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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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»Teichläufer, heißt das, dass ein Blitzvogel in dir lebt?« Fast schreit sie es heraus und wirbelt herum, um sich zu vergewissern, dass niemand sie gehört hat. Sie senkt ihre Stimme zu einem Wispern. »Willst du das damit sagen? Spricht er zu dir?«
    »Nein, ich höre ihn nur dröhnen.«
    Ich schwenke den Tee in meinem Becher, verteile meine Seele über die Wellen und schaue beiseite.
    Ich habe nicht wirklich gelogen. Manchmal ist es tatsächlich alles, was ich höre, Dröhnen und Donnergrollen. Oft bleibt die Stimme stumm. Aber zu anderen Zeiten, da ruft die Stimme so laut, dass sie die Stimmen meiner Familie übertönt. Ich bin darüber sehr verwundert. Gerade heute Morgen erbebte etwas mitten in meiner Brust. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich habe es den ganzen Tag über in Abständen gespürt. Jedes Mal schießen dabei Lichtpunkte durch mich hindurch wie kleine Blitze.
    Sie tun weh, aber sie sind schön anzusehen. Trotzdem machen sie mir Angst. Ich habe die Befürchtung, dass sich all diese kleinen Blitze bald zu einem großen blendenden Blitzschlag vereinen, der die Welt zerspaltet. Und wenn das geschieht, was wird dann aus mir? Werde ich dann überhaupt noch am Leben sein?
    Rotalge sagt: »Erzähle mir mehr von dem Blitzvogel.
    Was für eine Farbe hat er?«
    Ich hebe verlegen die Schultern. »Können wir von etwas anderem sprechen? Das Thema macht mir Angst.«
    »Ich weiß, weswegen.«
    »Können wir über Muschelweiß reden?«
    Rotalge scheint zu zögern; sie möchte gar zu gern über den Vogel sprechen. Aber sie fragt: »Wie war sie denn? Ihr habt eine ganze Weile miteinander gesprochen.«
    Ich senke den Kopf, mein Kinn ruht auf der Brust. Das Beben fängt wieder an, es steigert sich, droht, mich zu zerreißen. Die kleinen Lichtblitze, sie fliegen in meinem Innern herum. Ich ziehe mir die Decke um die Brust und hoffe, dass Rotalge nur denkt, mir sei kalt. »Ich … ich liebe sie, Rotalge.
    Sie -«
    »Was heißt das? Du hast sie doch gerade erst kennen gelernt. Oh, dir ist kalt, Teichläufer. Ich hole dir schnell noch eine Decke.« Eilig nimmt sie eine.
    Ich lächle. »Ich liebe sie, Rotalge. Ich glaube, ich habe sie schon immer geliebt, seit ich sie zum ersten Mal sah. Ich -« »Dazu braucht man bloß wacklige Knie zu haben, he, großer Bruder?« sagt Rotalge respektlos und schüttelt den Kopf, scheinbar angewidert. Sie breitet die neue Decke über mich. Ich lächle noch mehr. »Ich glaube«, sagt sie, »ich sollte jetzt anfangen, das Abendessen zuzubereiten, sonst kommt Großmutter zurück und dreht mir den Hals um… Sprich weiter, während ich arbeite.«
    Rotalge richtet sich auf und holt die nötigen Geräte, um das Essen zu bereiten. Eine große Holzschale mit frisch gepflückten Pilzen steht neben dem Feuer, Großmutters Lieblingsspeise. Daneben stehen kleinere Schalen mit Hickorynüssen und Kaktusfeigen. Mit einem Stößel stampft Rotalge die Früchte und Nüsse zusammen und macht daraus Klößchen, die zu süßen Kuchen gebacken werden.
    Ich beobachte sie heimlich. Da ist ein Blitzvogeljunges in mir. Weich und sehr tief. Wie ein ferner Sturm, der gerade erst geboren wird. Ich bin zu Tode erschreckt und verzückt, als ob gleich etwas ungeheuer Schönes geschehen würde.
    Und ich weiß weder wann noch wo, noch warum.
    Muschelweiß setzte sich in der Ratshütte in ihren Decken auf und schreckte Schote aus seinem tiefen Schlaf. Er fuhr mit rasendem Herzen hoch und starrte seine Tochter an. Schweiß lief ihr über das schöne Gesicht und befleckte ihr dünnes, fein gewobenes Nachtgewand. Sie zitterte. »Was ist los?«
    fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. Die Leuchtleute flimmerten über dem Dorf. Eine kühle, salzige Brise fuhr gemächlich in alle Richtungen, bewegte die aufgewickelten Schnüre, die an den Pfosten hingen, und spielte mit den Decken der Schlafenden. Muschelweiß griff nach ihrem Atlatl und den Speeren, die neben ihr lagen. Als sie die Waffe fest im Griff hatte, sagte sie: »Ich habe Tauchvogel gehört. Er hat mich gerufen.«
    Schote legte ihr begütigend eine Hand auf den Rücken. »Schon gut. Beruhige dich. So etwas entsteht aus tiefster Verzweiflung.«
    »In meinem Traum …« Ihre Stimme brach. Sie holte tief Luft. »Kupferkopf … Tauchvogel sagte, dass Kupferkopf dauernd über einen Blitzjünger spricht.«
    »Was sagt er von dem Blitzjünger? Meinst du Teichläufer?«
    Muschelweiß schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Aber meine Ängste, Vater, das sind schwarze

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