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VT01 - Eine Wunde in der Erde

VT01 - Eine Wunde in der Erde

Titel: VT01 - Eine Wunde in der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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an. Als dieser nickte, schob sie ihren kalten nackten Arm schwer um den seinen.
    Sie roch nach Schweiß, Knoofel und Alkohol. Jeder Schritt schien ihr schwer zu fallen, als er sie durchs Tor in die Stadt hinein geleitete. Die Leibwache der Prinzessin folgte ihnen beiden. Dahinter schritt Lomboko der Raffzahn stolz einher, ohne Augen für seine Umgebung zu haben.
    Die Kilmalier reckten die Arme in die Höhe und brachen in Hochrufe aus.
    Kinga wandte den Kopf leicht beiseite. Aus dem Augenwinkel konnte er seinen grinsenden Freund Nabuu ausmachen. Selbst Zhulu, der sonst über alles erhabene Krieger, lächelte. Beide erfreuten sie sich an seinen Qualen.
    ***
    »Ihr besitzt viele Felder«, sagte Lomboko der Raffzahn. »Sie wirken sauber und gut bewirtschaftet. Die anstehende Ernte wird ausgezeichnet ausfallen und viele Jeandors ins Stadtsäckel spülen.«
    »Wie man’s nimmt«, murmelte Loofte. »Ein Unwetter vernichtete große Teile der Maas-Pflanzungen. Die Gebiete zum Hügelland bringen darüber hinaus wenig Ertrag. Die Erde ist zu trocken, die Humusschicht zu dünn. Jene Flächen, die zur Großen Grube hin abfallen, bergen Gefahren bei der Ernte…«
    »Dennoch erscheint es mir, als würden die Unterlagen, die mir vorliegen, nicht mit den tatsächlichen Besitztümern Kilmalies übereinstimmen.«
    Der Ton des Raffzahns wirkte sanft und unverbindlich. Doch Loofte wusste, dass sich das rasch ändern konnte. Wie eine Viper wartete der Steuerbüttel auf seine Chance, zuzubeißen.
    »Wir kaufen und verkaufen«, wich sie einer direkten Antwort aus. »Was Ihr in den Büchern seht, mein Freund, ist bloß eine Momentaufnahme. Dieses Gehöft hier zum Beispiel«, – Loofte deutete unbestimmt in Richtung Süden –, »musste wegen einer Haren-Plage verkauft werden. Es wird nunmehr von ärmlichen Taglöhnern bewirtschaftet, die zu viert ein kärgliches Auskommen finden.« Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen belegten, zittrigen Beiklang zu geben. »Dies ist ein schrecklicher, nie mehr wieder gut zu machender Verlust für Kilmalie. Ihr werdet einen diesbezüglichen Schadensvortrag in den Unterlagen finden, die ich in meiner Hütte für euch bereitgelegt habe. Meiner Meinung nach ist es ohnehin an der Zeit, den Nachhauseweg anzutreten…«
    »Ich war vor kurzem in einer kleinen Siedlung im Westen der Provinz«, sagte Lomboko, ohne auf Looftes Vorschlag zu reagieren. »Dort fand ich ein ähnliches… Abschreibungsgehöft vor. Wie sich bei meiner – sehr, sehr gründlichen – Visitation herausstellte, brachte das Land weitaus höhere Erträge als angegeben.« Der Raffzahn machte eine kurze Pause und fuhr schließlich fort: »Ich brannte das Land nieder, schickte die Lügner in die Minen und ließ den Rest der Bevölkerung im Land verstreuen.«
    Loofte wusste nichts zu antworten.
    Wie betäubt trabte sie neben dem Mann her und beantwortete seine Fragen, so gut es ging. Mit jeder gelogenen Antwort, die sie gab, vergrößerte sie das Unglück der Kilmalier.
    ***
    »Was hältst du von dem jungen Mann, Chérie?«
    »Er benötigt ein parfümiertes Bad, eine anständige Rasur und eine Aufbesserung seiner Manieren. Aber sonst scheint er mir ganz gefällig.«
    »Meinst du, dass er für meine Reize empfänglich ist?« Lourdes posierte vor dem marmornen Spiegel, drehte sich so anmutig wie möglich hin und her.
    »Wer wäre das nicht, Mademoiselle? Euer Anblick bringt die Sonne dazu, sich hinter den Wolken zu verbergen.« Chérie drapierte den linken Ärmel der Prinzessin ein wenig aus und zupfte ein Staubkörnchen von der obersten Gazeschicht des luftigen, knielangen Kleidchens.
    »Es mag sein, dass ich da und dort ein wenig zugelegt habe«, murmelte Lourdes selbstkritisch und strich über ihre Hüfte. »Ich sollte den Kochsklaven auspeitschen lassen.«
    »Aber was, Mademoiselle, das ist der Mühe nicht wert! Ihr werdet sehen: Ein Spaziergang in angenehmer Begleitung und des Nachts ein inniglich genossenes Schäferstündchen – voilá, habt ihr euer Idealgewicht wieder.«
    »Deine zweifellos gelungenen Schmeicheleien retten dich nicht vor dem Freitod, Chérie. Aber schieben wir die angenehmen Dinge des Tages für einen kurzen Moment beiseite: Was erwartet mich im offiziellen Programm?«
    »Ihr müsst Euch gemeinsam mit der Obersten in der Stadt blicken lassen, eine kleine Rede halten, die ich mir erlaubt habe vorzubereiten, ein bescheidenes Mittagsmahl in kleiner Runde zu Euch nehmen und anschließend die Maelwoorm-Stallungen

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