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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Fragen.«
    Sonnenmuschel spielte mit der Keule, die an ihrem Gürtel hing, zog sie nach vorn und untersuchte den Knoten, um sich davon zu überzeugen, dass er sich bei einem Ruck tatsächlich sofort öffnete. »Also …
    du willst mir nicht antworten?«
    Die buschigen silberfarbenen Augenbrauen des Alten hoben sich. »Ich könnte dir eine Antwort geben.
    Aber es wäre meine Antwort, nicht deine. Du selbst aber musst die Antwort geben, sonst ist es keine Antwort.«
    »Und …« - ihre Blicke glitten unsicher in alle Richtungen - »… ich werde nur Antworten finden, wenn ich meine Fragen erlebe?«
    »Richtig.«
    Sonnenmuschel kratzte sich an der Wade, während sie darüber nachdachte. Der Wind schlug um und blies ihr den Rauch ins Gesicht. Sie verstand nicht genau, was er meinte, aber das Gespräch faszinierte sie. »Wie erlebt man Fragen, Ältester?«
    »Du willst eine Antwort von mir?«
    Sonnenmuschel biss sich auf die Lippen. »Heißt das, du willst eigentlich nicht mit mir sprechen?«
    »Im Gegenteil. Ich genieße unsere Unterhaltung. Ich fürchte nur, ich bin in diesen Tagen kein besonders guter Unterhalter.« Er streckte sich neben dem Feuer auf der Seite aus und stützte den Kopf in die Hand. Das graue Haar berührte den Boden. Die Falten um seine Augen zogen sich zusammen.
    »Da gibt es allerdings etwas, was ich dir über das Erleben deiner Fragen sagen kann.«
    »Was, Ältester? Ich würde es gern wissen.«
    »Ja, ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll, damit du es verstehst.«
    »Bitte, versuch es.« Sonnenmuschel rutschte auf ihrem Baumstumpf herum und beugte sich zu ihm.
    »Vielleicht verstehe ich es jetzt nicht, Ältester, aber eines Tages verstehe ich es vielleicht doch. Meine Mutter sagte immer, wenn ich erst älter wäre, dann würde ich …«. Ihre Stimme war immer leiser geworden. Immer, wenn sie an ihre Mutter dachte, schien es ihr, als würden winzige Messer ihren Magen zerschneiden.
    Jaguar sagte freundlich: »In die leeren Hüllen zu schauen, ist schwieriger als alles, was du je tun wirst, Kind. Aber dennoch solltest du es versuchen.«
    Sie wischte sich mit dem Ärmel ihres Hirschledergewands über die Augen und fragte heiser: »Wie erlebt man Fragen? Du hast gesagt, da gebe es etwas, was du mir sagen kannst. Was ist es?«
    Er lächelte. »Schön, beginnen wir mit dem Anfang.«
    »Sehr gut.«
    »Du musst erst einmal erkennen, dass das Leben nicht aus Tagen, Wochen oder Monaten und schon gar nicht aus jeweils neuen Blätterblüten besteht.«
    »Woraus besteht es dann?«
    »Das Leben besteht aus Augenblicken.«
    »Augenblicke? Wie … einem Lidschlag?«
    »Ja. Ein einziger Lidschlag. Das ist alles, was wir haben.« Jaguar klopfte an ihre Mokassins, als wollte er ihre volle Aufmerksamkeit auf seine Worte lenken. »Du wirst wissen, dass du deine Fragen erlebst, Mädchen, wenn du das Leben so begreifst: aus kostbaren flüchtigen Lidschlägen bestehend, unabhängig von allem anderen und ohne die Verheißung eines nächsten Lidschlags.«
    Sonnenmuschel richtete sich mit gerunzelter Stirn langsam auf und sah Neuntöter, der durch die Palisaden glitt. Der Häuptling kam auf sie zu, die Hand auf seiner Keule. Sonnenmuschel sagte: »Ich werde deine Worte bedenken, Ältester, das verspreche ich. Aber jetzt solltest du dich umdrehen.«
    Jaguar folgte ihrem Blick und erhob sich.
    Neuntöter fühlte sich sehr unwohl, als er Jaguar und Sonnenmuschel zum Dorf führte. Es war jetzt bitterkalt, und die Kälte biss mit winzigen Zähnen in seine nackte Haut.
    »Leidest du an Magenbeschwerden, Häuptling?«, fragte Jaguar.
    »Woher … woher weißt du?«
    »Dein Gesichtsausdruck sagt es mir.«
    »Die Weroansqua hat Angst. Ich habe sie noch nie so erlebt. Ich kann kaum glauben, dass sie mir am Nachmittag nicht befohlen hat, dich fortzujagen. Oder dich an Ort und Stelle zu töten.«
    »Sie hatte keine Wahl.«
    »Da kennst du die Weroansqua schlecht.«
    »Vielleicht, aber ich kenne ihre Sorte. Sag mal, wer war die junge Frau bei ihr? Hoch gewachsen, gut aussehend. Die davonstapfte wie eine wütende Bärin?«
    »Das war Muschelkamm. Die Tochter der Weroansqua.«
    »Ah, die Mutter des Mädchens. Die glaubt, die Krieger von Amselflügel hätten Rote Schlinge getötet.«
    »Das ist sie.«
    Am Einlass zwischen den Palisaden gingen sie langsamer; viele Menschen lungerten dort herum.
    Neuntöter trieb sie mit einer Handbewegung auseinander. »Habt ihr genug zu essen?«
    »Wir haben etwas Dörrfisch dabei. Das wird

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