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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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mochte ihn auf der Stelle töten, und er hätte nichts Besonderes dabei empfunden. Angst war ihm abhanden gekommen, ebenso wie die Wut auf Zander, der in der Verlorenheit dieses unterirdischen Systems genauso viel oder wenig wie er selbst war.
    »Der Wütende Herr ist ganz nahe«, murmelte Knijge, »ich weiß es.« Er hatte sich auf diesem einen Gedanken versteift, sein ganzes Augenmerk auf den Moment der Entdeckung ausgerichtet. Verzweiflung – und beginnender Wahnsinn? – sprachen aus seinen Blicken. Der Tod des Vaters, die Art, wie er gestorben war, drängte immer mehr in sein Bewusstsein, machte ihn zu einer Bombe auf Beinen, die jederzeit explodieren konnte.
    Das Rauschen des Flusses wurde in der Tat stärker. Mehr als einmal verloren sie die Spur, mussten umkehren und schmälste Einstiege benutzen, die sie kaum ein zweites Mal würden bezwingen können. Doch irgendwann machte sich die Planmäßigkeit bezahlt, mit der sie vorgingen und eine Möglichkeit nach der anderen ausschlossen. Die Luft war nicht mehr muffig, der saure Faulgeruch längst nicht mehr ihr Begleiter. Die Gesichtsmasken lagen gut verstaut in den Rucksäcken. Über die Felswände zog sich ein feiner Film Feuchtigkeit, als gischtete hier in regelmäßigen Abständen Wasser hoch.
    »Wir haben es bald geschafft«, sagte Zander mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Wir sind vier weiteren Hinterhalten dieses Unbekannten entkommen, haben bis hierher überlebt.«
    »Und gerade darum sollten wir jetzt nicht übermütig werden«, mahnte ihn Kinga. »Aksama hat bewiesen, wie gut er derartige Situationen auszunutzen weiß. Bleiben wir vorsichtig.«
    Zander nickte ihm bestätigend zu. Ihre gegenseitige Wut war verflogen, als hätte es sie nie gegeben. Sie waren aufeinander angewiesen. Erst wenn sie das Bewusstsein einholte, gerettet zu sein, würden die alten Wunden erneut aufbrechen.
    Der Gang machte einen Knick. Wind fächelte über Kingas Gesicht. Vorsichtig schob er sich an der Wand entlang, lugte, sich des Risikos bewusst, um die Ecke, schob die Hand mit der Fackel hinterher.
    Das Licht endete im Nirgendwo, war viel zu schwach, um den Raum vor ihm auszuleuchten. Die Höhle musste riesig sein! Und das Rauschen reißenden Wassers wurde so laut, dass es jedes andere Geräusch übertönte. Es kam von unterhalb.
    Er glitt zurück in die vage Dunkelheit des Ganges, grinste seine Begleiter müde an. »Wir sind am Ziel.«
    ***
    Sie standen an einer Kante und blickten hinab auf den Wütenden Herrn. Seine Fluten gischteten hoch, rissen zornig an jenen uralten Gerätschaften, die knapp fünfzehn Meter unterhalb auf einem schmalen Streifen Land gelagert waren.
    »Wir müssen davon ausgehen, dass unser Gegner über unser Vorhaben Bescheid weiß«, sagte Kinga. »Er wird unter allen Umständen verhindern wollen, dass wir den Wasserweg nehmen und ihm entkommen…«
    »Ich frage mich, wie wir das eigentlich schaffen sollen«, unterbrach ihn Omofuma. »Wir können uns doch nicht einfach dem Fluss anvertrauen und treiben lassen. Die Kälte würde uns töten. Ganz abgesehen davon, dass uns der erstbeste Strudel unter Wasser ziehen und ertränken würde.«
    »Siehst du diesen riesigen Bottich dort unten?«, fragte Kinga. Im trüben Licht der Fackeln deutete er hinab auf den schmalen Landstreifen. Ein Gefäß auf eisernen Rädern stand dort auf Schienen. Es war mit einer öligen Flüssigkeit gefüllt und wirkte weitestgehend intakt. »Wir nehmen das Ding von seinen Rädern und verwenden es als Boot. Dort vorne liegen Bohlen, mit denen man es steuern könnte.« Abrupt wechselte er das Thema. »Doch zurück zu unserem Gegner. Er lauert hier irgendwo, wartet auf den geringsten Fehler. Ich kann seine Anwesenheit spüren.« Kinga blickte sich um. Die Fackel ließ sie in einer kleinen Insel des Lichts stehen. Aksama mochte überall stecken. Unter ihnen, auf einem Felsvorsprung oberhalb, jenseits des Flusses, seitlich von ihnen. »Ich vermute«, fuhr der Woormreiter leise fort, »dass er uns überfallen will, wenn wir am verwundbarsten sind: während des Abseilens also. Wir dürfen ihm keine Chance dazu geben. Wenn wir sicher nach unten gelangen, muss er seine Deckung verlassen, um uns aufzuhalten.«
    So wie er es sagte, hörte es sich keinesfalls wie ein Plan an. Bestenfalls wie ein Hoffnungsschimmer, den er verzweifelt herbeibetete.
    Kinga teilte die Seile aus und wies Omofuma an, als Erster abzusteigen, gefolgt von seinem Bruder. Die beiden Haken, die sie noch bei sich

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