Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
größter Vorsicht gehen, damit wir keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Nur kämpfen - ich glaube nicht, dass ich dazu in der Lage bin, sicherlich nicht in den nächsten Tagen.«
»Ich verstehe. Ich verspreche dir, dass ich sehr vorsichtig sein werde.«
Muschelweiß griff schwach nach seiner Hand, und Teichläufer nahm sanft ihre Finger. Sie murmelte:
»Ich weiß das. Aber trotzdem, der Marsch wird nicht einfach sein. Wenn Kupferkopf erst erfahren hat, was in Windeck geschehen ist, dann sind vielleicht Trupps unterwegs, die die Wälder nach uns durchkämmen.«
»Warum? Warum sollten sie?«
»Er weiß, dass ich kommen werde. Und er -«
»Woher soll er das wissen?«
Sie drückte seine Hand und starrte geradeaus, das Gesicht so bleich, als zöge vor ihrem inneren Auge plötzlich eine unheimliche Gewissheit vorbei. Teichläufer hielt den Atem an. Als ihr Blick zu ihm zurückglitt, runzelte sie die Stirn.
»Alles, was er getan hat, der Überfall auf meinen Erkundungstrupp, die Gefangennahme von Tauchvogel, der Läufer, der uns Nachricht gab, dass Tauchvogel noch lebte, der Überfall auf Windeck - mit all dem, Teichläufer, will er mich dazu zwingen, zu ihm zu kommen.«
Angsterfüllt sah er sie an. »Warum?«
Sie schüttelte schwach den Kopf. »Er braucht mich. Ich weiß nicht, warum. Aber ich weiß, wie er denkt. Er braucht mich sehr dringend, sonst hätte er sich nicht diese Mühe gemacht.«
Ein seltsames Leuchten trat in ihre Augen; Teichläufers Seelen schraken zusammen. Doch tapfer fragte er: »Willst du zu ihm gehen?«
»Nichts in der Welt wünschte ich weniger, Teichläufer.«
»Aber ich verstehe dich nicht. Du hast niemals aufgehört, ihn zu lieben, hast du gesagt. Und wenn er dich braucht -«
»Teichläufer«, sagte sie mit bebender Stimme, »es gibt sehr viel mehr Dinge auf der Welt als Liebe und Notwendigkeit.«
Teichläufer setzte sich mit untergeschlagenen Beinen neben sie. Wie immer, wenn er zum Ausdruck bringen wollte, was er wirklich meinte, sprach er sanft. »Ich würde sehr gern mehr über diese Dinge erfahren. Ich glaube, ich müsste mehr von der Welt wissen - und von Kupferkopf.«
Das schräg einfallende Licht wanderte, und wieder fielen graue Schatten über ihr Gesicht. Sie seufzte und zitterte am ganzen Leib, als sie sich zwang, auf die Seite zu rollen und nach ihrem Teebecher zu greifen. Sie hob ihn zu den Lippen und verschüttete dabei ein wenig.
»Oh, ich will dir helfen«, sagte Teichläufer und sprang auf.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss das allein machen. Aber ich danke dir.«
Ihre Hand zitterte derart, dass der Tee über ihr Kinn rann und auf ihre Decke spritzte, aber sie brachte es fertig, den Becher auszutrinken. Ganz langsam sank sie zurück und stellte den Becher beiseite. Sie schloss die Augen und verzog das Gesicht, als wartete sie darauf, dass der Schmerz verging.
Teichläufer beobachtete sie gebannt. »Was ist da noch, außer Liebe und Notwendigkeit? Welches Gefühl ist wohl«, er dachte nach, »das mächtigste?«
Sie schloss die Augen. »Hass«, sagte sie leise.
»Hass? Hass worauf, Muschelweiß?«
Sie machte eine Bewegung, die er für ein Achselzucken hielt, und er runzelte die Stirn. Er zog die Beine an, legte die Arme darum und stützte das Kinn auf die Knie. »Warum würde jemand zulassen, dass der Hass -«
»Weil ihm nichts anderes mehr geblieben ist.«
Eine scharfe Falte trat auf seine Stirn, und er dachte daran, was die Schildpattpuppe ihm über die Qual gesagt hatte: Wenn dir nur noch die Qualen bleiben, dann wagst du es nicht, sie aufzugeben. Sonst hast du nämlich gar nichts mehr.
Teichläufer nahm ihre Hand und hielt sie zärtlich an seine kühle Wange. »Geht es dir besser?«
»Etwas besser«, sagte sie und lächelte. »Mein Magen hat sich wieder beruhigt. Aber versprechen kann ich nichts. Vielleicht kommt der Augenblick, wo du schnell von deinem Platz verschwinden musst, weil ich ihn selber brauche.«
Seine Sorge verwandelte sich in Heiterkeit. Er strahlte sie an und küsste ihre Finger. »Keine Angst, notfalls kann ich sehr schnell sein.«
»Trotz der Übelkeit und den Kopfschmerzen geht es mir heute wirklich besser, Teichläufer. Viel besser. Das ist ein gutes Zeichen.« Sie seufzte. »Du musst gestern Nacht mit einer geistigen Kraft auf mich eingewirkt haben, aber ich erinnere mich nicht daran.«
Die Brise trug den Geruch von etwas Verbranntem heran. Er ließ ihre Hand los, sprang auf und rief:
»Ich habe die Fische
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