Voyeur
bisher alles wie geplant verlaufen. Das Telefon hatte geklingelt, wie Zeppo
versprochen hatte. Er hatte einen Weckruf bestellt, mir allerdings nicht gesagt, wann am Abend er erfolgen würde. «Dann
würdest du nur die Sekunden zählen. Es wird wesentlich natürlicher wirken, wenn du nicht weißt, wann |352| es klingelt, und der Anruf dich wirklich überrascht.» Es war auch seine Idee gewesen, lieber einen fiktiven als einen realen
Freund zu benutzen. «Wenn du schon lügst, dann sorge dafür, dass es niemand herausfinden kann», hatte er gesagt. Ich hatte
mich seiner Erfahrung gebeugt.
Als ich auf die Uhr schaute, musste ich mich anstrengen, um das Zifferblatt zu lesen. Erst ein paar Minuten waren verstrichen,
doch im Zimmer war es bereits deutlich dunkler geworden. Das Fenster lag zum hinteren Garten hinaus, den keine Straßenlaterne
erleuchtete. Unruhig ging ich wieder zur Tür und lauschte. Annas und Zeppos Stimmen waren zwar schwach zu hören, aber ich
konnte nicht verstehen, was sie sagten. Nach kurzem Zögern machte ich die Tür einen Spaltbreit auf.
Sofort kam ein Déjà-vu-Gefühl in mir auf. Verwirrt versuchte ich, es abzuschütteln. Für einen Moment war ich kurz davor,
es zu identifizieren. Doch dann war es weg. Ich ignorierte es und konzentrierte mich auf die Stimmen im anderen Zimmer.
«… von mir. Aber als er nach Hause kam, waren sie noch in der Wohnung», hörte ich Zeppo sagen.
«O nein!»
«Genau, aber Alex lebt in seiner eigenen Welt und ging einfach in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Er saß also
wie ein Idiot da und nippte an seinem Nescafé, während der Rest seiner Wohnung geplündert wurde.»
Ich hörte Anna lachen. «Du nimmst mich doch auf den Arm!»
«Nein, ehrlich. Ich habe ihn am nächsten Tag getroffen. Anscheinend saß er eine halbe Stunde da, und erst als er zum |353| Klo ging und sah, dass die Wohnungstür offen stand, fragte er sich, was los ist. Aber dass er ausgeraubt worden war, kapierte
er erst, als er merkte, dass sein Fernseher weg war.»
«Hat er denn gar nichts gehört?»
«Doch. Er meinte, er hätte komische Geräusche gehört, sich aber nichts dabei gedacht. Er hat nur geglaubt, das Haus würde
knarren! Ich habe ihm gesagt, er soll sich entweder eine Alarmanlage einbauen oder in ein ruhigeres Haus ziehen.»
Die beiden lachten. Anna sagte etwas, was ich nicht verstand, dann hörte ich, wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde. Ich
spannte mich an, bereit, die Tür zu schließen, aber dann ertönte wieder Zeppos Stimme, etwas leiser als zuvor. Er war
in der Küche. Ich machte die Tür noch ein Stückchen weiter auf und versuchte zu verstehen, was er sagte.
«… dumm. Ich wusste, dass ich etwas vergessen habe.» Ich hörte ein Geräusch, das so klang, als würde die Kühlschranktür geöffnet
werden.
«Was denn?», fragte Anna. «Hoffentlich nichts Lebenswichtiges.»
«Kommt drauf an, ob du Champagner lebenswichtig findest oder nicht.» Zeppos Stimme wurde lauter, während er sprach. «Ich
persönlich finde ja, es geht nicht ohne. Ich habe ihn durch das Kochen total vergessen. Ich dachte, wir könnten auf meinen
neuen Job anstoßen. Auch wenn es nur für ein paar Wochen ist.»
Ein gedämpftes Knallen war zu hören. «Langsam», sagte Zeppo. Es entstand eine Pause. «Mmmm, der ist großartig», sagte Anna
dann. «Da verpasst der arme Donald etwas.»
«Wir können ihm ja ein Glas aufheben. Aber jetzt schaue |354| ich lieber nach der Paella. Sie ist wahrscheinlich schon angebrannt.»
«Kann ich helfen?» Zeppos Antwort konnte ich nicht hören, aber vermutlich hatte er bejaht, denn einen Augenblick später
wurde ein weiterer Stuhl zurückgeschoben, und dann wurden beide Stimmen undeutlich. Ich lauschte noch eine Weile, aber abgesehen
von einem gelegentlichen Lachen konnte ich nichts verstehen. Ich schloss die Tür und ging zurück zu meinem Brandy.
Ich gab ihnen etwas Zeit, um ins Wohnzimmer zurückzukehren, und nahm dann wieder meine Position an der Tür ein. Aus der
Küche kamen noch immer gedämpfte Geräusche. Dann klapperte Geschirr, und plötzlich rief Zeppo: «Autsch! Ist das heiß!»
«Halte ihn unter kaltes Wasser.» Annas Stimme war jetzt besser zu verstehen.
«Nein, schon in Ordnung. Ich bin ein Märtyrer. Wenn ich ohnmächtig werde, ruf einfach einen Krankenwagen.»
«Du bist so tapfer.»
«Lach nicht. Es ist schlimmer, als es aussieht.»
«Anscheinend, denn ich kann nichts sehen.»
«Ich
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