund den Streifen gebratenen Schildkrötenfleischs in seiner Gürteltasche gewittert hatte.
    »Na, was ist das? Ja, ein Häppchen vom Hochzeitsessen!« Er holte den Leckerbissen hervor. Und Schnapper zitterte vor freudiger Erwartung.
    »Sitz! So ist's gut. Jetzt… warte!« Otter legte das Stück Fleisch auf Schnappers Schnauze. »Jetzt!«
    Otter klatschte in die Hände.
    Blitzschnell schnappte der Hund das Schildkrötenfleisch.
    »Gut gemacht!« sagte Otter lobend, als er mit dem Hund spielte. »Sei nur genauso schnell, wenn es darum geht, einen Dieb zu erwischen.«
    »He!« rief Eichelhäher aus der Tür des Clanhauses. »Großmutter möchte, daß du kommst. Wir warten alle auf dich.«
    »Komme gleich, muß nur noch nach meinen Packen sehen.«
    Otter ging zum Vorratshaus, und Schnapper lief tänzelnd hinter ihm her. Im Vorratshaus lagen seine Güter geschützt vor Sonne und Wind, und der erhöhte Boden ließ die Luft zirkulieren, so daß sich kein Schimmel bilden konnte. Ein Blick zeigte Otter, daß alles noch so war, wie er es zurückgelassen hatte.
    Schnapper beobachtete ihn wachsam und wedelte erwartungsvoll mit seinem Schwanz. Otter lächelte.
    Er kannte dieses Verhalten. Schnapper wartete darauf, daß Otter seine Packen zum Fluß bringen würde - ein untrügliches Zeichen des Aufbruchs.
    »Schnapper! Paß jetzt auf die Bündel auf!«
    Schnapper knurrte, hastete die Stangenleiter hinauf und setzte sich auf den Packen an der Tür. Otter aber wandte seine Schritte zum Clanhaus.
    Das Clanhaus war sowohl Treffpunkt als auch Gästehaus. Als Führerin des Clans mußte Gelbes Schilfrohr im Haus nichts tun. Was sie brauchte, besorgten ihr ihre Nachkommen.
    Der viereckige Bau hatte abgerundete Ecken. Sein Innenraum war zwanzig Schritte lang und

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