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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Betonfläche zu füllen. Am Anfang hatte ich vorne
     an der Bahnsteigkante gestanden. Dann war ich kontinuierlich zurückgedrängelt worden, bis vor mir eine dichte Wand aus Menschen
     stand. Ich war eingekeilt zwischen einer dunkelhäutigen Frau mit einem Koffer und einem großen kahlköpfigen Jugendlichen in
     einer Lederjacke.
    Ein plötzlicher Luftzug kündigte die Ankunft der U-Bahn an. Kaum war sie stehen geblieben, öffneten sich die Türen, und die Leute auf dem Bahnsteig drängten sich gegen die Leute,
     die ausstiegen. Über dem ganzen Chaos erklang die mechanische Ansage: «Vorsicht an der Bahnsteigkante.» Panik kam in mir auf,
     als ich mich auf die nächste Tür zukämpfte, scheinbar ohne einen Schritt voranzukommen. Gerade als ich dachte, ich würde
     es nicht mehr rechtzeitig schaffen, saugte mich eine jähe Welle praktisch in den Zug. Einen Moment später gingen die Türen
     zischend zu, wurden wieder geöffnet, dann wieder verriegelt, bis die Bahn endlich ruckelnd anfuhr und Geschwindigkeit aufnahm.
    Ich war auf dem Gang zwischen den Türen abgeladen worden. Der Bahnsteig war mir schon überfüllt erschienen, doch jetzt drückten
     sich Fremde auf eine ungerührt intime Weise von allen Seiten gegen mich. Als die U-Bahn unversehens wackelte, wurde ich gegen eine junge Frau neben mir geworfen. Ich stammelte leise eine Entschuldigung und wich
     schnell ihrem kalten Blick aus. Grelle Lichter draußen deuteten darauf hin, dass wir die nächste Station erreicht hatten.
     Der Zug hielt, und ich wurde von den Leuten, die auf den Bahnsteig stürmten, fast mit nach draußen gerissen. |46| Die hereinströmenden neuen Passagiere zwangen mich wiederum weiter hinein, bis ich mitten im Abteil eingeklemmt war und mich
     weder rühren noch atmen konnte. Die Luft war mit penetranten, unangenehmen Gerüchen erfüllt: Diesel, feuchte Haare und Schweiß.
     Als wir uns wieder in Bewegung setzten, tastete ich nach einem Haltegriff. Kaum hatte uns die Dunkelheit des Tunnels verschlungen,
     wurde die Bahn langsamer, rumpelte störrisch weiter und blieb dann stehen.
    Niemand schien sich darum zu scheren. Die Dunkelheit hinter den Fenstern war undurchdringlich. Drinnen saßen oder standen
     die Leute gleichgültig da. Ich versuchte, es genauso zu machen, doch die Situation war mir fremd. Ich fühlte mich erdrückt
     und eingesperrt. Als der Zug wieder einen Satz nach vorn machte, zuckte auch mein Herz. Wir schlichen durch den Tunnel,
     wurden einige Male langsamer, blieben zum Glück aber nicht mehr stehen. Dann waren draußen Lichter und Gesichter zu sehen.
     Die Türen öffneten sich, und ich ließ mich, ohne zu wissen, in welcher Station wir waren, hinaus auf den Bahnsteig stoßen.
    Ich atmete würgend die kalte, nach Abgasen riechende Luft ein und nahm die Knüffe der vorbeieilenden Leute kaum wahr. Über
     mir hing ein Schild, auf dem AUSGANG stand und dem ich blindlings folgte, mittlerweile genauso zielgerichtet wie alle anderen.
     Ich stolperte über den offenen Gitarrenkoffer eines Straßenmusikers, ohne auf seine Schimpftirade zu achten, denn ich hatte
     endlich die Rolltreppe nach oben gesichtet. Ich kam im grauen Tageslicht heraus und sah mit ungeheurer Erleichterung die Reihe
     der Taxis, die vor der Station warteten. Ich stieg in eines ein, gab mein Ziel an und |47| ließ mich zurück in den Sitz fallen. Im Inneren des Wagens war es warm, ruhig und gesegnet leer. Durch das Fenster blickte
     ich auf eine Welt, die wieder angenehm fern war. Die Fahrt kam mir wie die schönste meines Lebens vor.
    Anna hatte bereits die Galerie geöffnet. «Ich habe mir schon Sorgen gemacht», sagte sie, als ich hereinkam. Sofort hatte
     ich das Gefühl, dass die ganze Aufregung einen Sinn gehabt hatte. «Ich habe mich gefragt, wo Sie sind. Alles in Ordnung?
     Sie sehen ganz mitgenommen aus.»
    Ihre Sorge war Balsam für meine geschundene Seele. Ich nahm auf einem Stuhl Platz und schloss die Augen. «Ich hatte auf dem
     Weg hierher einen kleinen Unfall», sagte ich und berichtete ihr, was geschehen war. In der Erzählung klang es wesentlich
     besser, als es mir zu dem Zeitpunkt vorgekommen war, und meine Beschreibung der idiotischen Frau in dem Range Rover brachte
     Anna tatsächlich zum Lachen. Ich steigerte mich so in die Geschichte, dass ich fast vergessen hätte, was ich ihr eigentlich
     erzählen musste.
    «Ach, übrigens», sagte ich, bevor sie weggehen konnte. «Am nächsten Samstag gebe ich eine Cocktailparty. Ich hoffe,

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