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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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dir dann wohler?«
    »Ich würde auf der Stelle kehrtmachen und zur Sternhimmelstadt zurücklaufen, zurück ins Haus meines Vaters.«
    »Das hab ich mir gedacht. Du willst die Zukunft gar nicht kennen. Kein Mensch will das.«
    »Aber du kennst sie offenbar und gehst trotzdem weiter. Wenn wir auf den Sonnenhügeln angekommen sind und Glimmervogel mit seiner Maske gegenüberstehen - das wird dir nicht angenehm sein.«
    »Bestimmt nicht«, stimmte er ihr seufzend zu. »Du mußt aber wissen, daß ich keine Ahnung habe, wie es am Ende ausgeht. Ich weiß nur, was wahrscheinlich ist. Trotzdem - ich habe in dieser Sache freiwillig Verantwortung übernommen.«
    »Warum nur, Langer Mann? Das ist eine gefährliche Sache. Was geht sie dich an?«
    »Das Leid anderer geht jeden Menschen etwas an, Sternmuschel. Mit einigem Mut kann man anderen Menschen viel Leid ersparen. Dafür nimmt man das Risiko in Kauf, meinst du nicht?«
    »Ich… ich weiß nicht.« Nachdenklich kniff sie die Augen zusammen. »Kannst du nicht eine Andeutung machen? Was erwartet uns? Er wird uns doch nicht töten, oder?«
    Langer Mann seufzte. »Nun gut, eines kann ich dir verraten: Ich verspreche dir, daß du nicht durch seine Hände stirbst. Aber mit unserer Ankunft auf den Sonnenhügeln beginnt für dich zugleich die schrecklichste Zeit deines Lebens.«
    Jetzt konnte sie das Clanhaus sehen. Noch zwei Tage, dann würden sie die Sonnenhügel erreichen.
    Was bedeutete das für sie? Für ihre Tochter? Würde sie je wieder ein Lächeln auf Silberwassers Gesicht sehen? Oder würde sie ihre Tochter in Not und Elend stürzen?
    »Ich hoffe nur, daß du dich irrst, Langer Mann.«
    »Ich auch«, aber das klang nicht hoffnungsvoll.
    Otter trat ins Haus des Weißmuschelclans. Die feuchtwarme Luft roch nach gewürztem Essen, Holzfeuerrauch und nasser Kleidung, das Ganze von süßlichem Tabakrauch durchzogen. In der Mitte des Raums loderte ein prasselndes Feuer. Viele hatten sich schon auf den Wandbänken niedergelassen oder sich auf den Boden gesetzt. Zwei Töchter von Blaue Kanne, Tonschale und Entenflügel, kümmerten sich um den Herd in der Erde; sie wickelten Pastetchen aus Gänsefuß- und Pfauengrasmehl in Blätter und legten sie auf die Tonplatten.
    Weitere Backplatten wurden über die Pastetchen gedeckt, darüber goß man Wasser, das sofort verdampfte. Pastetchen und Backplatten wurden aufeinander geschichtet, bis der Herd voll war. Der Inhalt dampfte und backte dann mehrere Stunden lang.
    Als Otter seinen durchnäßten Fuchspelzumhang auszog, nahm er mit einem schnellen Rundblick den Raum auf. Seit letzten Herbst hatte sich nicht viel verändert. Kürbisflaschen hingen gebündelt unter dem Dach. Die meisten waren voller Samenkörner, die Großmutter teils als Arznei, teils zum Essen verwendete. Andere enthielten Blätter, Blumen, Pollen und mineralische Pulver in verschiedenen Farben, um Stoffe zu färben. Netze mit Nüssen, getrockneten Himbeeren, Zürgelbaumbeeren und Pflaumen hingen in der Nähe der Tür. Stränge getrockneter Zwiebeln baumelten herab wie geschrumpfte weiße Holzperlen. Ruß hatte einen Großteil des Dachstrohs, der Dachstangen und Stricke geschwärzt. Die dauernde Räucherung des Dachs vertrieb Spinnen und Insekten und verhinderte Fäulnis und Pilzbefall.
    Die Rohrwände waren mit den leuchtenden geometrischen Mustern bemalt, die auch die Frauen in ihre feinen Stoffe webten. Zickzackleiste, Dreieck- und Blitzformen waren typisch für die Arbeiten des Weißmuschelclans.
    Die Clanführer saßen im hinteren Teil des Raums auf dem Boden. Blaue Kanne, Otters Mutter, hatte sich auf einer Schilfmatte neben dem Stoffkissen, auf dem gewöhnlich Großmutter saß, niedergelassen. Rundkorn und Rote Farbe, Otters Tanten, saßen auf ihren Plätzen zur Rechten von Großmutters Kissen.
    Viele Schildkröten, Otters hochgewachsener muskulöser Vater, saß hinter Blaue Kanne. Wind und Wetter hatten seine Gesichtshaut wie walnußbraunes Leder gegerbt. Seine hellen Augen waren fest auf Otter gerichtet, forschend und wissend.
    Schwerer Fels, Otters Onkel, saß auf seinem Platz hinter Rundkorn. Er war ein rundlicher Mann mit freundlichem Gesicht; seine Augen, unter schweren Lidern, funkelten belustigt. Er kannte alle Stellen, an denen sich die Fische sammelten, und konnte einen Puma auch über blankem Stein aufspüren.
    Neben ihm saß Eichelhäher, Rundkorns Sohn.
    Zusammen mit Tante Rote Farbe und ihrem Mann, Gestreifter Vogel, war das die engste Familie; sie

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