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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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stolperte, fing sich an einem Felsvorsprung – und lachte: »Ist es das, was du willst, kleiner Mann? Wagst du es endlich, deinem Schicksal ins Auge zu blicken? Dann komm her; bringen wir es hinter uns. Und danach werde ich diese Männer zurück ans Tageslicht führen, während du hier verrottest!« Er ließ die Muskeln an Nacken, Oberarmen und Brust spielen. Sie glänzten im Licht der Fackeln, die ringsum im Boden staken.
    Die Hitze des Zorns ebbte genauso rasch wieder ab, wie sie gekommen war. Er hatte sich provozieren lassen; sein Onkel hatte ihm den Weg vorgegeben, und er war blindlings in die Falle gestolpert.
    »Du hast Recht«, keuchte Kinga schließlich. Die Worte gingen ihm schwer von den Lippen, so schwer… »Wer will, soll Zander zurück ans Tageslicht folgen. Der Weg ist dank unserer Fußspuren nicht zu übersehen. Wer allerdings mit mir weitergehen will…«
    Alle standen sie auf und stellten sich zum Onkel. Sohn Knijge spuckte verächtlich vor Kingas Füße. Die beiden überlebenden Drillingsbrüder wichen seinen Blicken aus. Alle anderen wirkten lethargisch, uninteressiert an seiner Bitte.
    »Ein eindeutiges Urteil, nicht wahr?«, höhnte Zander. »Wie ich schon immer sagte: Es ist nicht weit her mit deinen Führungsqualitäten.«
    Kinga drehte sich weg, versperrte seine Ohren für die Worte seines Gegenübers. Es gab Wichtigeres zu tun. Die Vorräte aus neun Rucksäcken, die sie gefunden hatten, mussten aufgeteilt werden.
    Er behielt einen größeren Teil der Fackelhölzer; darüber hinaus ein zweites Luftdruckgewehr, ein zweites Messer und ausreichend Seil, um im Notfall die Wand der Großen Grube im Alleingang bezwingen zu können.
    Zander betrachtete argwöhnisch, wie Kinga die Sachen auf einem großen und einen kleinen Haufen sammelte, ließ ihn aber gewähren. Letztendlich stand genügend Ausrüstungsmaterial für beide Seiten zur Verfügung. Die vier Toten würden sich nicht mehr darum streiten.
    »Das war’s«, sagte Kinga schließlich. »Ihr könnt eure Sachen nehmen. Wenn ihr die Messer tief in den Schlick treibt, müsste es euch gelingen, den rutschigen Weg aufwärts zu bezwingen. Trambo sollte als Erster gehen; er ist der Leichteste und geschickt genug. Und nehmt euch vor Aksama in Acht…«
    »Hast du noch immer nicht verstanden, dass du nichts mehr zu sagen hast, Kleiner?« Zander grinste ihn an. »Verschwinde gefälligst, mach dich auf die Suche nach deiner Hure und diesen Albtraumgestalten und lass dich von ihnen auffressen. Es schmerzt mich zwar, dass ich dich nicht selbst erledigen darf – aber man kann nicht alles haben im Leben, nicht wahr?«
    Kinga schluckte die Beleidigungen. Sie spielten nun keine Rolle mehr. Er zog sich ein paar Schritte zurück; dorthin, wo einer der Wege weiter hinab ins Ungewisse seinen Ausgang nahm.
    Er drehte sich nochmals um. Sah zu, wie Trambo in das aufwärts führende Loch einstieg, von Zander anfänglich abgestützt, bis er irgendwo am Mauerwerk Halt fand.
    Minutenlang tat sich nichts. Nur das Keuchen des alten Mannes war zu hören, begleitet von lästerlichen Flüchen.
    Dann: ein erstickter Schrei. Das Grollen des Bergs, ein rollendes Geräusch.
    Zander und seine Begleiter sprangen zur Seite. Eine Steinlawine kam herab geschossen, spülte den zerschmetterten Körper Trambos mit sich, verstopfte den Aufgang für alle Zeiten.
    Staub legte sich über sie, während das Echo der kollernden Steinmassen dutzendfach zurückgeworfen wurde.
    Als endlich Stille einkehren wollte, klang eine irre, unmenschliche Stimme nach. Sie klang höhnisch, verletzend.
    Aksama wollte nicht, dass sie nach Hause zurückkehrten.
    ***
    Er stoppte das Geflenne des Nahrungswesens, indem er ihm mit der flachen Hand über den Schädel hieb. Der Kopf flog beiseite. Sie/es seufzte ein letztes Mal, dann verstummte jegliches Geräusch. An den Atemzügen erkannte er, dass sein Schlag dosiert genug ausgefallen war. Sie/es würde leben. Totes weißes Fleisch schmeckte nicht und nährte nicht ihre Gedanken. Sie mussten zurück. Jenen Punkt suchen, da sie von der ursprünglichen Route abgewichen waren.
    Seltsam.
    Sein Instinkt sagte ihm, dass er alles richtig gemacht hatte. Die Heimat fühlte sich nahe an. Als wäre sie nur noch ein paar Schritte entfernt.
    Die Temperatur erreichte Bereiche, die ein unangenehmes Gefühl in ihm erzeugten. Jenes Feuer, das ihre Heimat, den Bunker aufgerissen hatte, durchfloss diesen Bereich des Höhlensystems und veränderte es. Grub sich neue Wege, ließ

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