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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sagen konnte. Seine Augen waren geschwollen, und seine Muskeln zitterten bei der kleinsten Anstrengung. Das schulterlange schwarze Haar von Schwalbenschwanz umrahmte sein Mondgesicht mit der Hakennase. Auf den vollen Wangen von Trauertaube glänzte Schweiß.
    »Weswegen habt ihr mich sprechen wollen?« fragte er und hielt seine Teetasse auf dem rechten Knie fest.
    Trauertaube beugte sich vor. »Großer Häuptling, ich bin gekommen, um dir zu sagen, daß mein Sohn und ich heimgehen werden. In einigen Tagen.«
    »Zu den Turmbauern im Norden?«
    »Ja. Aber zuvor möchte ich, daß du erfährst, was wir in den vergangenen Sonnenkreisen für dich und dein Volk getan haben.«
    Eichelhäher seufzte. Er kannte dieses Lied. Es ging so: Und nachdem ich dir alles gesagt habe, erwarte ich eine Belohnung. »Sprich weiter.«
    Trauertaube legte einen Arm um ihren Sohn. In den Augen des Jungen war das unmenschliche Glitzern eines Raubvogels, der gleich die Krallen in seine Beute schlägt. »Meine Mutter wurde in deinem Volk geboren, und deshalb habe ich immer an eure Prophezeiungen von einem Erlöser geglaubt, von einem Jungen, der nach der Geburt versteckt wird, der aber später als erwachsener Mann das Volk des Rechten Wegs vernichten wird. Viele Sommer lang habe ich eifrig daran gearbeitet, daß diese Vorhersage wahr wird. Von Sängerling habe ich nichts gewußt, ich glaubte, der Erlöser sei Spannerraupe. Er -«
    »Spannerraupe? Der neue Kriegshäuptling von Krallenstadt?«
    Sie nickte. »Ja, er ist ein halber Mogollon, verstehst du? Meine Mutter war auch eine Mogollon, aber ich halte es trotzdem für richtiger, die Abstammung durch die männliche Linie zu bestimmen, wie es das Volk meines Vaters zu tun pflegt, und demnach war Spannerraupe der Mann, dem man als erstem zutrauen konnte, die heiligen Prophezeiungen zu erfüllen. Das hatte ich schon ziemlich früh erkannt. Ich hätte in meiner Jugend vor der Geburt von Schwalbenschwanz mehrmals fliehen können, aber ich hab's nicht getan, weil -«
    »Na gut, das ist jetzt unwichtig geworden. Spannerraupe ist vermutlich tot, und all deine Mühe war vergeblich. Also warum erzählst du mir das?«
    Trauertaube fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen und schaute im Zimmer umher, als wollte sie sich sammeln. »Großer Häuptling, ich habe stetig darauf hingearbeitet, daß Schlangenhaupt abgesetzt wird. Ich war es, die ihn überzeugt hat, daß er seine eigene Mutter und Schwester töten müßte, damit sie ihn nicht absetzen. Das war an sich nicht so schwer, denn er haßte sie beide. Aber ich habe das eingefädelt, damit am Ende die Mutter von Spannerraupe die Ehrwürdige Mutter von Krallenstadt wird und ihr Sohn regieren würde -«
    »Trauertaube, ich -«
    »Bist du blind?« stieß sie hervor. »Selbst wenn Spannerraupe tot ist, wird seine Mutter über Krallenstadt herrschen, und sie ist geistesgestört. Jetzt ist es Zeit, den ganzen Canyon anzugreifen. Wenn ich zu meinem Volk zurückkehre, werde ich denen dasselbe erzählen. Keines von unseren Völkern könnte allein vorgehen, aber gemeinsam «
    Eichelhäher zuckte zusammen. »Du willst, daß ich mich mit den Turmbauern verbünde?« Es waren primitive Wilde, roh und unzivilisiert.
    Trauertaube setzte sich kerzengerade hin. Sie reckte ihr Kinn vor und sah ihn finster an. »Dann willst du also lieber darauf warten, daß die Hunde des Rechten Wegs sich von deinem Überfall erholen und dich angreifen?«
    Eichelhäher schwenkte seine Tasse und sah zu, wie die schwach grünen Wellen über die Innenseite spülten. »Nein, das will ich nicht.«
    »Dann erlaube mir, die Verbindung herzustellen! Ich habe mit Fichtenzapfen gearbeitet, habe Nachrichten zwischen ihm und Schlangenhaupt überbracht. Ich bin sehr geschickt darin, Leute zu beeinflussen.«
    »Das glaube ich gern, aber ein Krieger wäre für so eine Aufgabe besser geeignet.« »Dann schick einen Krieger mit. Aber erlaube mir, zwischen deinem Krieger und den Turmbauern zu vermitteln. Ich spreche die Sprache der Turmbauer. Hast du einen Krieger, der die Sprache kennt?«
    Eichelhäher betrachtete sie nachdenklich. War das Volk des Rechten Wegs so töricht gewesen, die Intelligenz und Verschlagenheit dieser Frau, dieser tödlichen Spinne in ihrer Mitte, nicht zu erkennen? »Dir die Vermittlung zu erlauben? Die Antwort ist nein. Da du dich selbst zu den Turmbauern rechnest, weißt du, warum. Dein Volk bestimmt die Abstammung durch die männliche Linie. Ich wäre also, mit einer Frau als

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