Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
geplant und gebetet, um den Windeck-Clan stark zu machen.
Und hatten versagt.
Die kläglichen Reste des Clans standen am Ufer: vier Frauen, sieben Kinder und sechs Männer. Alle hatten ihre schönsten Gewänder angelegt. Leuchtendes Scharlachrot, Dunkelgrün und herrliches Blau glänzte in den fahlen Sonnenstrahlen, die durch die dünne Wolkenschicht drangen. Der stechende Geruch von Torf und feuchtem Waldboden stieg ihm in die Nase. Schote atmete tief ein, um Haltung zu bewahren. Den ganzen Morgen hatte er im Gewebe seiner Erinnerungen gelebt, Eschenblatts Lachen gehört, des Freundes liebevolle Hand auf seiner Schulter gespürt und des alten Mannes funkelnde Augen gesehen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie die Welt ohne Eschenblatts Herzenswärme und Humor aussehen würde; nur kälter würde sie sein.
Eulenfalter und Stacheljunge standen weit rechts von ihm, in einem dicken Haufen Herbstlaub. Über ihren Köpfen verschlangen sich die krummen Zweige einer uralten Eiche. Beide trugen rot, die Farbe des Lebens, und Eulenfalter stützte sich auf einen Wanderstab; Schweiß bedeckte seine Stirn, ein Zeichen seiner Schmerzen, und das Blut hatte den frischen Verband um sein Bein wieder rot gefärbt.
Er hätte nicht kommen sollen. Der Gang zum Teich, obgleich er kurz war, hatte ihn geschwächt, und er zitterte. Dabei brauchte er jedes bisschen Kraft für den Marsch zur Lagune der Seekuh. Aber er hatte unbedingt mitkommen wollen, es waren ja auch seine geliebten Verwandten, wie er sagte. Er wollte anwesend sein, wenn sie durch das Tor ins Jenseits eingingen. Widerstrebend hatte Schote eingewilligt.
Seeigel watete ins Wasser zu Schote und ging vorsichtig um die anderen Bestattungsrahmen herum, die sie am Morgen ins Wasser gelassen hatten. Vor Tagesanbruch hatten sie Eschenlaub in sein schönstes Gewand mit seiner Lieblingskapuze gekleidet und dann seine kostbarste Habe um ihn herumgelegt, Dinge, die er im Dorf der Verwundeten Seelen noch brauchen würde: sein Atlatl mit dem Haken aus einer Geweihsprosse, zwei Muschelkratzer, einen Wolfszahn, mit Kiefernpech auf einen Griff geklebt, um Löcher in Leder zu bohren, eine Haarbürste aus schnurgebündelter Palmenrinde, bündig glatt gebrannt, und zwei Ahlen aus Hundeellenknochen. Als diese Gegenstände sauber angeordnet dalagen, hatte der Clan seine Knie gebogen und in drei warme Decken eingewickelt. Das Bündel, das Seeigel trug, sah klein und leicht aus.
Seeigel kniete im Wasser und legte die eingehüllte Leiche behutsam nieder, dann schwang Schote den Sack mit den feuergeschärften Stecken von der Schulter und kniete sich vor Seeigel.
»Wir wollen ihn untertauchen«, murmelte Schote, und zusammen drückten sie Eschenblatt unter die grüne Wasseroberfläche, darauf achtend, dass er auf der linken Seite lag, den Kopf nach Westen und das Gesicht nach Norden ausgerichtet, wo der Tunnel lag, den er durchschwimmen musste, um zum Dorf der Verwundeten Seelen zu kommen. Die Menschen drängten sich bis zum Rand des Teichs und schauten mit Tränen in den Augen hinein. Zwei Frauen schluchzten ungehemmt, und einige Kinder wimmerten.
Schote öffnete seinen Beutel und entnahm ihm zweimal zehn Stecken. Die Hälfte reichte er Seeigel und sagte: »Ich kümmere mich um die untere Hälfte, wenn du die obere Hälfte übernimmst.«
»Ja, Ältester«, erwiderte der kleine, stämmige Krieger. Er zog die dunklen Brauen zusammen und begann, Eschenblatt am Grund festzustecken.
Es bedurfte keiner großen Mühe. Der Boden des Teichs war so weich, und die Stäbe waren so spitz, dass Schote sie nur noch durch die Ecken der äußersten Decke in den klebrigen Torf zu treiben brauchte. Als er und Seeigel fertig waren, umgab ein Kreis von Stecken Eschenblatts Leiche.
Schote stand auf und blickte nach Norden zur Menge hin. »Wir wollen ihn ins Jenseits singen«, sagte er ruhig und fing mit dem Totengesang an:
Mit den lebenden Wassern bin ich gekommen, Um die heilende Kraft der Wölfe zu geben, die heilende Kraft der Wölfe des lebenden Wassers. Schau nordwärts, Eschenblatt, den Pfad der lebenden Wasser hinab zu den Wölfen des Dorfs der Verwundeten Seelen. Hörst du sie rufen?
Sie rufen dich, Eschenblatt,
rufen und rufen. Dein Schutzgeist war der Otter.
Wart auf den Otter,
er zeigt dir den Weg.
Wart auf den Otter, wart auf den Otter,
er zeigt dir den Weg durch die lebenden Wasser zum Dorf der Wölfe des lebenden Wassers.
Zum letzten Mal beugte sich Schote hinab und legte seinem guten Freund
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