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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Dorf ging. Sie ging so merkwürdig. Ihr Gang war viel zu ungelenk, sie war schon als kleines Mädchen ungemein anmutig. Ich folgte ihr, weil ich dachte, dass sie vielleicht im Schlaf wandelte und sich dabei verletzen könnte. Am Waldrand sprach ich sie an, aber sie starrte mich mit glasigen Augen an. Als sie an mir vorbeiging, folgte ich ihr, aber mit großem Abstand, damit sie beim plötzlichen Aufwachen nicht erschrak.«
    Teichläufer streckte sich Schote gegenüber aus und legte die bloßen Füße näher ans Feuer. Schote sprach mit leiser Stimme. Trotz der Kälte spürte er Schweiß auf dem Gesicht. Er befeuchtete die Lippen und fuhr absichtslos mit den Fingern über die Matte vor sich, wie ein Blinder, der nach etwas Verlorenem sucht. Und vielleicht hatte er etwas verloren. Nach jener Nacht war er ein anderer Mensch geworden. War ihm ein Stück seiner Seelen entglitten?
    »Und dann?« drängte ihn Teichläufer. Der Wind blähte seine Kapuze auf.
    »Ich sah Kupferkopf, sah Muschelweiß auf ihn zugehen. Er murmelte etwas, was ich nicht verstand, und ich sah, wie mein kleines Mädchen die Hand nach ihm ausstreckte und wie er sie küsste. Mir wurde fast übel. Dieser große muskulöse Mann beugte sich über - dieses Kind!« Schote blickte mit Entsetzen auf seinen neuen Schwiegersohn. »Dann hörte ich einen Laut, den ich nie vergessen werde, und wenn ich zehnmal zehn Sommer alt werde. Das Blut erstarrte mir in den Adern. Meine Tochter, zehn und einen Sommer alt, lachte wie eine Frau. Verstehst du das, Teichläufer? Es war ein weiches verführerisches Lachen, aber in der Stimme eines Kindes. Als Kupferkopf seine Hand nach ihrer noch kaum erblühten Brust ausstreckte, brach ich aus meinem Versteck hervor und brüllte: Bleib von meiner Tochter weg, sonst bring ich dich um! Kupfer köpf entfernte sich sofort von Muschelweiß, und dann hörte ich ihn murmeln: Geh nach Hause, deine Mutter ruft nach dir. Und sie drehte sich um, stolperte ungeschickt an mir vorbei, mit diesem leeren Gesichtsausdruck, und lief zum Dorf zurück.«
    Schote griff in die Luft, als wollte er dort alles Leben herauspressen. »Ich hätte ihn am liebsten erdrosselt.«
    »Warum hast du's nicht getan? Dafür hätte er bestraft werden müssen. Warum hast du dem Rat der Geistältesten nichts davon berichtet?«
    Die Wut und die Erschütterung auf Teichläufers jungem Gesicht beschämten Schote. Er hatte sich selbst oft gefragt, warum.
    »Das war nicht so einfach, Teichläufer.« Er stützte seine Hände auf die Bodenmatten. »Ich versuche immer, gerecht zu sein - und manchmal bin ich vielleicht übertrieben gerecht. In meinen Seelen habe ich diesen Abend wieder und wieder erlebt, und nach vielem Nachdenken war ich nicht mehr so sicher, dass das Gesehene tatsächlich Hexenwerk war. Es war wohl eher jugendliche Unbesonnenheit.
    Hexerei ist ein so verabscheuungswürdiges Verbrechen, und davon bleibt auch etwas an dem verhexten Opfer hängen. Ich wusste, wenn jemand entdeckt, dass Muschelweiß verhext worden ist, wird man sie fürchten wie den Hexenmeister oder die Hexe selbst. Die Leute würden sie vielleicht sogar töten, um sich vor ihr zu schützen.«
    Teichläufer fragte: »Du meinst, weil jemand, der verhext worden ist, Unheil über das Dorf bringen kann?«
    Schote nickte. »Ja.«
    »Hast du Kupferkopf deswegen zur Rede gestellt?«
    »Natürlich.« Schote seufzte. »Ich beschuldigte ihn, meine Tochter verhext zu haben, aber das stritt er heftig ab und brüllte, dass er sie liebe. Doch er versprach, sie nie mehr zu sehen, bis sie eine Frau geworden wäre. Er hat das Versprechen tatsächlich gehalten.«
    »Wirklich?«
    »Ja. In den nächsten zwei Sommern habe ich ihn wirklich nicht mehr gesehen. Allerdings erschien er in unserem Frühlingsdorf, sowie sie ihre erste Blutung gehabt hatte. Das weiß ich noch sehr genau.«
    Seine Gedanken schweiften wieder ab in die Erinnerung. Da war ein anderer Frühlingstag. Kindliches Kichern von den drei neuen Frauen drang aus der Menstruationshütte. Donnerwolke platzte vor Stolz.
    Sie hatte seit Tagen gekocht, um ein großes Festmahl vorzubereiten.
    »Als Muschelweiß aus der heiligen Hütte trat, war Kupferkopf da. Er wartete auf sie.« Schotes Gesicht zerfiel zu einer Fläche voller Falten und Runzeln. Er schwenkte sein Kürbisgefäß ungeschickt hin und her und trank es leer.
    Teichläufer blickte gespannt auf Schote. »Und Muschelweiß erinnert sich an nichts?«
    Das Feuer flammte auf, der Schein erhellte die

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