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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Schildkrötendorf kam. Aber sie will weitersagen, daß ich jemanden suche.«
    Gelbmädchen senkte den Blick, als Nordlicht sie ansah. Er schien das nicht zu bemerken, oder er hatte es so oft erlebt, daß es ihn nicht mehr berührte. Aber Maisfaser wunderte sich. Wenn sich in ihrem Dorf jemand weigerte, einen von den heiligen Leuten anzusehen, dann war das im Grunde eine Beschuldigung der Hexerei, bedeutete nämlich, daß sich die betreffende Person vor dem bösen Blick schützen wollte. Der böse Blick konnte eine Fehlgeburt oder Krankheit zur Folge haben und, wenn die Hexerei machtvoll genug war, sogar den Tod.
    »Vielen Dank, Gelbmädchen«, sagte Nordlicht und wandte sich wieder Maisfaser zu. »Hier sind auch andere vom Schildkrötendorf. Willst du mit ihnen sprechen? Vielleicht könnten sie dir etwas von Mitgliedern des Ameisen-Clans in anderen Orten sagen, die ursprünglich vom Schildkrötendorf kamen.«
    Maisfaser sah ihm in die Augen, die mit heiterer Gelassenheit auf sie blickten. »Vielleicht später. Jetzt würde ich am liebsten auf mein Zimmer gehen. Es war eine lange Wanderung. Ich bin sehr müde.« »Ja, ich verstehe.«
    Maisfaser wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal zu Gelbmädchen um. »Vielen Dank, Gelbmädchen. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen … und auch deinen Rat.«
    Gelbmädchen warf ihr einen schnellen Blick zu. »Ich sage dir Bescheid, wenn jemand auftaucht, der vielleicht mit dir verwandt ist.«
    »Du bist sehr freundlich.«
    Nordlicht sagte: »Ich begleite dich auf dein Zimmer.«
    Maisfaser nickte. Mit gesenktem Kopf ging sie an der Gesegneten Sonne Schlangenhaupt vorbei. Aber sie spürte seine forschenden Augen auf sich gerichtet, und ihre Schultern verkrampften sich. In ihrer Seele hatte sich das Bild eines Skorpions festgesetzt, in menschlicher Gestalt zwar, aber herzlos, todbringend und gewillt, sich Opfer unter seinesgleichen zu suchen.
    An der Leiter packte Maisfaser eine der Kiefernsprossen und fragte: »Was hat der Häuptling mit dir besprechen wollen?«
    Sein Blick war offen und klar. »Er hat mich über dich ausgefragt, wer du bist und was du hier machst und solche Sachen.« Er machte eine Pause. »Seide, wenn der Häuptling nach dir schickt, dann geh nicht, und falls er sich dir nähert, wenn du allein bist, dann sag ihm, du seist mit dem heiligen Heimatlosen hier. Hast du verstanden?«
    »Ja, ich - ich glaube schon.«
    »Nicht einmal Schlangenhaupt würde es wagen, Düne zu trotzen - glaube ich jedenfalls.« Nordlicht legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Jetzt ruh dich erst einmal aus. Ich werde mich weiter nach deiner Familie umhören. Vielleicht finden wir doch noch jemanden vom Schildkrötendorf, der zu deinem Clan gehört.«
    Seide durchforschte abermals sein Gesicht, um eine Ähnlichkeit zu entdecken. Einen Augenblick lang kämpfte sie gegen das Verlangen an, offen mit ihm zu sprechen, aber am Ende nickte sie nur. »Vielen Dank, Nordlicht.« Schnell erklomm sie die Leiter und eilte auf ihr Zimmer.
    Sängerling stand neben Düne und starrte mit aufgerissenen Augen auf den Toten. Die wundervolle Decke, mit großen Türkissteinen besetzt, lag zusammengefaltet neben der Fußtrommel. Die Steine funkelten im flackernden Feuerschein. Schütteres graues Haar klebte an Krähenbarts Kopfhaut und hob sich ab von dem groben Schlagstein in der Ruine seines Gesichts. Die ausgetrockneten Augen waren tief eingefallen, und die Lider waren über den flachen, glanzlosen Linsen zurückgewichen. Auch die aufgerissenen Lippen hatten sich zu einem spöttischen Ausdruck verzerrt, was dem eingefallenen Gesicht zusammen mit dem Schlagstein ein maskengleiches Aussehen verlieh. Das Gesicht war zwar geschrumpft, doch Krähenbarts Bauch war aufgebläht und gab in Abständen gurgelnde Geräusche von sich. Sängerling fuhr bei dem Anblick zusammen. Der gewölbte Bauch drückte fest gegen den Baumwollstoff seines blau-goldenen Hemdes wie eine mit Luft gefüllte Blase. Ungeachtet der Kühle in der Kiva hatten die üblen Geister der Verwesung schon damit angefangen, sich im Bauch des Häuptlings breitzumachen. Ein schwacher süßlicher Geruch verursachte ihm Übelkeit.
    Düne wandte sich an Sängerling, eine buschige weiße Augenbraue hochgezogen. »Hier.« Er reichte Sängerling einen kleinen Topf mit weißer Farbe, Kreide, mit Wasser gemischt. »Ich male ihm die Arme an, wenn du ihm die Beine anmalst.«
    Düne hatte die Ärmel seines übergroßen weißen Priesterhemdes

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