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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Wacholderbäume, die ein Erlaß von Gesegnete Sonne vor dem Fällen schützte. Dort teilte sich das Licht in Flecke auf, zeichnete zinnfarbene Dreiecke auf ihren Weg und schimmerte auf Trauben kleiner tief roter Beeren zwischen den grünen Nadeln. Rehkitz setzte vorsichtig Schritt vor Schritt. Hirsche hatten Löcher in den Waldboden getrampelt, und Felsblöcke lagen herum; zügig vorwärtszugehen war hier unmöglich. Überall um sie herum ragten knorrige graue Äste in die Höhe, um den Segen der Himmelsgötter zu erflehen.
    Nordlicht schaute sie ängstlich an, die Augen ungläubig auf ihren , angeschwollenen Bauch gerichtet. »Du bist das Sonnenwend-Mädchen?«
    »Ja, Sonnenseher. Ich habe dir jetzt schon einen vollen Mond gedient.«
    Der Pfad bog um einen Haufen herabgestürzter Felsbrocken herum und führte zur Sonnenhöhle, einer Einbuchtung, die das Quellwasser seit Äonen in die Canyon-Wand eingeschnitten hatte. Nordlicht warf nur einen Blick auf die in den Stein gehauenen Stufen und wurde von Entsetzen gepackt. Er schüttelte ihre Hand ab und wich zurück.
    »Nein«, keuchte er, »o nein, da kann ich nicht hinaufgehen!«
    »Aber wir müssen uns beeilen«, sagte Rehkitz. »Uns bleiben gerade noch zwei Zeitfinger vor der Dämmerung. Du weißt, wie schrecklich uns die Dürre und der Krieg zusetzen. Du mußt helfen, das wieder in Ordnung zu bringen. Das ist deine Pflicht. Du bist der Sonnenseher.«
    Seine Lippen zitterten. Hinter ihm kreiste der Schwarm der Blauhäher, und der Windjunge vertrieb ihr Geschrei mit seinen Böen. Nordlicht ballte die Fäuste. »Du… geh du zuerst. Ich warte, bis du oben bist, dann komme ich nach. Ja, ja, ich komme schon. Jetzt geh!« Er drohte ihr mit beiden Fäusten, als sie noch zögerte. »Geh los!«
    Sie hob den weißen Rocksaum hoch und kletterte hinauf. Das Eis in den Felsenmulden beobachtete sie wie uralte glasige Augen. Der letzte Regensturm hatte Sand und Kies die Stufen hinuntergeschwemmt. Ihre Yucca-Sandalen knirschten und rutschten auf dem grobkörnigen Stein.
    Nach Atem ringend erreichte sie den schmalen Überhang, der den Canyon überblickte. Die leicht gewellte Zunge hing etwa vier mal fünf Körperlängen über dem Abgrund. Ein Sandsteinwall, höher als Rehkitz, lief entlang der Nordseite. Dürrer Goldaster kämpfte auf der Oberseite des Walls ums Überleben.
    Ein wunderbares Panorama lag vor ihr. Aus dem Wüstenboden erhoben sich einzelne rauhe Bergkuppen wie viereckige Türme, und im neugeborenen Licht schimmerten ihre Sandsteinfassaden purpurn und rosa. Sie konnte zwei der drei heiligen Berge sehen. Vor ihr, im Süden, stand das Donnerhorn. Zur Rechten zeichnete sich Türkis-Jungfrau mit einem schwarzen Buckel gegen den östlichen Horizont ab. Die Kuppe von Spinnenfrau verbarg sich hinter einem durchscheinenden Lavendel-Vorhang, und die Wolkenreste, die sie umkrönten, glühten in einem intensiven Magentarot. Zweitausend Menschen lebten im Canyon, und ihre Frühstücks-Feuer schimmerten wie Bernsteinschmuck aus einer riesigen umgekippten Juwelentruhe. Ehrfürchtig staunend schaute Rehkitz hinunter. In ihrem Volk hatte Schönheit als heilig gegolten, und sie zu bewundern als Gebet. Vorsichtig ließ sie sich auf dem kalten Stein nieder und umfing ihren Unterleib mit den Armen. Sie wollte erst einmal zu Atem kommen und dann nach Nordlicht sehen, wenn er noch nicht hinaufgekommen wäre.
    Dort, wo sie saß, war der Sandsteinwall bemalt. Eine uralte Zeichnung zeigte einen weißen Kreis, von dem Strahlen nach allen vier Seiten ausgingen. Die Leute des Rechten Pfads behaupteten, das Symbol habe Coyote im Zeitalter des Auftauchens gemalt, unmittelbar nachdem ihre Ahnen durch die vier Unterwelten hinaufgeklettert waren und diese fünfte Welt des Lichts erklommen hatten. Die Geschichte des Rechten Wegs kannte sie auswendig.
    »Seht her«, hatte Coyote gesagt. »Ich habe eine Karte des Großen Platzes gezeichnet, mit den vier Straßen des Lebens und des Todes. Nun hört zu, und ich werde euch erklären, was das bedeutet. Da ist der Große Kreis, so riesig, daß er alles umfaßt, denn er ist das Universum, und alles, was im Innern des Großen Kreises lebt, ist miteinander verwandt. Wenn man in der Mitte des Kreises steht, auf dem Großen Platz, sieht man, daß der Kreis in vier Viertel eingeteilt ist. Jedes Viertel ist geheiligt, denn jedes hat eine mystische Kraft, und dank dieser Kräfte überleben wir. Jedes Viertel hat auch seine eigenen heiligen Tiere und Dinge und Farben,

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