Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
Eichenast herunter. Häsling hielt sie beiseite und deutete auf die Halbmondform zweier rechter Sandalenabdrücke im Sand. Eulenfalter schlug Häsling auf den Rücken und überprüfte dann die Strecke von den Leichen über die blutbefleckten Blätter bis zu diesen Abdrücken.
Ahnungsvoll sagte Eulenfalter: »Mutter war in Eile, Häsling. Sie rannte. Siehst du die Schrittlänge hier? Und sie rannte geradeaus. Doch das paßt nicht zu ihr. Nicht, wenn sie auf einem Kriegszug ist.
Über irgendetwas war sie sehr beunruhigt.«
Häsling kam auf die Beine und runzelte die Stirn. »Über etwas am Strand? Da draußen?« Mit dem Kinn wies er auf eine Gruppe von Palmen und Kiefern.
»Sehen wir einmal nach.«
Sie stürmten durch die wilden Ranken eines blühenden Hundstodgewächses. Blütenblätter umflatterten sie; manche landeten auf ihren schweißnassen Schultern und blieben dort kleben wie ein gelb gefleckter Umhang, andere wurden zertreten und hinterließen einen süßen Duft.
Bei den Bäumen schaute sich Eulenfalter um und sagte: »Trennen wir uns, dann können wir den Strand schneller überprüfen.«
»Gute Idee.«
Der Sand glitzerte hellweiß im schrägen Morgenlicht. Eulenfalter untersuchte die Stellen unter tief hängenden Palmbeerentrauben; dort entdeckte er etwas Schwarzes.
»Häsling!« rief er. »Ich habe Holzkohle gefunden. Jemand hat hier Feuer gemacht.«
Häsling lief zu ihm. Sie bückten sich und betrachteten die verkohlten Stücke. Eulenfalter nahm das Messer vom Gürtel und bohrte ein kleines Loch in die Sandschicht, die der Wind hergetragen hatte. Je tiefer er bohrte, umso mehr Holzkohle kam ans Licht. In der alten Feuerstelle lagen noch große Reste.
»Das ist höchstens fünf oder sechs Tage alt.«
Häsling hob den Kopf. »Aber wer hat das Feuer gemacht? Die toten Krieger da hinten?
Muschelweiß?«
Eulenfalter richtete sich auf und band sein Messer wieder an den Gürtel. Die Wogen der Meerfrau, die hier ans Ufer brandeten, waren laut zu hören. »Nein, Häsling«, antwortete er. »Kein Krieger würde sich so einen Platz aussuchen. Er ist zu wenig geschützt. Schau dich um. Feinde könnten sich hier von drei Seiten anschleichen, und das Getöse der Wellen würde ihr Herankommen übertönen. Du wärst tot, bevor du es merkst.«
Hoffnung erhellte Häslings junges Gesicht. »Du glaubst, es war Teichläufer?«
»Das würde die Hast meiner Mutter erklären, nachdem sie die Krieger getötet hatte. Vielleicht fürchtete sie, die könnten ihn entdeckt haben, bevor sie sie gesehen hatte.«
Häsling reckte den Hals und sah zu der Stelle unter den Bäumen, wo die toten Männer lagen. »Aber sie könnte dieses Lager von dort gesehen haben. Wenn sie Teichläufer sehen konnte -«
»Vielleicht war es Nacht, Häsling. Vielleicht hatte er sich in seine Decken gerollt und schlief, und sie wusste nicht, ob er tot oder lebendig war.«
»Vielleicht.«
Ein Lächeln kräuselte Eulenfalters Lippen. »Ich glaube, sie hat ihn gefunden, Häsling. Ich glaube, sie hat ihn gefunden, und nun sind sie beide zusammen.«
Häsling schloss die Augen und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Wenn das stimmt, dann sind sie bereits im Dorf des Stehenden Horns. Wie lange brauchen wir dorthin?«
»Wenn wir unser Tempo beibehalten, zwei Tage.« Unwillkürlich massierte Eulenfalter sein schmerzendes Bein. Nach längerem Gehen war es stets weniger steif, und dann ließ der brennende Schmerz etwas nach. »Und das können wir auch, glaube ich.«
Der Wind schlug Häsling den Zopf gegen den Rücken. »Unter Umständen kommen wir zu spät, um ihnen noch zu helfen. In zwei Tagen könnten sie deinen Vater befreit haben und bereits auf dem Heimweg sein.«
»Oder man hat sie gefangen genommen.«
Dieser Gedanke hatte die ganze Zeit schon Eulenfalters Seelen beunruhigt, obwohl er diese Sorge bislang noch nicht ausgesprochen hatte, wohl weil er sich scheute, die Folgerungen in Betracht zu ziehen. Häsling kniff die Augen zusammen.
»Dann wollen wir uns beeilen«, sagte er. »Kupferkopf steht nicht im Ruf, seine Gefangenen wohlwollend zu behandeln.«
»Nein«, murmelte Eulenfalter und starrte wieder in die alte Feuerstelle.
»Lass uns Rotalge suchen«, meinte Häsling. »Sie fing Kärpflinge in dem kleinen Teich westlich von unserem Lager. Je eher wir gegessen haben und uns auf den Weg machen, umso schneller sind wir im Dorf des Stehenden Horns.«
Häsling wollte sich umdrehen, als Eulenfalter ihn am Arm packte. »Am besten
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