Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
aller Augen waren auf sie gerichtet. Sogar Jaguar sah von seinem Platz neben Neuntöter aus zu. Sein altes Gesicht drückte Besorgnis aus. Es rührte Sonnenmuschel, dass er solchen Anteil nahm; schließlich war sie nur eine Sklavin.
    Sie sagte: »Ich bin hier, Onkel, wie du verlangt hast. Worüber wünschst du mit mir zu sprechen?«
    Faserblatt hob die Augen und starrte sie mit unverhüllter Abneigung an. »Du bist ein halsstarriges, verrücktes Mädchen, das seine Pflichten dem Clan gegenüber nicht kennt. Deswegen bist du hier.«
    Sonnenmuschel schwieg. Ihre Mutter hielt die Augen fest geschlossen.
    Sägender Zahn machte es sich bequem, zog die Knie an und umschlang sie mit seinen langen Armen.
    Wie immer, wenn er sie ermahnte, sprach er sanft und versöhnlich. »Meine Nichte, geht es dir gut?
    Wir sahen dich eintreffen und sorgten uns, dass du nicht zu deiner Familie heimkommst, wie es richtig gewesen wäre.«
    »Mir geht es gut, Onkel. Aber ich habe keine Bindung mehr an meinen Clan. Ich habe mich in Jaguars Hände gegeben.«
    »In die Hände … gegeben?«, schrie Faserblatt. »Du hast kein Recht, dich irgendjemandem zu geben.
    Du bist ein Kind. Du gehörst deinem Clan.«
    Sonnenmuschel starrte, ohne mit der Wimper zu zucken, in die milchigen Augen. »Trotzdem habe ich es getan.«
    »Und der Zauberer war einverstanden?«, fragte Sägender Zahn.
    »Ja, Onkel.«
    Ihre Mutter verbarg das Gesicht in den Händen. Sonnenmuschel wäre am liebsten zu ihr gegangen, um sie zu trösten, blieb aber wie angewurzelt stehen. Es wäre eine neue Pflichtvergessenheit, sich auch nur hinzusetzen, bevor der Onkel ihr die Erlaubnis dazu erteilt hätte. Sie schlang die Arme fester um sich.
    Sägender Zahn betrachtete sie voller Sorge. »Warum hast du das getan, Nichte? Warum hast du deine Familie verletzt? Ich weiß, du hast dich sicher wie in einer Falle gefühlt, und deine Seele war verwundet nach all dem Geschrei auf dem Platz vor fünf Tagen. Aber warum bist du nicht zu mir gekommen? Das hättest du tun können. Ich hätte dir zugehört. Wir hätten uns gemeinsam etwas ausgedacht.«
    Stoßweise ausatmend antwortete Sonnenmuschel: »Onkel, ich habe mich mit Jaguar verbunden, weil dies sein Preis dafür war, dass er Wilder Fuchs hilft. Und ich … ich liebe Wilder Fuchs.«
    Faserblatt warf ein: »Du hast zehn und vier Blätterblüten gesehen. Du bist noch nicht einmal eine Frau. Du weißt gar nichts von der Liebe. Und abgesehen davon, dein wunderbarer Wilder Fuchs hat diese Frau von Flache Perle geliebt. Das wusstest du doch, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Soviel ich weiß, hat Wilder Fuchs deine Verehrung nicht erwidert«, fuhr sie fort. »O ja, ihr wart Freunde, aber das war auch schon alles. Das sah doch jeder.«
    »Das sah sogar ich », murmelte ihre Mutter und blickte mit feuchten Augen zu Sonnenmuschel auf.
    Das lange schwarze Haar rahmte ihr ovales Gesicht ein und betonte die breiten Wangenknochen und die vollen Lippen. Sie ließ die bebenden Hände sinken und verschränkte sie im Schoß. »Ich habe es dir doch gesagt, Sonnenmuschel, oder? Ich habe dir gesagt, der ist kein Mann für dich. Er …«
    »Den Göttern sei Dank«, unterbrach Faserblatt ihre Schwester, »dass meine Familie mir nicht erlaubte, den Mann zu heiraten, den ich liebte, als ich ein Mädchen war. Wie sich später herausstellte, war er ein fauler Nichtsnutz. Er lief schließlich fort und wurde Händler für irgendein unbekanntes Volk unter den Wilden im Westen. Hätte ich ihn geheiratet, dann säße ich heute dort draußen, hungernd und frierend, und fischte Samenkörner aus Mist heraus, um meinen Bauch zu füllen.«
    Sonnenmuschels Brust schwoll an vor Liebe zu Wilder Fuchs; sie konnte kaum noch atmen. »Ich würde mit Wilder Fuchs gehen, wohin er will«, sagte sie mit bebender Stimme. »Es kümmert mich nicht, was er ist oder tun will, solange ich nur bei ihm bin. Ich …«
    »Dann bist du noch dümmer, als ich glaubte«, erklärte Faserblatt mit eisigem Gesicht. »Und das kann ich sogar beweisen: Zuerst läufst du davon und gibst dich dem gottlosesten Mann der Welt in die Hände, einem Nachtwanderer, und dann spazierst du hier herein und tust so, als hättest du keine Verwandten. Du bist wirklich eine Idiotin.«
    So zu tun, als hätte man keine Verwandten, bedeutete, dass man selbstsüchtig und hochmütig war und vorsätzlich die Menschen verletzte, die einen am meisten liebten. Nichts Schlimmeres konnte man von einem Menschen sagen - außer ihn der

Weitere Kostenlose Bücher