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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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was ich meine.»
    Ich verstand ihn. Und auch wenn ich mir nicht ganz sicher war, wie Anna darüber dachte, fand ich es ziemlich beruhigend.
     
    *
     
    Am Wochenende lud mich Anna in ihre Wohnung ein. Oder besser gesagt, sie war einverstanden, als ich anbot, bei ihr |209| vorbeizuschauen. Ich hütete mich immer noch ein bisschen davor, ihr meine Gesellschaft aufzudrängen, doch mittlerweile fühlte
     ich mich berechtigt, sie auch außerhalb der Arbeitszeiten zu sehen. Und ich war mir sicher, dass sie sich wirklich über
     mein Kommen freute.
    Ich hatte erwartet, sie für mich allein zu haben, doch ich wurde enttäuscht. Als ich ins Wohnzimmer ging, saß schon eine
     junge Frau auf dem Sofa.
    «Debbie haben Sie noch nicht kennengelernt, oder?», fragte Anna.
    «Nein, ich glaube, ich hatte noch nicht das Vergnügen.»
    «Das ist Donald, mein Chef», sagte Anna zu der anderen Frau. Diese Art der Vorstellung versetzte mir einen Stich. Doch der
     Schmerz wurde schon einen Augenblick später gelindert.
    «Ich habe schon viel von Ihnen gehört», sagte die Frau, und bei diesem versteckten Kompliment empfand ich eine beinah kindliche
     Freude. Ihre Stimme kam mir bekannt vor, aber ich konnte sie nicht sofort einordnen. Als ich sie dann mit ihrem Namen in
     Verbindung brachte, fiel es mir wieder ein. Debbie. Die Frau, mit der Anna gesprochen hatte, als ich sie am Telefon belauschte.
     Sie war mir sofort unsympathisch.
    «Ich wollte gerade etwas zu trinken machen», sagte Anna. «Möchten Sie Tee oder Kaffee?»
    «Egal, ich nehme das, was Sie machen.»
    «Tja, ich nehme Tee und Debbie Kaffee, Sie haben also die Wahl. Ich habe Orange Pekoe da, wenn Sie mögen?»
    «Das wäre wunderbar.» Erneut kam Freude in mir auf. Das war mein Lieblingstee. Ich war mir sicher, dass Anna ihn extra für
     mich gekauft hatte.
    |210| Nachdem Anna mich mit ihrer Freundin allein gelassen hatte, war es einen Moment still. Debbie hatte ein rundes, ziemlich
     teigiges Gesicht, das reizlos von strähnigem Haar umrahmt wurde.
    «Sie sind meiner Meinung nach wirklich ganz toll zu Anna gewesen», sagte sie aus heiterem Himmel.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. «Eigentlich habe ich nichts Besonderes getan.»
    «Sie bezahlen zum Beispiel den Detektiv. Das nenne ich eine große Hilfe. Aber nicht nur das, Sie haben Ihr Halt gegeben,
     und den braucht sie jetzt am meisten. Ich weiß das wirklich zu schätzen.»
    Ihre gönnerhafte Art ärgerte mich. «Ich habe nur getan, was ich kann.» Ich versuchte, nicht zu steif zu klingen.
    «Ja, ich finde das großartig. Und ich weiß, dass Anna Ihnen sehr dankbar ist.»
    «Das muss sie nicht.»
    Sie lächelte. «Entschuldigen Sie, ich bringe Sie in Verlegenheit. Ich wollte es Ihnen nur sagen, solange Anna weg ist. Sie
     nimmt es ganz gut hin, oder? Ich meine, es ist bestimmt nicht leicht für sie.»
    «Nein, bestimmt nicht.»
    «Wenn ich sie wäre, würde ich durchdrehen. Nicht zu wissen, was mit ihm geschehen ist, könnte ich nicht ertragen.»
    «Nein.»
    «Also, Anna würde ich das nicht sagen, aber um ehrlich zu sein, sieht es nicht besonders gut aus, oder? Wenn es mein Freund
     wäre, würde ich mir totale Sorgen machen. Erst läuft er einfach so davon, und dann hört sie nichts von ihm   …» |211| Sie schaute mich bedeutungsvoll an. «Ich möchte echt nicht sagen müssen, was geschehen ist. Also, echt nicht.»
    Ich hatte das Gefühl, dass sie es, ob sie es mochte oder nicht, trotzdem tun würde. Und so war es auch. «Entweder hat er
     kalte Füße bekommen oder eine andere kennengelernt, oder ihm ist etwas zugestoßen», verkündete sie. «Ich meine, wenn er
     vorhatte, zurückzukommen oder sich wenigstens zu melden, dann hätte er es längst getan, oder? Also will er entweder nicht,
     oder er kann nicht. Wie auch immer, es sieht nicht besonders gut aus für Anna, nicht wahr?»
    «Wohl nicht.»
    «Klar, er könnte plötzlich zusammengebrochen sein oder das Gedächtnis verloren haben oder so, aber das ist ziemlich unwahrscheinlich,
     oder?» Ich neigte unverbindlich den Kopf. Es reichte ihr nicht. «Was glauben Sie, was mit ihm geschehen ist?»
    «Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich kenne ihn nicht besonders gut.»
    «Na ja, im Grunde kennt ihn keiner von uns besonders gut. Ich weiß natürlich, dass Anna seit fast einem Jahr mit ihm zusammen
     ist, aber seitdem haben sich die beiden ziemlich abgeschottet. Ich muss zugeben, dass ich von Anfang an Zweifel wegen dieser
     Amerika-Sache hatte. Mir kam es

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