Voyeur
schaute
zu, wie er den Wagen langsam auf die Straße lenkte und dann davonfuhr. Schnell verlor sich der Motorenlärm in der Ferne,
und ich blieb in einer Abgaswolke in der Dunkelheit zurück. Ich ging wieder hinein und verschloss die Tür.
Ohne die Laken und die Plane sah der Lagerraum genauso |162| aus wie immer. Nirgendwo war ein Hinweis darauf zu entdecken, dass Marty hier gewesen war, ganz so, als wäre die letzte
halbe Stunde nie geschehen. Völlig ruhig schaltete ich das Licht aus, schloss ab und machte mich auf den Heimweg.
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|163| Kapitel 11
Am nächsten Morgen wartete ich am Flughafen auf Anna. Als ich sie durch die Zollabfertigung gehen sah, kam Besitzerstolz
in mir auf. Lächelnd kam sie auf mich zu, doch ihr Lächeln verblasste, sobald wir uns begrüßt hatten.
«Ich habe es nicht bekommen», sagte sie. Für einen Moment wusste ich nicht, wovon sie sprach. «Den Watteau. Er ging für
fast das Doppelte weg.» Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln.
«Na ja, man kann nicht immer gewinnen», sagte ich, nachdem mir die Auktion wieder eingefallen war. «Da kann man nichts
machen.»
«Eine Japanerin hat es gekauft. Drei andere haben bis zum Schluss mitgeboten. Sie sind leider weit über unser Limit hinausgegangen.»
«So ist es eben. Wenn jemand wild entschlossen ist, ein Stück zu kaufen, kann man kaum etwas dagegen machen. Es sei denn,
man will einen wahnsinnigen Betrag ausgeben. Machen Sie sich keine Gedanken. Immerhin haben Sie den Negretti gekriegt, und
daran war mir am meisten gelegen.»
Ich merkte, dass meine tröstenden Worte nutzlos waren. Anna hörte nicht richtig zu.
|164| «Haben Sie etwas von Marty gehört?», fragte sie.
«Seit wir Sie weggebracht haben, nicht. Weshalb? Stimmt etwas nicht?»
«Ach nein. Ich dachte, er ist vielleicht hier.» Ihr gleichgültiger Ton war wenig überzeugend.
«Ich habe ihn gestern Abend angerufen, um zu fragen, ob er mitkommen will, aber er war nicht da», sagte ich schnell.
«Um wie viel Uhr war das?»
«Äh … gegen acht, glaube ich. Ist etwas nicht in Ordnung? Sie sehen besorgt aus.»
Anna lächelte. «Nein, eigentlich nicht. Ich konnte ihn nur gestern auch nicht erreichen.»
«Zu Hause oder in der Uni?»
«Zu Hause. Ich habe ihn gestern Abend angerufen, aber er ist nicht drangegangen.»
«Vielleicht hat er länger gearbeitet.»
«Ja, wahrscheinlich.» Wir gingen ein paar Schritte weiter. «Haben Sie etwas dagegen, wenn ich es jetzt schnell versuche?
Nur um ihm zu sagen, dass ich zurück bin?»
«Natürlich nicht. Ich warte hier.» Ich schaute zu, wie sie zu der Reihe Telefone ging und sich an der kürzesten Schlange
anstellte. Ich gähnte. Es war wieder eine lange und fast schlaflose Nacht gewesen. Ich war bis nach halb fünf Uhr auf gewesen,
ehe Zeppo angerufen und gesagt hatte, dass er sicher zurück war. Es hatte keine Probleme gegeben. Im Hochmoor angekommen,
war er Nebenstraßen gefolgt und hatte schließlich an einer besonders abgelegenen Stelle gehalten. Dort hatte er Marty ein
gutes Stück von der Straße weggetragen und unter Farnkraut vergraben.
«Es beginnt gerade zu wachsen», hatte er mir gesagt. |165| «In ein paar Wochen ist die ganze Gegend komplett überwuchert.»
Schaufel, Spitzhacke und Stemmeisen hatte er in einen gefluteten Steinbruch geworfen. Overall, Handschuhe und Gummistiefel
hatte er zurückgebracht. Gemeinsam mit Martys Sachen und seinem Koffer sollten sie in Streifen geschnitten oder gerissen,
mit Hausmüll vermischt und auf verschiedenen Deponien in der Umgegend von London verteilt werden. Martys persönlichere Habe,
wie sein Pass und seine Kreditkarten, sollten zuerst verbrannt und dann ähnlich entsorgt werden.
Damit war Zeppo beschäftigt, während ich mich am Flughafen befand. Er hatte meinen Wagen auf einem Parkplatz abgestellt,
auf dem sein eigener wartete, die Schlüssel drinnen gelassen und die Türen verriegelt. Ich hatte meinen Zweitschlüssel genommen
und den Wagen früh am Morgen abgeholt, war dann durch eine Waschanlage gefahren und zum Flughafen aufgebrochen. Später wollte
ich ihn gründlicher reinigen und die Reifen wechseln, damit keine Spur vom Schlamm oder Dreck des Moores zurückblieb.
Anna hatte schließlich das Telefon erreicht. Ich konnte erkennen, wie sich zwischen ihren Augenbrauen eine kleine Furche
bildete, als sie sich den Hörer ans Ohr hielt. Mit einem leichten Schock sah ich, wie sie zu sprechen begann, dann wurde
mir
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