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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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zog den verunglückten Kameraden mit sich.
    Glühender Schmerz durchzuckte ihn, als sich das Tier in seiner Hüfte verbiss, knapp unterhalb der Wasseroberfläche. Kinga griff zum Zeremonienmesser und durchschnitt den Leib des aggressiven Höhlenräubers.
    Als hätte er damit ein Zeichen gegeben, schäumte das Wasser. Überall tauchten Köpfe auf, wurden Zisch- und Drohlaute ausgestoßen, wiesen Wellenspuren darauf hin, dass weitere Tiere auf ihn zugetaucht kamen.
    »Helft mir!«, rief Kinga. Er fühlte Unsicherheit und… Angst.
    Niemand antwortete. Stöhnen und Ächzen waren die einzigen Geräusche, die er – abgesehen vom Wasserrauschen – ausmachen konnte. Kinga musste alleine kämpfen, allein mit diesem Problem zurechtkommen.
    Er bewegte sich, so rasch er konnte, kämpfte gegen den Widerstand des Wassers und des sumpfigen Bodens an. Kraulte und kroch auf das rettende Ufer zu. Etwas zerrte an seinem Begleiter, wollte ihn ins Tiefe ziehen. Kinga hielt eisern den Griff, obwohl sich der andere noch kein einziges Mal bewegt hatte. Vielleicht war er tot, vielleicht auch nicht. Aber die Schande hätte für immer und ewig an ihm geklebt, hätte er den Kameraden im Stich gelassen.
    Wobei »für immer und ewig« sehr relative Begriffe sein mochten. Womöglich endete ihrer aller Leben hier und jetzt…
    Kinga erreichte flaches Wasser, robbte endgültig ins Trockene. Auf ein Steinplateau hinauf; ein wunderbar fester Halt nach all dem trügerischen Untergrund, dem er während der letzten Minuten ausgesetzt gewesen war.
    Zwei Bisse. Drei. Alle in die Unterschenkel.
    Immerhin spüre ich meine Beine wieder, dachte Kinga.
    Dann kümmerte er sich um den Kameraden, zog ihn zu sich hoch.
    Wollte ihn hochziehen.
    Er kämpfte mit aller Kraft gegen heftigen, zähen Widerstand an, stemmte seine Beine gegen den Stein – und wuchtete den Leib des anderen schließlich hoch.
    Beziehungsweise den Rest dessen, was einmal ein Mensch gewesen war: Vom Rumpf abwärts war kaum noch etwas übrig. Dutzende der Tiere, die er für Marder gehalten hatte, hingen an dem Toten. Sie besaßen Fisch- oder Schlangenleiber. Rudimentäre Flossenhände zeigten zentimeterlange Krallen, mit denen sich die Räuber tief ins Fleisch ihres Opfers wühlten.
    Erschrocken ließ Kinga los, zog sich so weit wie möglich zurück. Er benötigte besseres Licht. Die beiden Fackeln drohten endgültig zu verlöschen.
    Mit zittrigen Händen zog er drei leidlich trockene Hölzer aus dem Rucksack, wickelte Fetzen um deren Spitzen, schmierte Pech und Fett darum, brachte sie mit dem Feuerstein zum Brennen. Er rammte die Fackeln in den Boden, vom Teich abgekehrt. Böse Augen glitzerten im Wasser, dann verschwanden die Biester fauchend, als fürchteten sie die Helligkeit.
    Die Fackeln verbreiteten rauchiges Licht, das ihn endlich die Größe der Höhle ausmachen ließ: zwanzig Meter im Durchmesser, ebenso hoch. Mehrere breite Säulen stützten den Raum ab.
    Weiter: die Wunden verbinden. Wenn er den Kameraden helfen und nach weiteren Überlebenden suchen wollte, musste er sich zuallererst um sich selbst kümmern.
    Die Wunden waren breit und bluteten heftig, doch sie waren nicht so tief, wie er befürchtet hatte. Mit ein wenig Wasser wusch er das Blut ab, trocknete Schorf und Fleisch so gut wie möglich ab. Er konnte nur hoffen, dass die Marderfische durch ihre Bisse kein Gift in seinen Leib gejagt hatten; doch diese Gedanken waren im Augenblick müßig und behinderten ihn nur bei der Arbeit.
    Hastig trug er dicke Schichten von Vietsges Heilcreme auf. Sie brannte wie Feuer und legte sich wie ein glänzender Film über die offenen Wunden. Augenblicklich stoppte die Blutung. Kinga murmelte ein Dankgebet, das er der wundersamen Apothekerin widmete. Oft genug hatte er sich über die Alte und ihre eigentümlichen Ansichten lustig gemacht; doch ihre Mittelchen wirkten besser als jeder zeremonielle Heilspruch.
    Er steckte sich zwei klein zusammengerollte Blätter in den Mund und kaute auf ihnen herum. Der Vorgang beruhigte, wie er wusste, und die sanften Rauschkräuter, die Vietsge hineingemischt hatte, würden sowohl den Schmerz dämpfen, als auch seine Leistungsbereitschaft für kurze Zeit erhöhen.
    Er stand auf. Kurz schwindelte ihn, dann verging das Gefühl. Trügerische Selbstsicherheit überkam ihn, während er sich umblickte.
    Zwei weitere Gestalten waren mittlerweile aufgestanden. Ratlos blickten sie sich um, kamen schließlich auf ihn zu. Die drei brennenden Fackeln zogen sie

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