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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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reibe mir über die wunde Stelle in der Brust.
    »Das hast du auch tatsächlich. Und du musst lernen, mit dieser Seele zu tanzen. So schnell, wie es geht.«
    »Warum? Was macht das für einen Unterschied?«
    Die Schildpattpuppe winselt jetzt auf einem anderen Ton im Takt mit dem Winselgesang der schwingenden Tasche, und dieser Ton ist viel tiefer, er betont die tiefe Stimme der Meerfrau. Nach einigen Partien in diesem Duett hört sie auf und wendet sich wieder zu mir. »Ein großer Sturm ist im Anmarsch, Teichläufer. Es ist die Finsternis in Gestalt eines Sturms, zusammen mit der Kälte, ein eisiger schwarzer Abgrund. Soll die Welt am Leben bleiben, dann braucht sie alles Licht und alle Wärme, die sie bekommen kann. Jedes Strahlen, das in dem winzigen Donnerei entstehen kann, gleicht einem Freudenschrei und einer Verheißung, dass das Leben weitergeht. Merke dir das. Wenn du am Leben bleibst, musst du die Geschichte erzählen.« »Wenn ich am Leben bleibe?«
    »Ich versichere dir, du wirst keine Geschichte zu erzählen haben, wenn du dich weigerst, mit der gleißenden Seele dieses Blitzvogels zu tanzen.« »Aber wie mache ich das?«
    »Als Erstes gibst du deine Menschenfüße auf. Du strengst dich furchtbar an, fest auf dem Boden zu stehen. Du musst lernen, dich aufzuschwingen und zu blitzen und zu donnern.« »Und dann?«
    Die Puppe verzieht das gemalte Gesicht ein wenig. »Wenn du alles vollbracht hast, dann rufe mich!«
    Der Morgen dämmerte kalt herauf, mit dem Geruch fernen Regens, der nach dem Atem der Meerfrau duftete. Tauchvogel atmete tief ein und genoss das Gefühl der sich regenden Lungen. Er lag auf dem Boden der Hütte, auf dem Bauch, und schaute hinaus auf das Meer; seine Füße waren am nordöstlichen Pfosten festgebunden, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die roten Wundstriemen auf Armen und Beinen schmerzten unerträglich, und hohes Fieber röstete seinen Körper. Schweiß rann ihm stechend in die Augen. Verfilzte Stränge von schwarzem Haar fielen ihm über das linke Auge, aber mit dem rechten konnte er die Sonnenmutter sehen, die sich wie ein goldener Streifen über den Horizont schob. Bernsteinfarbenes Licht ergoss sich über das Wasser, flimmernd und glitzernd, und färbte die weißen Wellenkämme gelb. Dünne, leuchtende Wolkenfetzen schienen aus dem tiefblauen Hintergrund hervorzuspringen. O welche Schönheit! Er dankte der Sonnenmutter, die ihm erlaubt hatte, lange genug zu leben, um das bewundern zu können.
    Dass sie ihn folterten, hatte ihm keine Ehre gebracht. Sie versuchten gar nicht, ihm wertvolle Informationen zu entlocken. Kupferkopf wollte lediglich zusehen, wie er gemartert wurde. Er stand daneben, presste die Puppe an seine Brust und wies seine Krieger mit ruhiger Stimme an, wohin - und für wie lange - sie die Glut und die heiße Asche schütten sollten. Der Mann kannte den menschlichen Körper nur allzu gut. Die Quälerei hatte fast bis Mitternacht gedauert. Tauchvogel schluckte; er hatte eine raue Kehle. Er hatte geschrien. Die Scham drückte ihn nieder, aber er hatte geschrien.
    Tauchvogel rieb seine Wange an der kühlen Matte und versuchte, eine bequeme Stellung zu finden; da hörte er Schritte, die sich ihm von hinten näherten. Er bewegte sich nicht. Das brauchte er nicht. Sechs Tage lang war er im Dorf des Stehenden Horns gewesen, und nun kannte er diese weichen, berechneten Schritte sehr genau. Er erschauerte in der Vorahnung des Kommenden. Um sich zu wappnen, wandte er seine ganze Aufmerksamkeit den kreischenden Möwen zu, die über den Strand stolzierten und in der Ebbe nach kleinen gestrandeten Lebewesen suchten. Ihre Federn glänzten schwach golden.
    »Ich wundere mich, dass du wach liegst«, sagte Kupferkopf.
    Er kniete sich vor Tauchvogel auf den Sand und betrachtete seinen Gefangenen. Seine grüne Tunika, mit kleinen purpurnen Barrakuda-Bildern bemalt, war um die Hüften gegürtet mit einer roten Schärpe, die auf der linken Seite verknotet war. Die Enden der Schärpe flatterten im Wind, so wie sein Haar, das er an diesem Tag lose trug. Er blieb lange knien, stumm, wie in tiefen Gedanken, und setzte sich dann anmutig mit untergeschlagenen Beinen hin. Der Perlenschimmer der Morgenröte glitt an seiner glatten Kinnlinie empor, während er Tauchvogel das Haar aus dem Gesicht strich, um ihn besser zu sehen. Tauchvogel zuckte zusammen, aber sein Blick blieb unverwandt auf Kupferkopfs schönes Gesicht gerichtet.
    »Mein Läufer ist vom Windeck-Dorf zurückgekehrt«,

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