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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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du bist.«
    Sie sah ihm direkt in die Augen. »Soll ich… den Pfeil herausziehen?«
    Das würde seinen Tod beschleunigen. Solange der Pfeil noch in der Wunde steckte, konnten die scharfen Säfte nicht so leicht aus seinem Magen abfließen. Andererseits würde ihm das Herausziehen des Pfeils unerträgliche Schmerzen bereiten, denn dann würde der gesamte Inhalt seines zerfetzten Magens in den Bauchraum gelangen und seine Leber, die Lunge und die Nieren verätzen. »Bist du sicher, dass Springender Dachs dich dafür nicht töten wird? Ich nehme an, er will mich so lange wie möglich leiden sehen.«
    »Wenn ich es gleich tue, ehe er noch einen anders lautenden Befehl gegeben hat…, dann ist es eben passiert.« Ihr Blick wanderte forschend über sein Gesicht.
    Blauer Rabe nickte: »Gut. Aber mach schnell.«
    Elchgeweih zog den Büffelmantel von Blauer Rabe herunter und legte ihn beiseite. Zuerst riss sie die blutigen Federn am Schaftende des Pfeils ab, dann ging sie um ihn herum und brach vorsichtig die Pfeilspitze aus Flintstein ab, die aus seinem Rücken ragte.
    »Bist du bereit?«, fragte sie.
    »So… bereit… wie nur möglich. Nun mach schon.«
    Mit einer einzigen, schnellen Bewegung zog sie den Pfeilschaft durch seine Brust. Der rasende Schmerz, der ihn durchfuhr, raubte ihm kurzzeitig die Sinne. Mit seiner Beherrschung war es vorbei. Er stieß einen gellenden Schrei aus. »Onkel? Onkel!«, rief Zaunkönig entsetzt.
    Es dauerte eine Zeit lang, bis er wieder zu sich kam. Als er die Augen aufschlug, saß Elchgeweih neben ihm, den Wasserbeutel in der Hand.
    »Du musst durstig sein«, sagte sie.
    Er nickte. Seine Zunge klebte am Gaumen und seine Kehle brannte, als habe er seit einem Mond keinen Tropfen mehr getrunken. Vorsichtig hob Elchgeweih seinen Kopf an und hielt ihm den Wasserbeutel an die Lippen. Gierig nahm er einen großen Schluck. Und noch einen. Jetzt würde auch noch Wasser zu dem Blut und den anderen todbringenden Flüssigkeiten hinzukommen, die in seinen Leib flössen, aber das war ihm gleichgültig. Er spürte bereits, wie sich sein Bauch immer mehr aufblähte.
    Als er die Lippen schloss, nahm Elchgeweih den Wasserbeutel weg und legte seinen Kopf wieder sanft auf den Boden.
    »Versprich mir …«, krächzte er.
    »Was denn?«
    »Versprich mir, dass… du… dem ein Ende bereitest, bevor ich mich… selbst beschäme.« Ganz langsam hob sie den Blick, und Blauer Rabe sah, wie sie erbleichte.
    Deshalb fügte er rasch hinzu: »Ich - ich will nicht, dass Zaunkönig mich als… greinenden Krüppel in Erinnerung behält.«
    Elchgeweih schloss die Augen und wandte das Gesicht ab.
    Sie hatten beide schon dem Todeskampf vieler Menschen beigewohnt, Qualen, die sich über Tage hinzogen. Am Ende waren die Männer und Frauen soweit gewesen, alles zu sagen oder zu tun, nur um endlich von ihren unerträglichen Schmerzen erlöst zu werden.
    Blauer Rabe hob seinen Arm ein wenig und zupfte schwach an den Fransen ihres Mokassin. »Ich bitte dich nicht nur als Freund darum - wir haben uns einmal geliebt.«
    »Ich werde deine Qualen beenden«, sagte sie mit leiser Stimme und wandte sich ihm wieder zu. Es war das erste Mal, dass er Tränen in ihren Augen sah.
    Seine Hand zuckte zurück und presste sich auf die Wunde, die Schmerzen kamen jetzt wie Hammerschläge, die im Rhythmus seines Atems unbarmherzig auf ihn einschlugen. »Ich… habe dir immer vertraut«, fuhr er mühsam fort, dann bäumte er sich auf, gegen die Schluchzer ankämpfend, die ihm die Kehle zuschnürten.
    Elchgeweih erhob sich und setzte sich so vor Blauer Rabe hin, dass ihr Rücken den Blick des Mädchens auf ihren Onkel verdeckte.
    Blauer Rabe lehnte seine Stirn an Elchgeweihs Bein und ließ stumm seine Tränen fließen. Liebevoll strich sie ihm das verschwitzte Haar aus der Stirn. »Ich könnte es jetzt gleich tun«, flüsterte sie ihm leise zu. »Willst du …«
    »Nein. Nein, das geht nicht. Springender Dachs… würde dich dafür töten. Er will mich noch einer Befragung unterziehen. Das…«, er stöhnte leise, als seine Lungen pfeifend nach Luft rangen, »das musst du zulassen. Wenn du mich vorher tötest, wird er seinen Zorn an dir und… Zaunkönig auslassen. Warte bis morgen. Nachdem er… er…«
    »Ja, das werde ich«, antwortete sie und legte ihm ihre kühle Hand auf die Stirn. »Versuch jetzt ein wenig zu ruhen. Ich weiß, dass du nicht schlafen kannst, aber du musst…«
    »Elchgeweih? Kann ich mit Zaunkönig sprechen? Oder hat Springender

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