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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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rechte Hand auf.« Sängerling eilte vor und streckte ihm die offene Handfläche entgegen. Düne füllte sie mit Maismehl und hängte einen Bindfaden über Sängerlings Handgelenk. »Füll ihm die Hände mit Mehl und binde sie dann zu.«
    »Ja, Düne.«
    Sängerling mußte die steifen Finger des Häuptlings aufhebeln. Er füllte die rechte Hand, bog die Finger gewaltsam um das Mehl, hielt sie mit einer Hand geschlossen und band sie mit der anderen zu. Er zog den Bindfaden fest an und verknotete ihn.
    Während er dasselbe mit der linken Hand machte, rieb Düne dem Häuptling Mehl übers Gesicht, schüttete etwas davon in den grinsenden Totenmund und in die eingefallenen Augen. Das Mehl schimmerte golden im Feuerschein.
    »Warum hast du auch Mehl in die Augen geschüttet, Düne?«
    »Um sie von zurückgebliebenen verderblichen Bildern zu reinigen, die sie im Lauf seines Lebens aufgenommen haben. Auf diese Weise kann er die Herrlichkeit der Himmelswelten mit neuen Augen schauen, die noch unverdorben sind von den Greueln dieser Welt.« Düne deutete auf die gebundenen Hände. »Dank deiner Mühe kann Krähenbart jetzt in diese Welten eintreten. Du mußt wissen, daß Krähenbart, sowie er in der ersten Himmelswelt ankommt, seinen weiteren Pfad heiligen muß, indem er Maismehl in die sechs Richtungen verstreut.«
    Ehrfürchtig flüsterte Sängerling: »Ich verstehe.«
    Mit gerunzelter Stirn starrte Düne auf den Schlagstein. Schließlich löste er seufzend den Stein heraus und betrachtete die Flecken auf der glatten Oberfläche. »Sonst laß ich ja meinen Schlagstein nicht stecken, aber Schlangenschwanz brauchte diesen Wink.«
    Sängerling beugte sich vor; es war ihm unangenehm, Düne zu berichtigen. »Du meinst… Schlangenhaupt?«
    Düne legte den Schlagstein zur Seite und streute Maismehl in den Krater, wo die Nase gewesen war. »Wahrscheinlich«, antwortete er.
    Als nächstes zog Düne ein weißes Tuch aus dem Säckchen und hielt es gegen das Licht. Es wies drei Löcher auf. »Und das«, sagte er, während er damit das Gesicht des Häuptlings bedeckte, »stellt die ziehenden Wolken dar, die Krähenbarts Gesicht verbergen, wenn er zurückkommt, um unserem ausgedörrten Land Regen zu bringen.«
    Düne legte das Tuch so auf, daß die Löcher auf Augen und Mund paßten. Als wäre er nun erschöpft, stützte Düne eine Hand auf die Fußtrommel und seufzte. »So. Das ist alles für Krähenbart heute. Morgen früh, vor Sonnenaufgang, werden wir die Vorbereitungen abschließen können. Aber jetzt müssen wir für uns selbst sorgen. Zieh dich aus!«
    Sängerling zog sich das Hemd über den Kopf. Er wußte, daß alle, die sich mit den Toten beschäftigten, hinterher ein rituelles Bad nehmen mußten, um sich zu reinigen. Düne zog sein Hemd aus und legte es auf die gelbe Bank; er ging dann, ein wandelndes Skelett, zu dem viereckigen Feuerofen. Die großen Altersflecken, die durch das dünne Haar zu sehen waren, wirkten in diesem gedämpften Licht schwarz.
    Frische Wäsche, Decken und mehrere Töpfe befanden sich neben dem Feuer. Düne beugte sich ächzend hinunter und hob zwei kleine Schalen auf. Eine gab er Sängerling. »In diesem Wasser wurden Wacholdernadeln gekocht. Da liegt ein Lappen drin. Wring ihn aus und wasch dich gründlich.« Sängerling wrang den hellbraunen Lappen aus und wusch Arme und Beine, tauchte ihn abermals ein, wrang ihn aus und reinigte die Brust und des Rest des Körpers. Der stechende Wacholderduft umschwebte ihn. Als er fertig war, legte er den Lappen in die Schale zurück und machte Anstalten, sie neben das Feuer auf den Boden zu stellen.
    Düne hob schnell eine Hand. »Nein, nicht abstellen. Halt sie in der Hand, bis ich fertig bin.« Sängerling nickte. Düne rieb sich seinen nach Wacholder duftenden Lappen übers Gesicht und den Nacken. »Und jetzt paß auf!« Er hob die Schale hoch und schmetterte sie zu Boden, wo sie zerbarst. Er drehte sich zu Sängerling um. »Mach es genauso. Diese Schalen sind von Verderbnis befleckt. Niemand darf sie mehr benutzen.«
    Sängerling hob seine Schale und ließ sie am Boden zerschellen. Eckige Scherben klirrten über den Boden.
    »Wir haben noch eine letzte Reinigung vor uns.« Düne nahm eine Decke und gab sie Sängerling, kniete sich dann vor einen kleinen Topf rechts vom Feuer. Dem entnahm er einige Kügelchen verdickten Kiefernharzes, die er in die Glut am Rand des Feuers legte. Als sie anfingen, blasig zu werden, entstand eine Dunstwolke aus blauem

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