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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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ein bisschen zu früh vor. Also, verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Marty wirklich,
     jedenfalls soweit ich das beurteilen kann, aber wie gut kann man jemanden in ein paar Monaten schon kennenlernen? Obwohl
     er mir nie wie der Typ vorkam, der einfach so davonläuft.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Man weiß einfach nicht, was man denken soll, nicht wahr? In einem Moment bin ich überzeugt, |212| dass er abgehauen ist, im nächsten habe ich das Gefühl, dass ihm etwas Schreckliches zugestoßen sein muss.»
    «Die Polizei scheint das anders zu sehen.»
    Sie schnaubte verächtlich. «Die Polizei? Wundert Sie das? Wenn denen nichts Offensichtliches ins Gesicht springt, wollen
     sie nichts wissen. Die sitzen lieber auf ihren Hintern, anstatt irgendetwas Konstruktives zu tun.» Sie hielt inne und grinste
     entschuldigend. «Tut mir leid. Das ist so eine Art Hobby von mir.»
    Zum Glück kam Anna in diesem Moment mit den Getränken zurück. «Na, habt ihr beide alles für mich geklärt?», fragte sie.
     Mich entsetzte der Gedanke, Komplize ihrer furchtbaren Freundin zu sein, aber Debbie lachte nur.
    «Na klar. Dafür sind Freunde doch da, oder, Donald?»
    Die Türklingel rettete mich davor, antworten zu müssen. «Ich bin beliebt heute», sagte Anna heiter. Doch ich hatte gesehen,
     wie sie beim Klingeln zusammengezuckt war, und als sie aufstand und hinausging, wirkte sie angespannt. Ich fragte mich,
     wie lange es dauern würde, bis sie wieder ohne Furcht an die Tür oder ans Telefon gehen konnte.
    Ich hörte, wie die Wohnungstür aufging, dann folgte ein knapper, gedämpfter Wortwechsel. Anna kam zurück ins Wohnzimmer.
     Ihr Gesicht war kreidebleich. Hinter ihr stand ein Mann.
    «Das ist Martys Vater», sagte sie.

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    |213| Kapitel 15
    Auch ohne Annas Vorstellung hätte ich gewusst, wer er war. Er hatte die gleiche gnomenhafte Gestalt wie sein Sohn, allerdings
     fehlten ihm die paar versöhnlicheren Züge, die Marty aufgrund seiner Jugend gehabt hatte. Als ich aufstand, um ihn zu begrüßen,
     kam mir der Gedanke, dass ich Anna immerhin die Qual erspart hatte, mit einem Menschen dieses Schlags alt zu werden.
    Er schüttelte widerwillig meine Hand und ließ sie fast sofort wieder los. Er sagte kein Wort und unternahm keinen Versuch,
     höflich zu sein oder seine Anwesenheit zu erklären.
    «Das ist eine   … das ist ja eine Überraschung», sagte Anna. «Ich hatte keine Ahnung, dass Sie kommen wollten.» Sie wirkte vor Schock wie
     erstarrt. Ihre Freundin Debbie stand wie eine Zuschauerin am Ring mit großen Augen neben mir.
    «Wollte ich auch nicht. Aber mir blieb keine andere Wahl. Jedenfalls, wenn diese Sache schnell geklärt werden soll.»
    Die Kritik war so unverhohlen, dass sie an Beleidigung grenzte, und der giftige Ton der dünnen Stimme des Mannes legte nahe,
     dass es auch genauso beabsichtigt war. Anna wurde rot und schien kurz davor zu sein, darauf zu reagieren. |214| Doch sie sagte nur: «Sie hätten mir Bescheid sagen sollen. Ich hätte Sie vom Flughafen abholen können.»
    Er wies die Freundlichkeit zurück. «Schon in Ordnung. Ich komme gern allein zurecht. Obwohl ich hoffe, dass hier nicht alle
     Taxifahrer so unfähig sind wie der, der mich gefahren hat. Wenn ich ihm nicht gesagt hätte, wo es langgeht, hätte er wohl
     nie hergefunden.» Er warf einen kurzen Blick in die Richtung, in der ich und Annas Freundin standen, ehe er sich wieder
     an Anna wandte. «Wenn Sie jetzt so gut wären, ich glaube, wir haben eine Menge zu besprechen.»
    Ich war so befremdet von seinem Mangel an Manieren, dass mir nicht gleich klar war, dass er uns damit vor die Tür setzte.
     Dann begann Debbie, ihre Sachen einzusammeln.
    «Ich muss sowieso los, Anna», sagte sie und bewegte sich Richtung Tür. «Ich rufe dich später an. Auf Wiedersehen, Mr.   …» Ihre Lippen bewegten sich lautlos, als sie nach Martys Nachnamen suchte.
    «Westerman», sagte sein Vater schroff.
    Widerwillig folgte ich ihrem Beispiel. «Ja, ich muss auch gehen.» Es ärgerte mich, auf eine solche Weise vertrieben zu werden,
     aber ich hatte keinen Grund zu bleiben. Westerman und ich nickten uns knapp zu, als Debbie und ich das Zimmer verließen.
     Anna kam mit uns in die Küche.
    «Das tut mir leid», flüsterte sie.
    Debbie umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. «Es ist ja nicht deine Schuld.»
    «Ich hatte keine Ahnung, dass er kommt! Warum hat er mir denn nichts gesagt?»
    «Er ist einfach ein unangenehmer Kerl»,

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