Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
Abend essen lassen und zu Bett gebracht. Aber er schlief schon in meinen Armen ein, bevor er mit seinem getrockneten Rotbarsch fertig war. Er war sehr müde.«
Eulenfalter lächelte, und Rotalge sah den Verband an seinem Bein. Er war verwundet worden, obwohl er ganz gut zu gehen schien, nur etwas steif. Sie betrachtete forschend sein Gesicht im Feuerschein.
Was für ein hübscher junger Mann. Er sah Muschelweiß sehr ähnlich, mit einem ovalen Gesicht und einer Stupsnase. Er hatte langes schwarzes Haar, das ihm zum Zopf gebunden über den Rücken hing.
Eulenfalter bemerkte ihren Blick und lächelte. Rotalge schaute errötend zur Seite.
Schote hatte den Blickwechsel wahrgenommen. »Setz dich, Enkel«, sagte er. »Den Kommandanten Schwanzfeder kennst du schon. Ich möchte dich Teichläufers Schwester Rotalge vorstellen, und das ist ihr Freund Häsling.«
Eulenfalter packte Häslings Hand mit festem Griff. »Häsling, ich danke dir, dass du gekommen bist, um uns zu helfen.«
Häsling nickte. »Ich freue mich, wenn ich euch in irgendeiner Weise nützlich sein kann.«
Dann ergriff Eulenfalter Rotalges Hand. Dabei zog er seine struppigen Brauen tief hinab, etwas besorgt, doch seine vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Rotalge, auch dir muss ich danken. Ich habe deinen Bruder noch nicht lange gekannt, aber ich habe ihn als Freund betrachtet.
Auch wir beide, hoffe ich, werden Freunde sein.«
Sie nahm seine Hand, die sich warm und stark anfühlte. »Das hoffe ich auch, Eulenfalter«, erwiderte sie.
Er ließ sich neben Häsling nieder, so dass er sein verletztes Bein gerade ausstrecken konnte.
»Jedenfalls«, sagte Schote zu Schwanzfeder, der gebannt zuhörte, »einen der Männer, die meine Tochter bedrohten, habe ich töten können. Aber dann kam Teichläufer! Teichläufer - er kam aus seinem Versteck, breitete die Arme aus und marschierte mitten in den Kampf.«
Schwanzfeder stand der Mund offen. »Teichläufer? Ist das der Weiße Blitzjünger, den ich kenne? Der sich vor seinen eigenen Seelen fürchtet, wenn sie ihm aus einem Muschelspiegel entgegenlächeln?«
Rotalge blickte ihn finster an und sah, dass Eulenfalter den Kopf senkte, um ein Lächeln zu verbergen.
Häsling schaute von einem zum andern und runzelte die Stirn.
»O ja«, fuhr Schote fort. Die Meerbrise spielte mit seinen weißen Haaren, die ihm um die Wangen flatterten. »Und als Teichläufer da herauskam, sage ich euch, da haben die Krieger von Kupferkopf aufgeschrien und sind gerannt wie ein Rudel Coyoten, das von einem Spuk gejagt wird. Also ich hätte nie gedacht, dass Teichläufer so einen Mut beweist. Er -«
»Teichläufer ist sehr mutig«, sagte Rotalge ruhig. »Es hat sich nur noch nicht herumgesprochen, weil er auch so zart fühlend und weichherzig ist. Stimmt's, Häsling?«
Häsling nickte. »Absolut!«
Schote tätschelte Rotalges Kopf. »Es sollte nicht so klingen, als wollte ich deinen Bruder herabwürdigen. Teichläufer hat an jenem Tag vielen Leuten das Leben gerettet, Rotalge. Der ganze Windeck-Clan ist ihm für seine Tapferkeit dankbar.« Er lächelte Schwanzfeder an. »Als Kupferkopfs Krieger geflohen waren, hat Muschelweiß sie in den Wald verfolgt, und ich bin dann …«
Rotalge warf einen Blick auf Eulenfalter, der sie dauernd ansah. Er wirkte verschüchtert, aber im nächsten Augenblick schien er sie wieder zu bewundern, und seine Unsicherheit über sein neues Interesse war offenbar genauso groß wie die ihre. Sie schätzte sein Alter auf zehn und sechs oder zehn und sieben Sommer. Alt genug, um verheiratet zu sein. Ob er verheiratet war?
Häsling beugte sich vor und flüsterte: »Jetzt weiß ich, dass Teichläufer in Sicherheit ist, und jetzt werde ich das Lager aufschlagen und Abendessen machen. Kommst du mit?«
Sie flüsterte zurück: »Ich komme gleich.«
Häsling rutschte zu ihr hinüber; er hielt seine Hand wie ein Trichter an ihr Ohr und fragte: »Alles in Ordnung mit dir?« Mit einer unmerklichen Kopfbewegung wies er auf Eulenfalter.
Erstaunt hob sie die Brauen; was in aller Welt er wohl damit meinte, schien ihr Blick zu fragen.
Häsling zuckte die Achseln, wirkte aber immer noch etwas beunruhigt. Er stand auf, verbeugte sich höflich vor Schote und Schwanzfeder, die sein Aufstehen offenbar gar nicht zur Kenntnis genommen hatten. Schote fuhr mit seiner Geschichte fort und beschrieb anschaulich, wie er nach dem Kampf die Schäden besichtigt hatte, und Schwanzfeder legte dauernd Holz aufs Feuer
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