Voyeur
am Abend ein, und plötzlich waren meine Sammlung, Dryden und seine Angebote unwichtig.
Selbst die Wirkung des Traums verblasste schließlich angesichts dieses wesentlich realeren Dilemmas. Denn dies war der entscheidende
Moment. Alles hing davon ab, wie Zeppo darauf reagierte, was ich ihm erzählte.
Ich schüttelte die letzten Reste meiner Zerstreutheit ab und lenkte meine Energien auf die bevorstehende Konfrontation. Im
Geiste ging ich jede Form von Zeppos möglichen Reaktionen auf das, was ich zu sagen hatte, durch und legte mir im Voraus
meine Argumente zurecht. Es gab jedoch eine Reaktion, über die ich lieber nicht zu genau nachdenken wollte: seine Weigerung.
Jedenfalls hatte ich immer noch beträchtliche Angst vor dem Gespräch, als ich mich am späten Nachmittag von Anna verabschiedete
und zu Zeppos Wohnung fuhr.
Er öffnete mir die Tür mit einem sardonischen Grinsen. «Schön, dass du vorbeischaust.» Ich hatte nichts zu sagen und folgte
ihm schweigend hinein. «Was zu trinken?»
«Einen Brandy, wenn du einen dahast.»
«Schauen wir mal.» Er ging zu einem schwarzen Tisch, auf dem eine üppige Flaschenauswahl stand. Soweit ich sehen konnte,
waren es ausnahmslos teure und bekannte Marken, allerdings nicht unbedingt die besten. Für ihn schien |335| Qualität vor allem mit Namen und Preis zu tun zu haben. Offenbar konnte er von seiner Arbeit als Dressman besser leben, als
ich gedacht hatte. Auch das Zimmer war zwar recht geschmacklos, aber kostspielig eingerichtet. Doch eigentlich interessierte
mich das alles in diesem Moment nicht. Er reichte mir ein Glas, fläzte sich mir gegenüber auf ein riesiges schwarzes Ledersofa
und lächelte herablassend.
«So. Beichtstunde.»
Ich schaute in mein Glas. «Es geht nicht darum, etwas zu beichten. Eher darum, dass wir beide uns verstehen.»
«Donald, du kannst es nennen, wie du willst, Hauptsache, du erzählst mir, was für Spielchen du treibst.»
«Ich ‹treibe› keine Spielchen.»
«Na ja, jedenfalls hast du offenbar zwischendurch neue Regeln erfunden. Also los, raus damit! Was für hinterlistige Gedanken
gehen dir durch deinen kleinen Kopf?»
«Aus deinem Mund klingt es wesentlich schlimmer, als es ist. Ich habe keine geheimen Pläne, das versichere ich dir.»
«Was dann? Hast du es dir anders überlegt?»
«Nein, ganz und gar nicht.»
«Also, was ist los? Entweder willst du immer noch, dass ich mit Anna ins Bett gehe, oder du willst es nicht. Wie nun?»
Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. «Ich will es immer noch.»
«Was soll dann dieses ganze Rumgeeiere?» Er wurde ungeduldig. Ich spürte, dass er mich anstarrte. Jetzt ließ es sich nicht
mehr vermeiden.
«Weil …» Ich hielt inne. Die Worte wollten nicht kommen.
«Ja? Weil?», drängte Zeppo. «Ich warte, Donald.»
|336| Ich fragte mich, ob er es bereits wusste. Es würde ihm ähnlich sehen, mich zu quälen.
«Weil ich zuschauen will», sagte ich.
Als er nicht sofort reagierte, schaute ich auf. Er starrte mich verblüfft an. Ich fühlte eine gewisse Genugtuung. Damit hatte
er offensichtlich nicht gerechnet.
«Du willst
zuschauen
?», wiederholte er.
«Ja.»
Er fasste sich wieder, setzte erneut ein Lächeln auf und lehnte sich entspannt zurück. «Kein Problem. Anna hat bestimmt nichts
dagegen. Wir stellen dir einfach einen Stuhl neben das Bett. Willst du auch eine Tüte Popcorn haben?»
«Ich meine es ernst.»
«Ich auch. Willst du sonst noch etwas, wo wir schon mal dabei sind? Hast du noch ein paar Überraschungen für mich auf Lager?»
«Nein.»
«Ach, schön.»
«Ich finde deine Witze nicht amüsant.»
Er schnaubte. «Was hast du denn erwartet? Glückwünsche? Mein Gott!» Er schaute mich prüfend an. «Du willst wirklich nur zugucken,
ja? Du hast nicht vor, auch mitzumachen?»
«Gott bewahre!»
«Guck mich nicht so entsetzt an, Donald! Du kannst es dir kaum leisten, den Moralapostel zu spielen.» Er lachte ungläubig
auf. «Da tust du die ganze Zeit so prüde, wenn ich davon rede, sie zu ficken, und nun stellt sich heraus, dass du nichts
weiter als ein alter, geiler Bock bist, dem einer abgeht, wenn ein anderer die Kleine vögelt, auf die er steht.»
«So ist es nicht.»
|337| «Ach nein, natürlich nicht. Was ist es dann? Wissenschaftliches Interesse?»
«Ich bezahle dich. Ich muss dir meine Motive nicht erklären.»
«Donald!», stichelte er. «Du willst einen schönen Moment mit mir teilen, aber du willst mir nicht
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