Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
Heimatlosen, zu seinem kleinen weißen Haus mit dem abplatzenden Putz. Wenn sie nur…
    Sie schloß die Augen und kämpfte gegen die Verzweiflung an, die sie ergriffen hatte. Sie hatte noch nicht einmal Zeit gehabt, die schmerzliche Trauer über den Tod ihrer Familie zu verarbeiten. Krallenstadt jagte ihr Angst ein. Erst nach ihrer Ankunft hier merkte sie, wie allein sie in Wirklichkeit war.
    Wem kann ich trauen? Nordlicht? Er schien sehr freundlich. Aber wie kann ich es genau wissen? Vielleicht konnte sie Düne trauen, und ganz bestimmt vertraute sie Sängerling, aber er war nur ein junger Mann.
    Sängerling war immer noch in der großen Kiva. Er hatte ihr gesagt, er wisse nicht, was die letzten Vorbereitungen für die Bestattung alles erforderten, aber im Anemonendorf hätte das selten länger als drei oder vier Zeithände in Anspruch genommen.
    »Hallo«, rief eine Stimme vom Dacheinlaß.
    Maisfaser setzte sich aufrecht hin. »Hallo. Wer ist da?«
    Die Gesegnete Sonne kam über die Leiter ins Zimmer.
    Maisfaser ließ die Tasse auf den Boden fallen und sprang auf. Sie starrte ihn an; er sah ungewöhnlich gut aus, mit großen dunklen Augen und langen Wimpern, hochgewachsen und breitschultrig. Die Kupferglöckchen an seinem Purpurhemd klingelten. Er hatte sein schwarzes Haar zu einem Knoten zusammengebunden.
    »Du bist Seide, stimmt's?«
    Sie nickte.
    »Ich bin Schlangenhaupt, die Gesegnete Sonne des Volks vom Rechten Weg und infolgedessen der Häuptling von Krallenstadt. Ich heiße dich willkommen. Ich habe von den Gemachten Menschen gehört, daß du aus Schildkrötendorf bist.«
    »War.« Sie wich vor ihm zurück. »Mein Dorf wurde zerstört.«
    Schlangenhaupt lächelte und musterte sie sorgfältig, betrachtete die Kurven ihrer Hüften und ihrer Brüste unter dem hellgrünen Kleid und das Haar, das ihr bis auf die Taille fiel. »Das habe ich gehört. Gelbmädchen erzählt mir auch, daß deine Eltern ursprünglich aus Lanzenblattdorf kamen. Ist das richtig?«
    Maisfaser faltete die Hände hinter dem Rücken, um ihr Zittern zu verbergen. Ihr Mund war trocken geworden. »Ja.«
    Schlangenhaupt beobachtete ihre furchtsamen Regungen, deutete dann auf die Sitzmatten neben der Wärmeschale. »Darf ich mich setzen?«
    »Ich - ich war gerade dabei zu gehen. Ich möchte dich nicht beleidigen, aber …«
    Er setzte sich mit untergeschlagenen Beinen und deutete auf die Matte neben sich. »Komm, setz dich neben mich. Wir wollen Freunde sein.«
    Maisfaser kniete sich ihm gegenüber, so weit weg wie möglich.
    Er spähte in den Teekessel. »Riecht sehr gut.«
    »Bitte, bediene dich. Da ist eine saubere Tasse neben der Wärmschale.«
    Schlangenhaupt schenkte sich den letzten Tee ein und hob die Tasse, um das Aroma zu genießen. »Sonnenblumen, wie? Sehr schön.«
    Maisfaser verschränkte die Hände in ihrem Schoß und wartete.
    Er schwenkte die Tasse. »Sag mal, erinnerst du dich an den Kriegshäuptling von Lanzenblattdorf? Einen Mann namens Palmlilie? Seine Frau hieß Distel.«
    Das Blut schoß ihr in die Wangen und floß wie Feuer durch ihre Adern. Sie schüttelte den Kopf. »Ich - ich war nie in Lanzenblattdorf. Nur meine Eltern kamen von dort.«
    Er schaute stirnrunzelnd in seine Tasse. »Schade. Dann wirst du auch nicht wissen, daß sie einen Sohn namens Vogelkind und ein Mädchen namens Maisfaser hatten« - er schaute auf - »nicht wahr?« Ihr Herz hämmerte so hart, daß sie Angst hatte, die Rippen würden brechen. »Nein.« Sie hörte sich kaum selbst.
    »Sehr schade. Ich habe viele interessante Dinge über sie gehört. Besonders über das Mädchen Maisfaser. Sie war etwa in deinem Alter.«
    »Tu-tut mir leid. Gibt es sonst noch etwas, was du wissen möchtest, Gesegnete Sonne?« Als sei er plötzlich in Wut geraten, warf er die Tasse auf den Boden. Maisfaser fuhr zusammen, als die Tasse in dünne Scherben zerbrach.
    Schlangenhaupt verengte die Augen und betrachtete sie, wie eine Klapperschlange eine in die Ecke getriebene Packratte. »Nein, im Augenblick gibt es nichts mehr. Ich hatte gehofft, mit meiner unehelichen Halbschwester reden zu können. Ich glaube, wir haben viele Dinge zu besprechen.« »Ich weiß nichts -«
    Er sprang auf und beugte sich über sie. »Du solltest wissen, daß viele Leute von hier einst in Schildkrötendorf lebten. Sie haben über dich und deine Familie gesprochen. Und niemand kennt sie. Das ist doch komisch, findest du nicht?« Maisfaser starrte ihn nur an.
    Er packte die Leiter und fauchte:

Weitere Kostenlose Bücher