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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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die U-Bahn ? Ziehen wir es dann trotzdem durch?»
    Ich seufzte. Zeppos Stimmung hatte den ganzen Nachmittag |156| zwischen äußerster Zuversicht und tiefster Unsicherheit geschwankt. Ich hatte allmählich genug davon. «Kannst du dir wirklich
     vorstellen, dass sich ein Londoner Taxifahrer von seinen unzähligen Fahrten an eine bestimmte erinnert? Und dann noch an
     Datum und genaue Uhrzeit? Ich nicht. Ich bin nur vorsichtig. Ich glaube wirklich nicht, dass es eine Rolle spielt.»
    Ich schaute auf meine Uhr. «Jedenfalls wird er in weniger als einer Stunde hier sein. Ich schlage vor, wir gehen runter und
     bereiten alles vor.»
     
    *
     
    Marty brauchte für den Weg etwas mehr als fünfundvierzig Minuten. Das Klingeln an der Tür erschien unwirklich laut. Zeppo
     und ich schauten uns an. Keiner von uns sagte ein Wort. Dann nickte er, und ich ging los, um aufzumachen.
    Vor der Tür blieb ich stehen, holte tief Luft, um ruhig zu werden, und öffnete sie. Marty stand mit einem Koffer in der
     Hand vor mir.
    «Haben Sie schon etwas Neues gehört?», fragte er. Sein Gesicht war bleich und von Sorgen gezeichnet.
    «Nein, ich komme immer noch nicht durch.» Ich ließ ihn herein, schloss dann die Tür und ging an ihm vorbei. Er folgte mir
     nach drinnen. «Sind Sie mit einem Taxi oder mit der U-Bahn gekommen?»
    « U-Bahn . Es gibt also noch keine Neuigkeiten?»
    «Leider nein. Haben Sie Ihren Pass mitgebracht?»
    «Ja. Was hat die Polizei genau gesagt?»
    Wir befanden uns in dem Flur, der zum Lagerraum führte. |157| Marty war direkt hinter mir. «Sie haben niemandem davon erzählt, oder?»
    «Nein, ich bin direkt hergekommen.»
    Ich machte die Tür zum Lagerraum auf und ging hinein. Die Baumwolllaken rutschten ein wenig auf der Plane, als ich darüber
     ging. «Es weiß also niemand, dass Sie hier sind?»
    «Nein! Gott verdammt, erzählen Sie mir endlich, was die Polizei gesagt hat?», rief er, und dann kam Zeppo hinter der Tür
     hervor und schlug ihm das Stemmeisen auf den Hinterkopf. Als Marty nach vorn taumelte und mit dem Gesicht nach unten auf den
     Boden fiel, trat ich zur Seite. Seine Brille flog weg und blieb vor meinen Füßen liegen. Als Zeppo erneut mit dem Stemmeisen
     ausholte, hob ich eine Hand.
    «Warte.» Der Koffer war Marty aus der Hand gerutscht. Ich räumte ihn beiseite, schlug das Laken um und legte es ihm auf Kopf
     und Schultern. Er atmete laut und zuckte ein bisschen, war ansonsten aber still. Ich trat zurück. «Okay.»
    Zeppo ließ das Stemmeisen niedersausen. Um zu verhindern, dass beim ersten Schlag das Blut umherspritzte, hatte er das Ende
     mit einem Handtuch umwickelt, wodurch der Aufprall aber nicht merklich gedämpft wurde. Nach dem dritten Schlag sickerten
     bereits rote Flecken durch das weiße Laken. Ich ließ ihn noch einmal ausholen und bedeutete ihm dann aufzuhören.
    Ich hockte mich hin und nahm Martys Handgelenk. Unglaublicherweise fühlte ich noch einen schwachen Puls. Ich stand auf und
     ging wieder aus dem Weg. «Noch nicht ganz.»
    Zeppo hob das Stemmeisen und schlug noch ein paarmal zu, ehe er innehielt und darauf wartete, dass ich erneut Martys |158| Puls fühlte. Ein unangenehmer Geruch war aufgekommen. Ich rümpfte meine Nase und zählte bis sechzig. Dann ließ ich sein Handgelenk
     los. «Das war’s.»
    «Ist er tot?» Zeppo atmete schwer.
    Ich richtete mich auf und schaute auf das blutgetränkte Laken, das an dem eingeschlagenen Körper klebte. «Ich glaube, davon
     können wir ausgehen.» Meine Stimme war erstaunlich ruhig.
    Zeppo ließ die Schultern hängen. «Gott sei Dank.» Seine Wangen waren gerötet, der Rest seines Gesichts war jedoch blass.
     Er wollte das Stemmeisen auf Martys Leiche legen.
    «Ich würde es noch nicht weglegen», sagte ich.
    Er wich zurück. «Wieso? Er ist tot, oder?»
    «Ja. Aber jetzt können wir die Sache auch richtig zu Ende bringen.»
    «Wovon soll denn das heißen? Geht’s noch richtiger als so?» Er deutete mit einem Nicken auf die Gestalt am Boden.
    «Wenn seine Zähne noch heil sind, kann er identifiziert werden.»
    Zeppo starrte mich an. «Du willst, dass ich seine Zähne einschlage?»
    «Ich halte das für eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme, ja.»
    «Auf keinen Fall! Davon hast du vorher nichts gesagt.»
    «Es ist mir erst jetzt eingefallen. Aber ich finde, wir sollten es tun.»
    «Nein, du findest,
ich
sollte es tun. Aber das kannst du vergessen! Wenn du willst, dass seine Zähne eingeschlagen werden, dann musst du es

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