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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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hatte die Macht innerhalb des Clans. Weitere Vettern, einschließlich Sechsmuschel, Kleine Warze und Drei Reiher standen gedrängt mit ihren Familien an den Wänden.
    »Endlich!« rief Großmutter, als sie durch die Hängetür in den Raum trat. »Zufrieden mit dem Regen, Enkel? Du hast so lange draußen gestanden - fast hättest du noch Wurzeln geschlagen.«
    Otter grinste verlegen. »Ich hab noch nach meinen Warenbündeln geschaut.«
    Sie nickte zwar, durchschaute aber seine Lüge. Mit vom Alter geplagten Beinen ging sie an Verwandten vorbei, die ihr Respekt erwiesen, zur Mitte des Raums und ließ sich mit Blaue Kannes Hilfe auf dem mit Rohrkolbenblättern gefüllten Kissen nieder.
    Mit knochigen Fingern strich sie den rotgelben Rock über ihrem Schoß glatt und sah in die Runde. Mit klarem Blick erfaßte sie jeden, nickte dabei fast unmerklich und spitzte die Lippen über dem verrunzelten, zahnlosen Mund.
    Großmutter wartete geduldig, bis Tonschale und Entenflügel den letzten in Blätter gewickelten Fisch in den Herd gelegt hatten. Aus der Grube stieg Dampf auf, der nach gerösteten Pasteten roch.
    »Also…«, begann Großmutter, »mögen die Ahnen und die Geister uns Gesundheit und Frieden bescheren. Mögen die Früchte auf unseren Felder wachsen und unsere Netze aus den Gewässern voll eingeholt werden. Möge das Wild in den Wäldern sich reich vermehren. Mögen die Enten, Gänse und Truthähne zu unseren Gewässern, Wäldern und Feldern zurückkehren. Möge die Große Sonne unsere wachsenden Pflanzen segnen und unsere Kürbisse zur Reife bringen. Mögen die Segnungen dieses und des nächsten Lebens uns zuteil werden. Erster Mann, führe uns, und ihr Ahnen, hört unser Gebet und beschützt uns vor dem Übel.«
    Dann stimmte die alte Frau, den üblichen Segnungsgesang des Clans an, den Bunte Krähe die Menschen vor Beginn der Zeit gelehrt hatte.
    Nach dieser Pflichtübung holte Großmutter aus ihrer Gürteltasche eine aus rötlich braunem Schiefer wunderbar geschnitzte Steinpfeife, die Otter weit oben am Schlangenfluß im Tauschhandel erworben hatte. Ihr flacher Stiel trug einen fein ausgearbeiteten Falkenkopf. Großmutter stopfte etwas Tabak in den Pfeifenkopf und nickte, als Entenflügel ihr etwas Glutasche brachte. Sie paffte, blies den Rauch zur Decke, zum Boden und in die vier Himmelsrichtungen.
    Dann wurde die Pfeife Otter gereicht. Er paffte und inhalierte den süßen Rauch des Tabaks, den er aus dem Süden mitgebracht hatte. Bedachtsam stieß er den Rauch in die heiligen Himmelsrichtungen aus und gab Großmutter die Pfeife zurück. »Also gut«, sagte die alte Frau. »Wir hatten eine schöne Hochzeitszeremonie, es war eine großartige Feier. Alle haben Yaupon getrunken, und unsere Herzen, unsere Seelen und unsere Gesänge waren rein. Möge diese Vereinigung immer vom Glück begleitet sein.«
    Ihr Blick, scharf wie Obsidian, ruhte auf Otter, und sie sagte: »Nun haben wir endlich Zeit, Otter anzuhören. Er ist gerade von den Dörfern des Alligatorclans an der Flußmündung zurückgekehrt. Er bringt uns Muscheln und heiligen Yaupon mit, ferner getrockneten Fisch, bunte Federn und vieles andere. Enkel, erzähle uns, was du auf dem Fluß gehört hast, und schlag uns vor, was wir mit den wunderbaren Geschenken machen sollen, die du uns gebracht hast.«
    Otter trat vor. Er stand jetzt seiner Großmutter gegenüber, schaute seine Familie an und setzte sich dann dort hin, wo ihn jeder sehen konnte.
    Wie es sich gehörte, begann er von Anfang an: »Ich fuhr flußabwärts, viermal zehn Tage lang. Als ich die Alligatorclans erreicht hatte, fragte ich nach Moorbär, das ist der Häuptling. Er begrüßte mich herzlich wie immer, bot mir Essen und einen trockenen Schlafplatz an.
    In den nächsten Wochen bot ich die Kupferplatte, feine Stoffe, Bleiglanz, Töpferwaren und andere Güter, die ich mit Erlaubnis des Weißmuschelclans flußabwärts bringen durfte, zum Tausch an. Dafür bekam ich wunderbare Muscheln, Tabak, rohen Yaupon, Haifischzähne und viele andere Waren, die weiter flußaufwärts sehr begehrt sind. Mit der Erlaubnis des Clans will ich diese Güter nach Norden bringen, um sie im Kupferland anzubieten.«
    Großmutter schaute umher und zuckte mit den Achseln. »Der Clan wird diesen Antrag prüfen.« Sie sah ihn gespannt an. »Was hast du im Süden gehört, Otter? Was hast du erfahren? Welchen Rat gibst du uns für das kommende Jahr?«
    Otter überlegte kurz. Er hatte erwartet, daß man ihm sofort

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